Das Erbe des Bösen
SMS: ›In St. Petersburg ist eine von Finnland aus abgeschossene Rakete eingeschlagen.‹ Wir können keine Mitteilung herausgeben, solange das Führungsgremium nicht getagt hat.«
Er nahm die Kopie des Faxes in die Hand. »Kein Mensch kann so einen Schrieb ernst nehmen . . .«
»Trotzdem müssen wir schnell entscheiden, was wir den Russen gebenüber sagen«, stellte Schalin fest.
»Na, wahrscheinlich doch wohl die Wahrheit. Dass das für uns eine ebenso große Überraschung ist wie für sie. Dass wir den Vorfall mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln aufklären werden, uns so weiter.«
Volanen legte das Fax auf den Tisch und sah den Leiter der Bereitschaftsabteilung an. »Schick das hier an die Führung von Sicherheitspolizei und Zentralkripo. Die haben vielleicht irgendwelche Informationen über diese Gruppierung. Sie sollen möglichst ohne großes Aufsehen überprüfen, ob sich in dem Bahnhofschließfach tatsächlich etwas befindet. Und wenn ja, was.«
|177| Das war es.
Erik stand im Nieselregen vor einem schmutzig grauen Haus in einer ruhigen Straße. An der Wand stand »Max-Planck-Institut«, aber laut Kohonen war das Gebäude 1936 für die physikalische Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts fertig gestellt worden. Es lag nur wenige hundert Meter vom Institut für Eugenik entfernt.
Erik ging langsam weiter. Auf der weißen Tafel neben der Treppe des folgenden modernen, kastenförmigen Gebäudes stand »Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte«. Kohonen zufolge wurden dort die Akten zum Kaiser-Wilhelm-Institut aufbewahrt. Die meisten waren allerdings im Krieg verbrannt. Oder vernichtet worden.
Erik ging nachdenklich die flach ansteigende Treppe hinauf. War sein Vater womöglich wegen Angelegenheiten in Berlin, die keine genauere Betrachtung bei Tageslicht vertrugen?
Mit finsterer Miene trommelte Roope auf das Lenkrad seines Wagens. Im Radio lief Musik, bald wären die Nachrichten an der Reihe.
Eigentlich sollte er mit Raine und Teemu ein paar Bier trinken, aber stattdessen saß er allein hier und wartete auf Rolf Narva.
Roope hatte als Treffpunkt ein Café vorgeschlagen, aber Narva wollte einen ruhigen, ungestörten Ort. Letztlich leuchtete das auch Roope ein, und deshalb hatten sie sich auf eine Waldlichtung in der Nähe des Krankenhauses Puolarmetsä in Espoo geeinigt. Allerdings wunderte sich Roope kurz darüberr, dass dieser Narva in seinem Alter noch Auto fuhr.
Er selbst hatte den Wagen am Rand des mit Gras überwucherten Platzes geparkt. Die Nachrichten hatten noch nicht angefangen, als neben ihm ein kleiner Peugeot anhielt. Sofort stieg auf der Fahrerseite ein Mann aus, der viel zu jung war, um Rolf Narva zu sein. Roope war so sehr darauf vorbereitet, einem alten Menschen zu begegnen, dass er erschrak.
»Guten Tag«, sagte der Fahrer des Peugeot freundlich auf |178| Deutsch, als er die Beifahrertür von Roopes Wagen öffnete. »Robert Plögger?«
»Ja, der bin ich«, bestätigte Roope unsicher.
Der Mann setzte sich in den Wagen. »Leider konnte Rolf Narva nicht selbst kommen, aber ich handle mit seiner Vollmacht, nicht wahr, Rolf?«
Der Mann nahm ein Handy aus der Tasche, aus dessen Lautsprecher sogleich dieselbe Altmännerstimme zu hören war wie beim letzten Telefonat.
»Ja. Herr Hoffmann weiß, worum es geht.«
Roope war schlagartig zutiefst beunruhigt. Wie viele Leute wussten bereits von dem Uran?
»Und worum geht es, wenn ich fragen darf?«, erkundigte er sich so höflich wie möglich.
»Vielleicht sind Sie ja auch schon selbst darauf gekommen: Wir würden gern wissen, wo sich das Material befindet, das Sie aus dem von Klingenbergschen Grab geholt haben.«
Hoffmanns Ton gefiel Roope überhaupt nicht, und der Inhalt seiner Worte noch viel weniger.
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
»Und ich habe keine Zeit für Spielchen.«
Roope erschrak erneut, als die Fahrertür seines Wagens von außen geöffnet wurde. Er hatte nicht gemerkt, dass jemand hinten um das Auto herumgegangen war. Als er den Mann sah, der die Tür geöffnet hatte, merkte Roope, wie sein Herzschlag für einen Moment aussetzte.
»Du hast fünf Sekunden Zeit, um am Leben zu bleiben«, sagte Hoffmann. »Wo ist das Material aus dem Versteck!«
Roopes Herz schlug bis zum Zerspringen. Eine Waffe sah er nicht, aber so wie die Männer aussahen, konnten sie durchaus eine bei sich haben. Und das genügte Roope, um zu beschließen, nicht den Helden zu spielen.
»Der Bleibehälter ist noch in
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