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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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übergeben?«
    »Vor Jahren schon.«
    Diese Information erleichterte Erik in gewisser Weise. Andererseits war es auch eine Enttäuschung.
    »Aber vor kurzem ließ er ihn sich zurückgeben und brachte ihn mir dann am folgenden Tag wieder. So weit ich es verstanden habe, wollte er den Inhalt vervollständigen.«
    »Ich bin gerade in Berlin, fliege aber heute noch nach England zurück. Könnten Sie ihn mir per DHL nach England schicken?«
    »Ich muss Ihnen den Umschlag persönlich überreichen.«
    Nachdem er sich eine Weile gesträubt hatte, willigte der Anwalt schließlich doch in Eriks Vorschlag ein, unter der Bedingung, dass Erik sofort nach Erhalt der Sendung deren Eingang telefonisch bestätigte.
    Nach dem Gespräch ging Erik in Gedanken versunken die Treppe zur U-Bahn hinunter und wäre fast über die zerschlissene Wolldecke gestolpert, auf der ein Mann mit einem Pappbecher in der Hand bettelte.
    |301| Erik versuchte, seine Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was als nächstes zu tun wäre, aber es gelang ihm nicht. Sein Vater würde ihm also aus dem Grab heraus eine Botschaft übermitteln – hoffentlich die Wahrheit, die er ihm sein Leben lang nicht von Angesicht zu Angesicht zu erzählen gewagt hatte. Ob auch Enthüllungen über seine Mutter dabei sein würden?
    Der Brief würde morgen in Helsinki abgehen, wäre also übermorgen am Nachmittag in England. Erik war innerlich so aufgewühlt, dass er dieses Klingeln zunächst gar nicht seinem Handy zuordnete. Er zog es umständlich aus der Tasche und trat zum Reden neben den Brezelstand im Zwischengeschoss.
    Es war der Historiker Kohonen aus Helsinki.
    »Ich habe eine große Menge Literatur durchforstet«, sagte er. »Zuerst sah es so aus, als wäre nirgendwo eine Ingrid Stormare erwähnt. Aber dann bin ich auf ein deutsches Buch gestoßen. Es heißt ›Deutsche Medizin im Dritten Reich‹. Und das enthält eine kleine, aber sehr interessante Erwähnung.«
    Eine interessante Erwähnung
. Das verhieß nichts Gutes. Erik verspürte auf einmal eher Unwillen als Interesse, mehr zu erfahren.
    »In dem Buch heißt es, dass an der von Professor von Verschuer seit 1942 geleiteten Abteilung für Rassenhygiene des Kaiser-Wilhelm-Instituts eine Wissenschaftlerin namens Karin Magnussen tätig gewesen sei. Sie war spezialisiert auf Zwillingsforschung, besonders im Hinblick auf die Augen. Über sie hatte ich früher schon gelesen, ihre Abteilung bekam das Forschungsmaterial unter anderem von Josef Mengele aus Auschwitz. Und diese Karin Magnussen hatte, dem Buch zufolge, eine junge schwedische Assistentin namens Ingrid Stormare.«
    Erik schloss die Augen und holte tief Luft. »Ich habe mit etwas Ähnlichem schon fast gerechnet«, sagte er heiser. »Aber es ist so . . . Wird über sie noch mehr gesagt?«
    »Nein. Nur diese eine Erwähnung.«
    »Ich rufe Sie später zurück . . . Hier ist es gerade etwas ungünstig . . .«
    |302| Erik legte auf. Für einen Moment verharrte er wie gelähmt an Ort und Stelle, dann stieg eine heftige Welle der Übelkeit in ihm auf, und es gelang ihm gerade noch, den Abfalleimer an der Rolltreppe zu erreichen, in den er sich heftig erbrach.

|303| 43
    Die A40 im Westen Deutschlands, unweit der holländischen Grenze, führte durch flaches Ackerland. Es war kurz vor sieben, und es herrschte reger Verkehr.
    Rashid blickte in den Rückspiegel des Opel und versuchte hinter sich den Passat von Saiid und Utabar auszumachen.
    Er richtete den Blick auf den Tachometer, der hundertdreißig Kilometer pro Stunde anzeigte. Diese maßvolle Geschwindigkeit behielt er bei. Normalerweise dachte er beim Autofahren nicht an das Unfallrisiko, sondern genoss das hohe Tempo. Aber jetzt dachte er an nichts anderes. Die Aufgabe durfte nicht an so etwas Banalem scheitern, das würde für alle Zeiten Schande über ihn und seine Familie bringen.
    Auf einmal bemerkte Rashid etwas Dunkles, Pulverartiges auf seinem linken Ärmel. Konnte das möglich sein? War eine kleine Menge Uranpulver an seinem Ärmel hängen geblieben? Eine Welle der Panik erfasste ihn, und im Nu war er schweißnass. Konnte zwischen dem Gummihandschuh und dem Gummianzug eine Lücke gewesen sein, durch die das Uranpulver eingedrungen war?
    In der Panik löste er die Hand vom Lenkrad und blies das Pulver vom Ärmel. Dabei verzog er das Lenkrad. Das Auto scherte nach links aus und wäre um ein Haar mit dem Porsche zusammengeprallt, der auf der linken Spur vorbeisauste. Die beiden Fahrzeuge streiften sich fast. Mit

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