Das Erbe des Atoms
trieb die Hochzeitsvorbereitungen voran, und als Tews und Gudrun Mann und Frau waren, schickte er sie auf ihre Hochzeitsreise zur Venus. Zur Vorsicht sandte er einige achtzigtausend Soldaten mit ihnen, damit der zukünftige Oberherr seine Flitterwochen mit Kriegsführung verbinden konnte. Nachdem er so die wichtigsten Probleme gelöst hatte, widmete Medron Linn sich der Aufgabe, mit Anmut alt zu sein und Mittel und Wege zu ersinnen, seinen anderen Erben den Tod zu ersparen, den die vorausschauende Lydia zweifellos für sie plante.
Trotz seiner und seiner Ärzte Vorsichtsmaßregeln ereilte ihn allzubald seine letzte Krankheit. Alle Kniffe seines Leibarztes – darunter ein eiskaltes Bad, das zu seinen bevorzugten Heilmitteln gehörte – konnten den Todkranken nicht auf den Weg der Besserung bringen. Das Patronat wurde informiert, und ausgewählte Staatschefs erhielten die Einladung, am Totenbett die Ehrenwache zu halten. Der Oberherr hatte schon vor Jahren ein Gesetz erlassen, wonach kein Herrscher jemals allein sterben durfte.
Es war eine Vorsichtsmaßnahme gegen irgendwelche Anschläge gewesen, die er seinerzeit für außerordentlich klug gehalten hatte. Aber nun, als er die Fremden beobachtete, die ständig durch die offenen Türen seines Schlafzimmers ein und aus gingen, fand er dies ziemlich entwürdigend.
Er gab Lydia ein Zeichen. Sie glitt an sein Bett und nickte, als er sie bat, daß die Tür geschlossen werde. Die Mitglieder der Ehrenwache sahen einander an und wollten das Feld nicht gleich räumen, als Lydia Anstalten machte, sie zu vertreiben, aber die sanfte Stimme des Herrschers drängte sie, ihn und seine Frau für kurze Zeit miteinander allein zu lassen, und so gingen sie. Medron Linn lag eine Weile still und blickte traurig zu seiner Frau auf. Er hatte eine unangenehme Pflicht zu erfüllen, und die unglückliche Atmosphäre des bevorstehenden Todes machte die Sache noch unerfreulicher. Er begann ohne Vorrede:
»In den letzten Jahren machte ich dir häufig Andeutungen über Befürchtungen, die ich im Hinblick auf die Gesundheit meiner Verwandten hatte. Deine Reaktionen ließen mir keine andere Wahl, als daran zu zweifeln, daß in deinem Herzen noch irgendwelche zärtlichen Gefühle übriggeblieben sind.«
»Was ist dies?« fragte Lydia. Sie hatte eine erste, blitzartige Einsicht, was kommen würde. Grimmig fuhr sie fort: »Mein lieber Mann, hast du deinen Verstand verloren?«
Medron Linn sagte ruhig: »Dieses eine Mal, Lydia, werde ich nicht in diplomatischer Sprache mit dir reden. Laß von deinen Plänen ab, meine Verwandten ermorden zu lassen, sobald ich tot bin.«
Die direkte Sprache war zu stark für die Frau. Die Farbe wich aus ihren Wangen, und ihr Gesicht war plötzlich aschgrau. »Ich«, hauchte sie, »deine Verwandten töten?«
Die einstmals stahlgrauen, nun verschleierten Augen starrten sie unbarmherzig an. »Ich habe Jerrin und Draid aus deiner Reichweite gebracht. Jeder von ihnen kommandiert ein Armeekorps, und mein Testament enthält genaue Instruktionen über ihre Zukunft. Und meine zwei Töchter sind sicher, denke ich. Die ältere ist ohne Ambitionen, und Gudrun ist jetzt Tews' Frau. Aber ich will ein Versprechen von dir, daß du der Prinzessin Tania und ihren zwei Töchtern sowie ihrem Sohn Prinz Clane keinen Schaden irgendwelcher Art zufügen wirst.«
»Clane!« sagte Lydia. Noch während er sprach, hatte ihr Verstand zu arbeiten begonnen. Er überging die ungeheuerliche Beleidigung und alle die Namen und konzentrierte sich auf dieses eine Individuum. Sie wiederholte den Namen etwas lauter: »Clane!«
Sie funkelte ihren Mann mit bitterem Zorn an. »Und was«, sagte sie, »bringt dich auf den Gedanken, dich, der du mich solcher Verbrechen verdächtigst, daß ich einem toten Mann ein solches Versprechen halten würde?«
»Weil, Lydia«, sagte er, ohne seine Stimme zu erheben, »du mehr bist, als nur eine Mutter, die ihre Jungen schützt. Du bist auch eine Persönlichkeit, deren politische Weisheit und allgemeine Intelligenz das geeinte Imperium möglich gemacht haben, das Tews nun erben wird. Du bist im Herzen eine aufrichtige Frau, und wenn du mir ein Versprechen gäbest, glaube ich, daß du es auch halten würdest.«
Sie wußte jetzt, daß er lediglich hoffte, und ihre Ruhe kehrte zurück. Sie beobachtete ihn mit hellen Augen, und ihr war übermächtig bewußt, wie schwach die Macht eines Sterbenden war.
»Also gut, mein Alter«, besänftigte sie ihn, »ich werde es dir
Weitere Kostenlose Bücher