Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
dazu, ihre Präsenzen zu lokalisieren.
    Vielleicht hatten sie sich in irgendeine abgelegene Kammer zurückgezogen und dort desaktiviert, nach der Durchführung der sich ständig wiederholenden Reinigungsaufgaben in diesem Phantomhaus. Hyaroll führte seine Begleiterin tiefer hinein in das seltsame Gebäude, durch leere Gewölbe und Korridore, in denen das Geräusch ihrer Schritte dumpf widerhallte, immer tiefer hinein in den Granit der Klippen. Eine flüchtige Dunkelheit, der Eindruck des Wartens um sie herum, ein Labyrinth, das ihr gehörte, sobald es aktiviert und auf sie justiert worden war. Ein zweimaliges kurzes Prickeln, als Aleytys die Doppelmembran passierte. Dann befanden sie sich in einem hell erleuchteten und weißen Zimmer, das dem Herzen von Loguisses Dom ähnelte, obgleich die hiesige Instrumentenausstattung nicht ganz so komplex aussah. Was auch verständlich war, als Aleytys an die Unterschiede zwischen Loguisse und Synkatta dachte.
    Hyaroll legte ihr die breite Hand auf die Schulter und führte sie in Richtung des Kommandositzes. Es handelte sich dabei um einen massiven und schwarzen Drehsessel, der vor einer Konsole stand.
    Der Vryhh ließ sie nicht los, als er mit der anderen Hand den Staub vom Polster strich. »Nimm hier Platz und wehr dich nicht gegen das, was gleich geschehen wird.« Er schob seine Enkelin auf den Sessel zu, mit kleinen Stößen, die Aleytys das Gefühl gaben, als sei sie kaum mehr als ein Fetzen im Maul eines großen und wütenden Hundes. Verärgert widersetzte sie sich ihrem Großvater und drehte den Kopf von einer Seite zur anderen. »Wogegen soll ich mich nicht wehren?«
    Hyaroll ließ die Hand sinken. »Gegen die Sonden, die dein ID-Muster erfassen und es in den Kephalos einspeichern. Setz dich.«
    »Es gefällt mir gar nicht, wenn in meinem Kopf irgend etwas durcheinandergebracht wird.«
    »Entweder du nimmst jetzt Platz oder vergißt die ganze Sache.
    Es liegt an dir.«
    »Schon gut.« Aleytys sank in den Sessel und spürte, wie er sich um sie herum zu bewegen begann, als Hyarolls Finger steif über die Sensoren tasteten. Die Rückenlehne spannte und wölbte sich, stülpte sich ihr über den Kopf, kam langsam herab, berührte sie und paßte sich ihrem Schädel an. Aleytys versuchte sich zu entspannen. Diese Gelegenheit erforderte keine Aktivierung des Diadems. Keine Gefahr, dachte sie. Bleib ruhig. Die Sondierung ist notwendig. Und das Diadem manifestierte sich nicht. Daraufhin wurde Aleytys etwas ruhiger. Die Sesselkapuze bedeckte nun auch ihr Gesicht, schirmte Licht und Luft so jäh ab, daß sie fast in Panik geraten wäre und sich erst im letzten Augenblick wieder unter Kontrolle brachte. Sie saß ganz still, atmete langsam und tief durch, so gleichmäßig, wie sie konnte. Mentale Sonden schoben sich in ihr Bewußtsein, mit einem sanften Prickeln und Stechen, bewegten sich dort, kratzten umher. Ein gräßliches Gefühl. So als sei sie von einem abscheulichen Fremden gefesselt worden, so daß sie sich nicht mehr rühren konnte, von einem Fremden, der sie abtastete, ohne daß sie sich zu wehren vermochte. Nach jenen ersten und sehr unangenehmen Sekunden jedoch stellte Aleytys fest, daß sie von dem Kephalos ebensoviel lernen konnte wie er von ihr, und es entstand das Gefühl einer behaglichen Sicherheit in ihr, als sie begriff, daß sie nicht nur den Sessel zerstören konnte, sondern auch die Sonden der Konsole und alles andere, den gesamten Kephalos - wenn sie wollte. Mit dieser Gewißheit bekam sie sich wieder ganz in die Gewalt, so daß es nicht nötig wurde, irgend etwas zu vernichten. All das geschah, weil sie es geschehen ließ.
    Diese Erkenntnis reichte. Aleytys blieb still sitzen und gab dem Kephalos den Blick in ihr Inneres frei.
    Die Zeit verstrich. Schließlich wich die Kapuze von ihr zurück und verschwand in der Rückenlehne des Sessels. Aleytys bewegte die Schultern, straffte den Rücken und schwang herum, so daß sie Hyaroll ansehen konnte.
    »Noch nicht. Bleib sitzen.« Hyaroll blickte mit gerunzelter Stirn auf den Schirm. »Seltsame Anzeigen. Höchst eigentümliche Werte.« Er berührte einige Sensoren, und dann und wann hielt er inne und starrte in die leere Luft, so als spiele ihm sein Gedächtnis einen Streich, als müsse er sich konzentrieren und auf seine Erinnerungen besinnen, um dort etwas zu finden, das er benötigte.
    Während er mit den Apparaturen arbeitete, fühlte Aleytys, wie nicht nur das Zimmer aktiv wurde, sondern das ganze Haus. Immer

Weitere Kostenlose Bücher