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Das Erbe der Uraniden

Titel: Das Erbe der Uraniden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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erheben. Vergeblich… die Knie versagen den Dienst.
    Auch die Kräfte des Geistes sind erlahmt. Widerstandslos, gefühllos überläßt er sich dem tiefen Schlaf, der über ihn fällt. –
    Die Sonne steht im Scheitelpunkt. Glühend brennen ihre Strahlen auf den Venusboden. Eine Lücke ist im Geäst des Baumes. Die Strahlen treffen das Gesicht des Schläfers. Er wacht auf und blickt wirr um sich. Er kann zuerst nicht fassen, wie er hierhergekommen und was mit ihm los ist. Er will aufstehen. Doch der Schmerz im Fuß bannt ihn an den Boden. Das weckt auch die Erinnerung…
    Die Erinnerung, was mit ihm geschehen war. Seine Augen gehen in grauenhafter Angst in die Richtung, aus der er kam. Waren das Gespenster? Waren das die Seelen der Toten, die er gemordet hatte? Nein! Nein! Alle Vernunft bäumt sich in ihm auf… Die waren lebendig.
    Und doch! Wie wäre das möglich, daß sie noch lebten! Der eine versank in den Fluten des Ozeans. Die anderen zerschmetterte vor seinen Augen die Bombe.
    Er kroch mühsam näher an den Stamm des Baumes heran und lehnte den Rücken dagegen. Die Hände vor die Augen gepreßt, sann er und versuchte sich zu logischem Denken zu zwingen…
    Sie leben… kein Zweifel! Kein Trugbild war es, was seine Augen gesehen hatten. Doch weshalb hatten sie nicht sein Leben genommen? Hatte er nicht den Tod um sie verdient? Warum schonten sie ihn, ließen ihm sogar die Freiheit?
    Er hatte sich vorsichtig aufgerichtet… Spielten sie mit ihm? Wollten sie ihn? Doch nichts! Kein Laut. Sie waren weg. Er war allein. Er war davongestürzt… zurück zum Lager! Das Schiff wollte er besteigen. Fort von hier! Fliehen… zurück zur Erde. Der Weltraum zwischen ihm und jenen, auf daß er die Ruhe wiederfinden würde.
    Der Fuß. Sorgfältig untersuchte er ihn. Es schien kein Bruch, nur eine Verstauchung. Doch einerlei! Tage mochten vergehen, ehe er ihn wieder voll gebrauchen konnte, Tage, die er nicht fortkonnte, hier liegen mußte, ohne Speise und Trank, den wilden Tieren preisgegeben. Ein Zufall, wenn ihn die Gefährten, die ihn vermissen mußten, hier fänden.
    Der Gedanke an Speise und Trank weckte seine Sinne. Durst, ein unendlicher Durst – jetzt fühlte er ihn erst. Der rasende Lauf, die glühende Sonnenhitze – seine vertrockneten Lippen lechzten nach einem kühlen Trank. Seine Augen wanderten gierig umher. Vielleicht war ein Quell hier, zu dem er sich schleppen konnte. Doch nichts! Trocken, öde alles.
    Doch auf der Erde lagen Früchte. Fast konnte er sie mit ausgestrecktem Arm erreichen. Äpfel, die von dem Baum, unter dem er saß, herabgefallen waren. Das tiefe Rot ihrer Schale leuchtete so einladend aus dem grünen Gras. Er konnte sie greifen. Gierig nahm er einen in die Hand. Er führte ihn zum Munde und wollte seine Zähne in das rote Fleisch pressen… Da war blitzartig ein Gefühl des Schreckens, des Abscheus in ihm.
     Gift! Soll ich mich mit sehenden Augen töten? Vielleicht, daß die Gefährten ein glücklicher Zufall schon bald hierherbringt und ich doch noch gerettet werde. Lange lag er so. Der Fieberbrand in ihm loderte immer stärker auf. Es war ihm, als kochte das Blut in seinen Adern. Mit gewaltsamer Anstrengung riß er sich in die Höhe. Seine Augen stierten auf die Früchte.
    Ich Tor! lallte er. Vor mir die Rettung, der höchste Genuß… und ich scheue zurück in grundloser Angst.
    Mit wütender Gebärde riß er die Früchte an sich heran, daß sie sich um ihn häuften. Dann schloß er die Augen, biß hinein, aß und trank zugleich. Der köstliche Saft befeuchtete die vertrockneten Lippen, die verdorrte Kehle…
    Immer wieder aß er, bis seine Hand keinen Apfel mehr ertasten konnte. Er legte sich dann wieder am Stamm zurück, einen Blick unendlicher Dankbarkeit in die breite Krone sendend…
    Er fühlte, wie die Spannung in Hirn und Körper nachließ. Ein unendliches Wohlsein umfing ihn. Langsam neigte sich sein Oberkörper zur Seite. Seine Glieder reckten und streckten sich, wie von neuem Leben durchströmt. Dann sank er in tiefen, ruhigen Schlaf.
    *
    Der Schein der Morgensonne des nächsten Tages leuchtete über vier glückliche Gesichter. Vor dem Uranidenzelt saßen van der Meulen, Hortense und Violet. In ihrer Mitte Lee. Das Wiedersehen der Teuren hatte Lee schneller die Kräfte zurückgegeben, als jede Arznei es gekonnt hätte. Es war, wie Royas lächelnd sagte, die beste Arznei gewesen. Hortense und Violet wetteiferten, ihm mit sanftestem, liebevollem Zwang die besten Bissen zum Munde

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