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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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dem Weg geht. (Er zögert kurz und streicht mit den Fingerspitzen über die Blätter.) Aber auf dem Planeten
    Pajungg selbst werden wir nicht tätig sein, zum Glück, Hmm.
    Kolonien. Dort könnte es noch strenger zugehen als auf der Heimatwelt. Oder man ist dort nicht ganz so engstirnig.
    Kommt darauf an, wer die Besiedlung durchführte: Fanatiker oder kritische Geister.
    Haupt: Du kannst aufatmen, Tag - letzteres trifft zu. Dennoch dürfte es schwierig werden. (Sie sieht auf die Folie, liest.) Auf Pajungg beurteilt der gewöhnliche Gläubige das Ausmaß des Wohlwollens seines Gottes danach, wieviel Glück er hat. Das nutzt die Machthierarchie aus und sichert sich einen hohen Prozentsatz der meisten Einkommen. Im wesentlichen handelt es sich bei den Kirchen um Spielcasi-nos. (Sie blickt auf und lacht.) Halt dich zurück, Tag. Bei den Pajungg kommt das Glücksspiel einer Religion gleich. (Sie lacht erneut, als Shadith daraufhin das Gesicht verzieht, liest dann weiter.) Keine Steuern. Die sind auch gar nicht nötig. Und je reicher man ist, desto heiliger. Desto näher bei Gott. Auserwählt. So in etwa. Diebstahl wird mit Blasphemie gleichgesetzt. Diebe können von allen getötet werden, denen es gelingt, sie zu stellen. Was nicht bedeutet, es gäbe keine Diebe auf Pajungg
    - nur keine dummen. Bei einer solchen Auslese überleben nur diejenigen, die besonders schlau sind. Darüber hinaus trennen sich die Diebe nicht vom eigentlichen System. Die Schattenseite, wie sie sie nennen, funktioniert ähnlich der legalen Gesellschaftsstruktur. Bei ihren Angehörigen handelt es sich um Häretiker, nicht um Ungläubige. Der Ajin hat sich zu schnell zu nahe an die hierarchische Spitze der Schattenseite herangearbeitet. Ajin. Das ist ein Ehrentitel, mit dem ein Mann ausgezeichnet wird, der besonders flinke und
    geschickte Finger hat, der eine Art Superdieb ist. Er verließ Pajungg, weil er sich bedroht fühlte, aber seinen Ehrgeiz hat er deshalb nicht aufgegeben. (Sie hebt den Kopf.) Der gerissenste Dieb Pajunggs - ihn müßt ihr schnappen.
    Taggert: Aber wir jagen ihn auf Avosing. Das ist eine andere Welt, mit einer anderen Bevölkerung, anderen Regeln.
    Shadith: Wie haben es die Pajungg überhaupt geschafft, Kolonien zu gründen? Ebenso wie Taggert konnte ich eigene Erfahrungen mit Theokratien sammeln. Derartige Sozialgebilde als starr und stagnierend zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung.
    Haupt: (Sie blättert in dem Stapel, blickt auf eine andere Folie, sieht wieder auf.) Die Sache fiel ihnen in gewisser Weise in den Schoß. (Sie liest.) Ein freier Händler stieß durch Zufall auf sie. (Sie lächelt.) Der törichte arme Kerl dachte, er hätte eine Möglichkeit gefunden, innerhalb kurzer Zeit reich zu werden. (Erneut liest sie.) Der Große Doawai wollte seine Herrschaft auf andere Welten ausdehnen. Er ließ Madaskin zu sich bringen und befragte ihn über sein Raumschiff. Als der Doawai mit den Antworten nicht zufrieden war, überantwortete er Madaskin dem Engiaja-tah, der Geißel Gottes.
    (Sie sieht auf, doch diesmal lächelt sie nicht. Ihr Blick gleitet von Shadith zu Taggert und wieder zurück.) Auch auf Avosing gibt es Engiaja - haltet euch bloß von ihnen fern. (Sie hält kurz inne, liest den Rest der Seite durch und schiebt sie anschließend unter den Stapel. Vom neuen Blatt liest sie laut vor.) Man bekommt keine Antworten, wenn man nicht die
    richtigen Fragen stellt. Die Engiaja verstehen sich gut darauf, Antworten zu erhalten. Ja, in dieser Hinsicht haben sie eine große Erfahrung, doch andererseits wissen sie nichts von den richtigen Fragen. Madaskin behauptete ihnen gegenüber, er habe nur eine vage Ahnung von der Funktionsweise seines Raumschiffs. Er meinte, er könne damit fliegen, und das genüge ihm. Warum, so sagte er, solle er sich mit schwierigen Details belasten? Die Engiaja fragten das, was zu jenem Zeitpunkt noch von dem Händler übriggeblieben war, woher man Schiffe wie seins bekommen, wo man lernen könne,
    damit umzugehen, und wie es möglich sei, sich das Wissen anzueignen, das nötig war, um eigene Raumschiffe zu bauen.
    Madanski gab ihnen Auskunft. Er sagte ihnen, wie sie einen weiteren freien Händler herbeirufen konnten. Dann ließ man ihn sterben. (Eine neue Seite.) Da den Engiaja durchaus klar war, daß der nahe Tod das Bewußtsein trüben konnte, trauten sie den Aussagen Madaskins nicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Pajungg beträgt rund dreihundert Standardjahre. Sie sind geduldig.

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