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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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auch nicht so schwer wie zuvor: Diesmal handelte es sich nur um einige gebrochene Rippen und innere Blutungen. Aleytys seufzte, schöpfte Kraft und ließ einmal mehr die Energie des schwarzen Wassers in den neuen Körper Harskaris tropfen, half ihrer Gefährtin dabei, sich in der fleischlichen Hülle zu verankern. Dann schloß sie die Augen und heilte die Wunden. Das war ebenso leicht - oder schwer
    - wie beim erstenmal. Zum Glück bin ich von Natur aus eine Heilerin. Es handelt sich dabei nicht um eine Gabe, die mir das Diadem schenkte. Hinter sich spürte sie das Erwachen Kells. Mit eiligem Geschick wiederholte sie den festen Druck auf seine Nerven und ließ ihn zurückkehren in das geistige Gefängnis der Bewußtlosigkeit - nur um kurz darauf von ihrem Handeln überrascht zu sein.
    Ob ich selbst nach dem Verlust des Diadems alle meine besonderen Kräfte behalte, wenn ich nur genug Praxis erwerbe!
    Harskari wich ein wenig von ihr fort, bewegte versuchsweise die Schultern und holte tief Luft. Sie dehnte die Rippen damit so weit, wie es ihr möglich war, ließ den Atem anschließend ruckartig entweichen. Einige Sekunden später stand sie auf und beugte sich über Kell. »Er lebt noch.«
    »Ja.«
    »Du hättest ihm den Garaus machen können.«
    »Aber das habe ich nicht.« Aleytys berührte das Gesicht Kells.
    »Es geschah alles viel zu schnell.« Die Arme ihres Gegners steckten im Kampfpanzer fest. »Ich will von ihm wissen, was er mit Grey gemacht hat. Ich muß …« Sie ließ sich neben ihm auf die Knie sinken, zog die eine Hand Kells hervor und tastete im Innern des Schutzgestells nach den Verschlüssen und Riegeln. »Hilf mir bitte, ihn daraus zu befreien.«
    »Er wird dir nichts sagen. Was soll ich machen?«
    »Vielleicht gibt er mir doch Auskunft, wenn er sich vollkommen hilflos fühlt. Versuche, den Verschluß für diesen vorderen Bereich zu finden - ich glaube, die Segmente auf deiner Seite und bei mir müssen gleichzeitig geöffnet werden.«
    »In Ordnung.« Harskari griff unter den Panzer. »Kell weiß, daß du nicht dazu … aha, ich glaube, ich habe ihn entdeckt. Bist du bereit?«
    Sie klappten die einzelnen Segmente des Kampfpanzers auf, lösten sie und legten sie neben Kell. Aleytys rümpfte die Nase.
    »Dauerte bestimmt eine Stunde, bis er sich ganz in diesem Ding verbarrikadiert hatte. Armer Narr.«
    »Lee, er ist gefährlich.«
    »Er ist ein durchtriebener Mörder - hältst du das für Stärke?«
    »Die einzige, die er versteht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich kenne solche Typen.«
    »Und was für ein Typ ist er? Schon gut. Ich mußte eben nur daran denken, wie wenig Kell und ich eigentlich voneinander wissen.«
    »Du weißt alles, was du wissen mußt. Dir ist bekannt, was er dir antat, was er mit deiner Mutter machte - und dir dürfte auch klar sein, was er anstellen wird, wenn du töricht genug bist, ihn erneut ungeschoren davonkommen zu lassen.«
    »Ja, sicher, das stimmt, aber … Es ist doch irgendwie schade, nicht wahr? Oh, wie ich sehe, bist du da ganz anderer Meinung.«
    Kell kam erneut zu sich, und wieder zwang Aleytys seinen Geist in die Schwärze der Ohnmacht zurück. »Würdest du bitte etwas holen, mit dem wir ihn fesseln können?« Harskari nickte, stand auf und zögerte. »Sei vorsichtig.« Aleytys hob den Kopf und lächelte.
    »Ja.« Sie zerrte Kell aus der Luftschleuse und legte ihn ins Gras, wobei sie auf mögliche Anzeichen für ein neuerliches Erwachen achtete. Dann ging sie neben seiner Schulter auf die Knie und musterte ihn. Nach einigen Sekunden beugte sie sich über ihn und strich einige Haarsträhnen von seinen Lidern. Sie fühlte sich sonderbar, unsicher … Der Zorn brodelte noch immer in ihr, ja, aber er war nun vager und diffuser geworden, bildete eine düstere Wolke, so wie die über Avenar … so als ob all das, was sie während der vergangenen Jahre verflucht und gehaßt hatte, nur ein schemenhaftes und eigentlich unbedeutendes Etwas war, keine Gestalt aus Fleisch und Blut. Es fiel ihr nun schwer, jene Empfindungen auf den Mann neben ihr zu fokussieren, auf Kell … zumindest solange er die geradezu quälende Hilflosigkeit offenbarte, die allen Schläfern zu eigen ist. Obgleich er gar nicht im eigentlichen Sinn schlief … sie fühlte, wie das Hirn Kells wieder aktiv zu werden begann, und zum drittenmal warf sie ihn in die Bewußtlosigkeit zurück. Wieder war sie dabei versucht, den Nervendruck ein wenig länger aufrechtzuerhalten. Es wäre ganz einfach

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