Das Erbe des Blutes - Roman
rausfinde: Bei den Bullen gibt es mehr Lecks als bei’nem russischen U-Boot. Und Sie könnten sich doch nebenher ein paar Scheinchen verdienen.«
»Ich sage kein Sterbenswörtchen. Heute nicht, morgen nicht und auch zu keinem anderen Zeitpunkt. Ich bin nicht mehr Ihr Schoßhündchen.«
Kent schüttelte zerknirscht den Kopf. »Duckworth sahnt die ganze Arbeit für die Zeitung ab. Wollen Sie wirklich, dass diese fette Kröte sich bei jedem Treffen mit Ihnen groß aufspielt?«
»Kann er meinetwegen machen.«
»Was ist denn an der Uni passiert, dass Sie auf einmal mit einem Heiligenschein rumlaufen? Vielleicht sollte ich mal etwas rumtelefonieren, ein bisschen rumstochern. Könnte’ne Geschichte abwerfen, besonders jetzt, wo Sie für die Hüter von Recht und Ordnung arbeiten.«
Nigel fragte sich, ob er nicht schon etwas wusste und diese Telefonate bereits geführt hatte. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können, Gary.«
Kent zuckte mit den Achseln und sog Luft zwischen den Zähnen ein. »So’n Pech. Wie schon gesagt: Dieses Ahnenforschungsspiel ist ziemlich beliebt. Unsere Zeitung sucht möglicherweise jemanden, der einen oder zwei Beiträge darüber macht. Sich um ein paar Leserprobleme kümmert, so eine Art Kummerkastentante in Ahnensachen. Schmerzt mich, das zu sagen, aber Sie könnten ein ganz gutes Bild abgeben, wenn man einen fotogenen jungen Experten braucht: strahlende blaue Augen, wohlgeformte Wangenknochen, volles Haar und eine Brille, die Sie intelligent aussehen lässt.«
»Komplimente bringen Sie auch nicht weiter, Gary.«
Kent starrte ihn nur an und nickte, als würde er Nigels Verhalten genau verstehen und jedes Wort seine Erwartungen bestätigen. »Offenbar glauben Sie, der Polizei eine gewisse Loyalität zu schulden«, sagte er und warf seine Visitenkarte auf den Tisch. »Da fällt mir ein: Richten Sie DCI Foster doch einen schönen Gruß von mir aus.« Er wandte sich zum Gehen, warf jedoch noch einmal einen Blick über
seine Schulter. »Sagen Sie ihm, es ist schön zu sehen, dass er zur Abwechslung mal nicht mit Toten aus der eigenen Familie zu tun hat.«
Kents Bemerkung weckte Nigels Neugierde. Er ging nach draußen und wartete, bis der Schmierfink gegangen war, bevor er Foster anrief.
Der Detective meldete sich mit einem gebrummten »Ja?«.
Er hörte sich abwesend an, fast schon nervös.
»Seine Nachkommen sind ausgestorben«, sagte Nigel kurz und bündig.
»Was? Alle? Wie denn das?«
»Nichts Ungewöhnliches. Er hatte zwei Kinder. Eins starb mit sechs an Tuberkulose, das andere blieb unverheiratet. Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass die Tochter ein Kind hatte, obwohl sie nie verheiratet war, aber das lässt sich bei dem Nachnamen Smith nicht nachverfolgen. Seine Frau heiratete erneut und bekam zwei weitere Kinder. Die könnte ich wohl aufspüren …«
Nigels Stimme verlor sich langsam. Obwohl er unbedingt an dem Fall weiterarbeiten wollte, hoffte er inständig, dass Foster dies nicht von ihm verlangen würde: Er sah zwei oder drei Tage harte Arbeit vor sich, bei der er sich durch unzählige Smiths kämpfte und am Ende doch alles umsonst sein würde.
»Nein, die sind nicht das Verbindungsglied. Beck war ja noch nicht mal ihr Vater. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie die Sache von seinem gewaltsamen Tod weitererzählt haben. Belassen Sie es für den Augenblick dabei.«
»Eine Sache noch.«
»Ja«, sagte Foster ungeduldig.
»Ich bin gerade von einem Reporter der Evening News angehauen worden. Gary Kent.«
Foster stöhnte.
»Sagte mir, ich soll Sie schön grüßen.«
»Vergessen Sie den. Das ist ein Kriecher. Offen gesagt geht der mir gerade am Arsch vorbei. Wusste er von dem Hinweis?«
»Nein, davon hat er nichts erwähnt und ich auch nicht. Aber er weiß, dass ich für Sie arbeite.«
»Da hat er Glück gehabt. Wenn sonst noch irgendwelche Reptilien angekrochen kommen, sagen Sie ihnen, sie sollen sich vom Acker machen. Und lassen Sie sich nicht von Geld blenden: Die Presse findet immer einen Weg, damit sie nicht zahlen muss. Sie werden also leer ausgehen.«
Es folgte eine Pause.
»Detective, ich dachte gerade: Da die Archive der Metropolitan Police zerstört wurden, haben wir keine Details über den Mord.«
Foster stimmte ihm murmelnd zu.
»Die National Newspaper Library hat Ausgaben von allen regionalen und überregionalen Zeitungen, und zwar seit ein paar hundert Jahren. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass 1879 über die Sache in der Presse berichtet
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