Das Erbe des Bösen
Großmachtpolitik zu sagen. Bezog sich das auf das Apollo-Programm, von dem er nun sprach?
Erik hielt den Atem an.
»Konnte irgendjemand ernsthaft davon ausgehen, dass nach all der Arbeit und nach all den Risiken, nach all den Opfern, die das Apollo-Programm gefordert hatte, die einzigartigen Mondmineralien im Wert von über hundert Milliarden Dollar überall hin verteilt worden wären, auch außerhalb der Vereinigten Staaten? Selbst an Wissenschaftler des Erzfeindes
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Sowjetunion? Auch wenn wir aus Propagandagründen tatsächlich so getan haben, als gäben wir ihnen etwas davon ab . . .«
Erik beugte sich über den Lautsprecher.
»Bereits im Februar 1965 entdeckte die U S-Luftwaffe in der Antarktis einen ziemlich frischen Riesenmeteoriten von vierhundert Kilogramm Gewicht, der daraufhin heimlich zur NASA nach Huntsville transportiert wurde. De facto wusste nur der innerste deutsche Kreis etwas davon, denn auf dessen Verschwiegenheit konnte man sich verlassen. Kein Deutscher hätte geheime Informationen verraten, denn dann wäre womöglich im Gegenzug seine Vergangenheit preisgegeben worden. In der Praxis brachte die NASA ihre deutschen Wissenschaftler durch Erpressung zum Schweigen.«
Eriks Blick wanderte über die Wand zu dem eingerahmten Gruppenbild von Mitarbeitern des Apollo-Programms, das er nun mit ganz anderen Augen sah.
Auf einmal sprang er auf und eilte mit großen Schritten zur Zimmertür, um sie zu schließen, denn die Akustik in der Wohnung war nicht sonderlich gut.
»Als der Apollo-Flug dann auf die Erde zurückkehrte, untersuchten verlässliche Geologen zunächst heimlich das Mondgestein. Dabei machten sie eine sehr interessante Entdeckung. Schon allein deretwegen wurde die endgültige Entscheidung getroffen, das Mondgestein ausschließlich der NASA, der U S-Armee und einigen weiteren, besonders vertrauenswürdigen amerikanischen Institution zu überlassen. Nicht einmal die Astronauten wussten, dass wir das echte Gestein in unseren Tresoren einschlossen. Was in die Welt verschickt wurde, war auf der Erde gefundenes Meteoritenmaterial,
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mit dem man beim Zerteilen ein bisschen was angestellt hatte. Angeblich war es erstaunlich, wie sehr die beiden Minerale einander glichen. Bestenfalls die Russen schöpften Verdacht, denn sie besaßen zum Vergleich knapp zweihundert Gramm echte Gesteinsproben vom Mond, die sie sich mit der Lunar-Sonde geholt hatten. Das größte Problem bestand darin, dass unser Material natürlich magnetisch war, obwohl auf dem Mond kein Magnetfeld existierte.«
Erik erinnerte sich tatsächlich, irgendwo gelesen zu haben, der Wissenschaft sei der Magnetismus des Mondgesteins nach wie vor ein Rätsel.
»Diese Information über den Austausch des Mondgesteins gegen Meteoritenbestandteile war und ist nach wie vor nur wenigen Wissenschaftlern aus dem Umfeld der strategischen Forschung in den Vereinigten Staaten bekannt. Aber wie gesagt, die Russen schöpften Verdacht und schickten im Herbst 1971 noch einmal Katharina zu mir. Damals war ich von Ingrid bereits geschieden, sodass ich in den Augen der Russen sicherlich als empfänglich für eine Anwerbung galt. Und um ein Haar hätte Katharina auch wirklich Erfolg gehabt . . . Sie ahnte, dass ich mehr über das Mondgestein wusste. Aber je mehr sie und ihre Hintermänner mich lockten und schließlich auch unter Druck setzten, umso strikter lehnte ich ab. Ihr damaliges Verhalten habe ich Katharina nie verziehen. Unser Verhältnis zerbrach. Das Wissen über das Schicksal des Mondgesteins blieb geheim, und es sollte auch weiterhin geheim bleiben.«
Es knackte zweimal gedämpft auf dem Band. Erik schaute prüfend auf den Recorder, aber der lief ganz normal.
Schon sprach sein Vater weiter, aber seine Stimme klang nun verändert.
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»So, Erik. Ich werde diese Kassette jetzt etwas aktualisieren. Heute ist der 21. Juli 2007. Ich habe zuvor von dem echten Mondgestein des Apollo-Programms gesprochen, das sofort heimlich untersucht wurde. Gerade heute, in der Zeit des neu ausgebrochenen Wettkampfs ums All zwischen den Vereinigten Staaten, China und Russland, ist eine Beobachtung, die anhand des echten Mondgesteins damals gemacht wurde, auf völlig neue Art wichtig geworden . . .«
Aus dem Kassettenrecorder drangen die Worte von Rolf Narva. Im Besprechungsraum des GR U-Hauptquartiers in Moskau saßen neben drei Offizieren auch drei Zivilisten am Tisch und hörten zu: der Leiter der
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