Das Erbe der Vryhh
Aleytys schmunzelte bei dieser Vorstellung -, vermutlich aber in erster Linie deswegen, weil es weiter im Norden gelegen war. Ich will mich mit diesen unsinnigen Gedanken nur davon ablenken, was geschehen könnte, wenn Hyaroll nicht kommt. Sie warf Loguisse einen kurzen Blick zu. Die Tetrade kochte still vor sich hin, während sie den Gleiter oberhalb des Domes durch Warteschleifen lenkte. Fünfzehn Minuten verstrichen. Zwanzig. Eine halbe Stunde. Aleytys rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her. Ay-Madar, und schon wieder bin ich hilflos, auf einen Helfer angewiesen, während ich auf den nächsten warte. Es ist wie mit Stawer und Maissa auf Lamarchos. Ich werde erst hierhin gezerrt, dann dorthin. Ein Spielball für die Launen anderer. Selbst Arel nahm mich einfach mit, ohne mich zu fragen, wohin ich wollte, und er wandte sich von mir ab, als seine Interessen nicht mehr mit meinen übereinstimmten. Im Verlauf der letzten Jahre jedoch hatte sie ihre eigenen Entscheidungen getroffen, ihr Leben selbst in die Hand genommen. Auf Wolff war sie zu sehr Teil der allgemeinen Ereigniskette gewesen. Jetzt aber, aus der Distanz betrachtet, begriff sie, wie frei sie trotz der Jagdaufträge gewesen war, die man ihr mehr oder weniger aufgezwungen hatte. Außerdem mußte sie sich eingestehen, daß sie bei der Durchführung jener Aufträge durchaus ihren Spaß gehabt hatte, so zweifelhaft und gefährlich sie auch gewesen sein mochten.
Loguisse beugte sich vor. Das finster wirkende Gesicht Hyarolls zeichnete sich auf dem Schirm ab. »Raketenmücken«, knurrte er. »Mußte sie erledigen. Seid ihr bereit, mir in den Dom zu folgen?«
»Ja. Also los.«
Das Bild auf dem Schirm veränderte sich und zeigte nun einen klobig wirkenden und gepanzerten Gleiter, der dem Dom entgegenfiel, einen dunklen Fleck, der sich so schnell bewegte, daß er am Rand des Monitors verschwand, noch bevor Loguisse zu reagieren vermochte. Sie steuerte ihren Schweber ebenfalls in die Tiefe und folgte Hyaroll in den Dom. Kurz darauf gingen beide Gleiter auf Landeplattformen nieder, unweit einer seltsamen und absonderlich wirkenden Struktur, die man sich nur als Haus vorstellen konnte. Daran schlossen sich einige Gärten an, die ebenso ungewöhnlich und ausgefallen und prächtig aussahen wie das Gebäude.
Hyaroll trat steifbeinig auf Loguisse, Aleytys und Shareem zu.
Er deutete auf Aleytys. »Komm,« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und näherte sich dem Haus. Über die Schulter hinweg fügte er hinzu: »Loguisse und Shareem - ihr wartet hier.
Aleytys kann machen, was sie will, wenn wir diese Sache hinter uns gebracht haben.«
Loguisse klopfte der jungen Frau auf die Schulter. »Geh nur. Es wäre sinnlos, ihm zu widersprechen. Wir treffen uns drüben am Springbrunnen.« Shareem nickte zustimmend und schritt bereits fort, in Richtung der Quelle - einer sehr kompliziert anmutenden Konstruktion aus miteinander verschlungenen Bronzeröhren, die mit einem komischen Prusten und in einem präzisen Rhythmus Wasser spuckten. Loguisse ließ sich neben Shareem auf einer ebenfalls aus Bronze bestehenden Bank nieder, starrte ins Leere und verlor sich in ihren Überlegungen. Aleytys eilte Hyaroll nach, schloß zu ihm auf und ging neben ihm. Die Emanationen, die sie von ihm empfing, ließen auf eine profunde Müdigkeit schließen.
Das überlagerte fast alles andere. Irgendwo in dem Erschöpfungskonglomerat deutete etwas auf Verärgerung hin, doch selbst diese Emotion war nebelhaft diffus und ohne Kraft. Aleytys wanderte an der Seite ihres Großvaters dahin und schwieg, weil es nichts gab, was er von ihr zu hören wünschte. Sie hatte den Eindruck, als sei er bereit, vor dem geringsten Hindernis zu kapitulieren, selbst vor einer Falte im Läufer. Ja, es war, als würde er in einem solchen Fall stehenbleiben und ganz langsam versteinern. Trotzdem hatte er sich die Mühe gemacht, sie als seine Enkelin anzuerkennen und den Dom Synkattas für sie vorzubereiten. Angesichts dessen, was Aleytys jetzt in ihm spürte, konnte sie kaum verstehen, warum Hyaroll in dieser Hinsicht aktiv geworden war. Sie erwog die Möglichkeit, ihm eine entsprechende Frage zu stellen, doch gerade dabei mochte es sich um die metaphorische Falte im Läufer handeln.
Hyaroll geleitete sie durch Säle und Hallen, vorbei an Türen und offenen Zimmern, die von Androiden in Ordnung gehalten wurden.
Jetzt allerdings ließ sich keins der Kunstwesen blicken. Aleytys sah sich sogar außerstande
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