Das Erbe der Uraniden
Größere. Er weiß, was der Menschheit gebührt. Die Erfahrung steht auf seiner Seite.
Ronald Lee schritt zu dem einzelnen Baum, unter dem die Kranken gelegen hatten. Unter einer Glasglocke lag ein Apfel. Er nahm ihn in die Hand. Eine köstliche Frucht dem Äußeren nach und doch die Bilder, dies warnende Weisen und Deuten auf die Frucht. Ein Erdbewohner hätte vielleicht ein Kreuz dabei gemacht.
Von diesen Früchten hatten die Uraniden gegessen. Ahnungslos, getäuscht durch das prächtige Aussehen, den würzigen Duft. Jeder seiner Gefährten hatte den Apfel gesehen, jeder den anderen gewarnt. Gedankenverloren steckte er ihn in die Tasche. Wenn der Jonas Lee zurückkam, wollte er die Frucht für eine spätere chemische Untersuchung konservieren.
Der Jonas Lee! Da kam er von Süden herangeflogen, schwebte wenige Sekunden später über seinem Kopf und landete. Ein paar tausend Flaggen in den Farben der Südamerikanischen Union hatte man über Nova America abgeworfen, völkerrechtlich das Land dadurch in Besitz genommen.
Hierra gab einen kurzen Bericht, doch nicht viel Neues konnte er erzählen. Der Flug des Jonas Lee war in geringer Höhe mit solcher Schnelligkeit vor sich gegangen, daß sie kaum mehr als bei ihrer ersten Landung festgestellt hatten. Das eine war sicher, daß es sich hier um einen auf allen Seiten von breiten Weltmeeren umgebenen Venusteil von etwa der Größe Afrikas handelte, dessen schmale Südspitze eben noch in die Äquatorialzone hineinreichte. Das Land war von großen Wäldern und Grasebenen bedeckt, die von zahlreichen Flüssen durchzogen waren. Die Hochgebirgskette verflachte sich nach Süden zu.
Während Hierra noch sprach, näherten sich vom südlichen Waldrande her Ricardo und seine Brüder. Näherkommend schwenkte Ricardo die Hand und wies auf die Brüder, die unter der Last einer geschossenen Antilope keuchten.
»Die einzige Beute! Sonst nichts. Keine Spur, kein Zeichen, daß, wo wir gesucht hatten, Uraniden gewesen wären.«
Während Lee mit Hierra in das Raumschiff zurückging, um die formelle Besitzergreifung von Nova America der Regierung in Buenos Aires zu melden, zündeten die Brüder ein Feuer an. Wenige Minuten später drehte sich ein großes Stück Fleisch am Spieß über den Flammen.
Die Nacht brach herein… die erste Nacht auf der Venus.
»Der Stern von Südafrika kann nicht mehr weit sein, Mr. Lee«, sagte Professor Royas und trat mit ihm ins Freie. »Es wäre vielleicht besser, das Feuer zu löschen. Denn warum sollen wir jenen die Landung erleichtern. Sie werden bei dieser Beleuchtung große Schwierigkeiten haben, den Lagerplatz der Uraniden anzusteuern.«
Lee überlegte einen Augenblick und wollte dann den Befehl geben, das Feuer zu löschen. Da brach ein heller Blitz aus den. Wolken. Alles sprang auf und schaute nach oben.
»Ein Scheinwerfer des Stern von Südafrika!« rief Hierra, »nichts anderes kann es sein!« Er brummte vor sich hin: »Der Braten kann uns vielleicht teuer zu stehen kommen.«
Ein paar erwartungsvolle Sekunden, dann senkte es sich schwarz und massig aus den Wolken herab. Nur etwa zwei Kilometer nach Norden von dem Jonas Lee entfernt setzte der Stern von Südafrika auf den Venusboden auf.
*
Auch der Stern landete glücklich. Durch die offene Tür betraten die Insassen den Venusboden. Doch hier gab es kein frohes Jubeln und Hurrarufen. Wohl steckte Canning den Flaggenstock in den Boden und brachte drei Hochrufe auf das Unionbanner aus. Doch das Echo seiner Genossen war nur schwach. Alle hatten, als das Schiff die Wolkenwand durchstieß, den Feuerschein am Venusboden gesehen. Das helle Licht ihrer Scheinwerfer hatte ihnen gezeigt, daß es wahr geworden: der Jonas Lee war am Lagerplatz der Uraniden gelandet.
Die Dunkelheit verbot ein Besichtigen der Umgebung. Bedrückt, mit verdrossenen Gesichtern begab sich einer nach dem anderen von der Mannschaft des Stern von Südafrika zur Ruhe.
Canning stand am Sendeapparat. Seine Gedanken weilten bei William Harrod, dem er soeben die Nachricht von der Landung übermittelt hatte. Im stillen hatte er gehofft, daß Lee vielleicht den Platz, an dem das Uranidenschiff gelandet war, noch nicht gefunden hätte. Daß er selbst vielleicht doch noch das Glück haben könnte, wenigstens dies Ziel als erster zu erreichen, das Erbe der Uraniden.
Wieder die harte Hand des Schicksals, wie er sie in seinem Leben schon so oft gespürt hatte. Diese technischen Meisterwerke, diese für Menschengeist noch
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