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Das Erbe der Uraniden

Titel: Das Erbe der Uraniden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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emporziehen. Doch jetzt, das scharfe Glas zeigte es deutlich. Ein paar dunkle Streifen in dem hellen Dunst. Kein Zweifel, das war der Rauch eines Feuers!
    Suchend ging sein Blick über die Landschaft vor ihm. Das dichte Gestrüpp machte ein Durchschreiten unmöglich. Nur weiter nach Norden, wo das Buschwerk in hohen, lichten Wald überging, bestand die Möglichkeit, dorthin zu gelangen. Er warf das Gewehr über die Schulter und schritt rüstig aus. In einer Stunde, überschlug er, konnte er jene Stelle erreicht haben.
    Auf einer kleinen Anhöhe, die ihm einen weiteren Überblick bot, schaute er nochmals scharf hin. Der Rauch war verschwunden, doch unentwegt schritt er weiter –
    Die Stunde war längst vergangen. Immer wieder hatten ihn die Unebenheiten des Bodens zu Umwegen genötigt, doch konnte er nach seiner Berechnung nicht mehr weit von der Stelle sein, wo er den Rauch gesehen hatte. Jetzt wurde der Wald lichter. Eilig, fast laufend schritt er voran.
    Ein paarmal blieb er lauschend stehen. Es war ihm, als ob der Ton menschlicher Stimmen an sein Ohr gedrungen wäre. Endlich lag der Rand des Waldes vor ihm. Noch ein paar Schritte, dann hatte er freien Ausblick…
    Da blieb er mit einem Ruck stehen. Ein Schrei des Entsetzens brach aus seinem Munde. Er wollte sich zur Flucht wenden. Doch die Füße, wie festgewurzelt, versagten den Dienst. Seine Hände streckten sich abwehrend einer Gestalt entgegen, die sich bei seinem Nahen hinter einem Riesenstamm des Waldsaumes erhoben hatte und jetzt vor ihm stand.
    Der Mann, der da plötzlich auftauchte, stand ebenfalls reglos. Sein Gesicht war bleich wie der Tod, die Augen weit aufgerissen, die Lippen wie in Fieberkrämpfen bebend, stammelten. Jetzt hob sich dessen Arm, die Finger ausgestreckt wie Krallen. Ein Blick der Verzweiflung lag in seinen Augen. Seine Füße bewegten sich langsam auf Canning zu.
    Da schrie er auf.
    »Hinweg! Hinweg, Awaloff! Fort aus meinen Augen! Fort, du Schemen, aus meinen Augen! Du bist ja tot… auf dem Grunde des Meeres liegst du…«
    Bei dem Namen Awaloff war die Gestalt zusammengezuckt. Ein irres Lächeln ging über das Gesicht.
    »Es ist nicht wahr, was du sagst, Canning! Ich sank nicht unter in die Fluten des Ozeans… ich schwamm… schwamm immerzu… lange bin ich geschwommen… und dann kam ich an Land! Hier ist das Land, wohin ich kam…«
    Canning schlug die geballten Fäuste vors Gesicht, schloß die Augen…
    Ein Trugbild… mein Geist ist krank… ein Gespenst, das mich narren will… Ha! Gespenster! Auf der Erde gab’s die nicht… ist hier der Ort, wo sie weilen? Gleich will ich’s sehen…
    Da schrie das Phantom laut auf, wandte sich um, stürzte fort.
    Canning eilte ihm nach. Er rief laut: »Bist du’s, Awaloff? Steh! Stehe!« Doch der lief weiter. Er verschwand jetzt hinter einem dichten Gebüsch. Canning riß das Gewehr von der Schulter und schoß. Mit jagenden Pulsen, die Lippen schäumend in rasendem, sinnlosem Schreien, folgte er Awaloff.
    Er lief schneller als jener…Jetzt um das Gebüsch herum! Dann mußte er ihn haben…
    Jetzt sah er ihn wieder wenige Schritte vor sich… Er streckte die Arme aus… Da! Der Mund, der schreien wollte, versagte. Seine Augen starrten auf eine Gruppe von Menschen, die da am Boden lagerten. Er wollte halten, stürzte nieder und stützte die Hände auf den Boden.
    »Sie suchten uns, Mr. Canning?«
    Einer, der da lag, rief es ihm zu. Canning starrte ihn an.
    Der Mann! Die anderen! Im Tale des Himalaja bleichten ihre Gebeine, von der Bombe zerrissen. Er bog sich weit zurück. Die Gesichter aller waren ihm zugewandt. Hinter den andern Awaloff, zitternd, bebend. Das Gesicht weggewandt, als fürchte er Cannings Anblick.
    Keiner sprach ein Wort. Nur die Augen waren wie anklagend, wie fragend, auf ihn gerichtet.
    Ein gräßlicher Schrei brach aus seinem Munde.
    »Die Toten! Hier stehen sie wieder auf! Und mich… du schrecklichster Gott… sandtest du hierher… vor ihr Gericht…«
    Sein Körper bäumte sich auf, stand zitternd, stürzte dann wie ein gefällter Baum zu Boden.
    »Karma! Die die Schicksalsfäden gebunden, nie werden sie der Fessel ledig. Immer führt sie das Schicksal zusammen.«
    Sidney Stamford beugte sich über den Zusammengesunkenen. »Wäre sein Geist für ewig krank geworden? Es kann, es darf nicht sein. Das Schicksal ist’s uns schuldig, daß er lebt, als Zeuge seiner Taten der Welt kündet, was er an uns und an der Menschheit verbrach. Er soll schlafen… in ruhigem,

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