Das Erbe der Vryhh
wurdest. Die letzten Shallal waren Emigranten, die
Gebrauch von ihren besonderen Fähigkeiten machen mußten, um zu überleben. Außerdem war meine Heimat sehr weit von hier entfernt,
Gerada: (Eine stille Frau mit grobknochigem Gesicht, dichtem und dunklem Haar, in dem sich einige graue Strähnen zeigen, sorgfältig zusammengeknüpft zu einem tadellosen Knoten am Hinterkopf. Sie ißt mit knappen und überaus
präzisen Bewegungen, offenbart damit eine Zartheit, die angesichts ihrer breiten und kräftigen Hände absurd erscheint. Sie interessiert Shadith, denn sie unterscheidet sich von den anderen und eindrucksvolleren Leuten am
Tisch. Vielleicht ist ihre zurückhaltende und gleichmütige Art nur eine Fassade, hinter der sich ein sehr aufmerksamer und wacher Geist verbirgt.) Was führt dich hierher?
Shadith: Ich könnte antworten: der Zufall. Aber wer würde mir das schon glauben? Ich bin aus ganz bestimmten Gründen
gekommen. Ich kam wegen des Süßen Bernsteins wie
auch alle anderen. Ich kam, weil dies eine unerschlossene und seltsame Welt ist, und ich sammle Erfahrungen mit
sonderbaren Planeten. Ich kam, weil das Schiff, in dem ich mich befand, hierher unterwegs war. Alle diese Gründe oder auch keiner davon. Triff deine Wahl.
Melohan: (Klein, schmal, kaum größer als Shadith, eine fragile Statur, die den Eindruck erweckt, als genüge eine stärkere Bö, um ihr die Knochen zu brechen; vielleicht die Jüngste; das Haar schwarz wie Pech, zu einem langen Zopf gebunden, der ihr anmutig über die linke Schulter fällt.) Was hast du hier vor?
Shadith: Ich möchte singen, mir meinen Lebensunterhalt verdienen. Mich für eine Weile in Keama Dusta umsehen, andere Regionen dieser Welt besuchen und wieder fortgehen, wenn ich alles für mich Interessante gesehen habe. Kulit: (Eine große und ebenfalls recht schlanke Frau mit Stupsnase und kurzem Haar, das dichte Locken auf ihrem schmalen Kopf bildet; große und hervorstehende und hübsche nußbraune Augen; die Brauen dünn und dicht, geschminkt wie zwei Schwingen, was ihr den Ausdruck
von ständiger Wachsamkeit verleiht; eine Stimme wie der Geschmack von Kaffee, dumpf, dunkel, und volltönend.)
Weiter draußen braut sich eine Rebellion zusammen, Guerillas in den Bergen, die versuchen, eine Streitmacht zusammenzustellen.
Shadith: (Lacht leise, winkt mit der einen Hand.) Willst du damit sagen, ich solle mich von der Wildnis fernhalten?
Bergen: (Ein kleiner und eleganter Mann, ein angedeuteter Oberlippenbart, der auf ungünstige Weise die auffallend vollen roten Lippen betont, die dazu neigen, eine Art Schmollen zu zeigen; dünne Brauen, ein Gesicht, das ausgesprochen sanft und zart wirkt.) Es sei denn, du findest Gefallen an den Scherzen des Ajin.
Shadith: Wenn der Ajin ebenso ist wie andere Rebellen, denen ich von Zeit zu Zeit begegnete, so hat er bestimmt etwas dagegen, wenn sich Fremde im von ihm kontrollierten Territorium herumtreiben. Schade.
Perolat: Da hast du völlig recht, kleine Shadith. Und deshalb solltest du besser in Keama Dusta bleiben, bis du uns wieder verläßt,
Perolat berührte Shadith am Arm. »Warte noch und trink ein wenig Belas mit einigen von uns. Linfy sollte ebenfalls bleiben.«
Shadith nickte, einerseits belustigt, andererseits auch verärgert.
Sie fühlte sich müde und erschöpft, völlig ausgelaugt. Siebzehn Stunden seit einer schlaflosen Nacht. Aber sie konnte sich nicht einfach zurückziehen. Was ihr nun bevorstand, kam wie die Befragung während des Essens einem Test gleich - in diesem Punkt machte sie sich nichts vor. Aus irgendeinem Anlaß, vielleicht aufgrund der rätselhaften Präsenz aus dem Wald und ihres sonderbaren Interesses an ihr, hatte sie weitaus mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als ihr lieb war - möglicherweise mehr, als ihre Geschichte rechtfertigte. Während die meisten Sucher umherschlenderten, sich zu kleinen Gruppen zusammenschlossen und über die Ereignisse des Tages sprachen, während einige stille Mädchen hereineilten, um den Tisch abzudecken, führte Perolat Shadith und Linfyar durch einen kurzen Flur in ein Zimmer mit hoher Decke, in dem drei weitere Sucher am Kamin saßen. Die Fenster waren geöffnet, so daß die kühle Nachtluft ungehindert hereinwehen konnte. Das Pollen-Tribunal, dachte Shadith mit müder Belustigung. Perolat geleitete Shadith an ein dickes Kissen heran und murmelte eine zustimmende Bemerkung, als Linfyar sich neben ihr niederließ. Das Rascheln der Rankenblätter vor den
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