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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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geschah. Die Seile und das Holz des Pflocks hatten ihr die Haut von Armen und Beinen gekratzt. Die Schultern fühlten sich so an, als habe ihr Körpergewicht die Gelenke ausgekugelt.
    Ihr Gaumen war trocken, völlig ausgedörrt. Und der Kopfschmerz pochte mit jedem Pulsschlag. Sie hatte Durst, wußte jedoch, daß sie das Wasser nicht im Magen behalten hätte. Gebt mir nur etwas, damit ich mir den widerlichen Geschmack aus dem Mund spülen kann. Das genügt schon. Kühles Wasser, um den Gaumen zu benetzen, kühles Wasser, um das auf den Wangen brennende Feuer zu löschen. Irgendwo, nicht allzu weit entfernt, sprachen einige Männer miteinander. Shadith hörte die unterschiedlichen Stimmen, aber sie waren so undeutlich, daß sie die einzelnen Worte nicht verstand. Wer auch immer ihr seid, wer mir dies angetan haben mag, und ganz gleich, was ihr von mir wollt - ihr bekommt es nicht. Es ist mir gleich, was ihr mit mir macht. Zorn bildet sich in ihr, und die Hitze der Wut gab ihr neue Kraft, verscheuchte den Dunst der Schwermut aus ihrer Seele, lichtete einen großen Teil des Nebels in ihrem Kopf. Shadith schürzte die schorfigen Lippen und pfiff leise.
    Kurz darauf hörte sie die Antwort, ein Pfeifen, das ebenso verhalten war wie der Laut, den sie von sich gegeben hatte, kurz und knapp, aber vertraut. Sie entspannte sich. Linfyar schien zwar nicht sonderlich glücklich zu sein, aber immerhin lebte er noch.
    Hinter ihr das Geräusch von Schritten. Shadith schloß die Augen und rührte sich nicht. Eine Hand hob ihren Kopf an. Die Flammen des Schmerzes züngelten so jäh in ihr auf, daß sie ein kurzes Keuchen nicht zu unterdrücken vermochte.
    »Jambi, du Idiot - du hast zu heftig zugeschlagen. Er wird dich in Stücke reißen, wenn sie stirbt.« Shadith vernahm Abscheu in der Stimme, und die Hände des Unbekannten bewegten sich mit überraschender Behutsamkeit, als sie das verkrustete Blut aus dem Haar und von der Kopfhaut wuschen, eine Salbe auftrugen, die angenehme Kühle auf der Stirn entstehen ließ und sogar das peinvolle Pochen dahinter zu dämpfen schien - obgleich Shadith das für nichts weiter als Einbildung hielt. Der Mann zog irgendein Bündel heran, stützte ihren Kopf darauf und trat ein wenig zur Seite. Als er die Fesseln an den Händen durchschnitt, öffnete sie vorsichtig die Augen, so daß sie ihn sehen konnte. Ein großer Mann mit struppigem, grauem Haar, einem faltigen und ungeduldigen Gesicht. Vielleicht einer der Sendir. Tjepa hatte Shadith von ihnen erzählt und ihr einen durch den Markt wandernden Senda gezeigt. Sie hielten nicht viel von Gesellschaft, kamen nur etwa einmal im Jahr nach Dusta, um Dinge zu kaufen, die sie nicht selbst herstellen konnten, um Verwandte zu besuchen, vielleicht auch den einen oder anderen Freund. Dann jedoch kehrten sie rasch wieder in ihre tief im Wald gelegenen geheimen Verstecke zurück. Der Mann runzelte die Stirn, als er die blutigen Handgelenke Shadiths betrachtete, legte ihr die Hände auf den Leib, auf daß kein Schmutz in die Wunden drang, nahm sich anschließend die Stricke an den Füßen vor. Er ging kurz fort, nachdem er sie durchtrennt hatte, kam aber schon kurze Zeit später wieder zurück, hob Kopf und Schultern der Gefangenen an und stützte sie mit dem einen Knie. Er benetzte ihr Gesicht und gab ihr aus einer Kürbisflasche zu trinken. Sie ließ das kühle Naß am Gaumen entlangrinnen und spuckte es wieder aus. Dann nahm sie einige weitere Schlucke und seufzte erleichtert, als das Wasser die bittere Trockenheit aus dem Mund vertrieb und auch Staub und Schleim aus dem wunden Hals fortspülte. Der Mann ließ sie nur sehr wenig trinken, holte ein hartes Bonbon hervor und schob es ihr zwischen die Lippen. »Das gibt dir Kraft«, sagte er. »Du brauchst Zucker.«
    Shadith vertraute dem Fremden nicht sehr, aber andererseits hatte es keinen Sinn, das kleine und rundliche Objekt auszuspukken. Sie lutschte das Bonbon, ja, Zucker - und auch ein wenig Pfefferminz für den Geschmack. Vielleicht sollte damit von anderen darin enthaltenen Substanzen abgelenkt werden. Eine närrische Vorstellung. Mein Verstand arbeitet nicht richtig. Warum sollte der Mann so etwas machen ? Und wenn mein Verdacht doch zutrifft: Spielt das überhaupt eine Rolle? Sie schloß die Augen. Hätte jetzt nichts gegen einen geistigen Blackout einzuwenden. Einfach abschalten, sagen wir: für drei Tage. Der Fremde wusch ihr die Handgelenke und behandelte auch die Schürfwunden mit der herrlich

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