Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
steht. Ich lasse nur das Fenster ersetzen, und damit ist der Fall erledigt.«
    Ingrids Blick fiel auf Katjas verbundenen Finger. »Was ist denn mit deinem Finger passiert?«
    »Ich habe mich heute morgen mit dem Küchenmesser geschnitten«, antwortete Katja so unbefangen wie möglich. »Bist du ganz sicher, dass nichts Wertvolles mitgenommen wurde? Man sollte da nicht bloß aufs Geld schauen, Erinnerungsstücke können ja auch einen hohen ideellen Wert haben. Was haben sie denn mitgenommen?«
    »Ich sagte doch bereits, dass nichts Wichtiges fehlt.«
    »Haben die Einbrecher womöglich etwas mitgenommen, dessen Verlust du nicht zugeben willst?«
    Ingrids argwöhnischer Blick bohrte sich in Katjas Augen. »Fängst du schon wieder mit deinen unbegründeten Beschuldigungen an?«, fauchte sie. Man sah ihr an, wie Zorn, Fassungslosigkeit und Empörung in ihr rangen – dann schrie sie plötzlich: »Raus! Raus hier, sofort!«
    Katja wandte sich ab. Mit Müh und Not gelang es ihr, sich zu beherrschen und ihre Schwiegermutter nicht als alte Nazihexe zu beschimpfen.
    Sie warf die Haustür hinter sich zu und ging davon.
     
    |253| Rashid spürte, wie sich Schweißtropfen auf seiner Stirn bildeten, ob er wollte oder nicht. Der Schweiß durfte ihm auf keinen Fall in die Augen rinnen.
    Konzentriere dich, sagte er zu sich selbst. Er konnte sich jetzt nicht den geringsten Fehler erlauben.
    Außer durch den situationsbedingten Stress wurde der Schweiß auch durch die Schutzkleidung aus Gummi und den Atemschutz im Gesicht hervorgerufen. Er hätte Saiid oder Utabar bitten sollen, sich mit einem Taschentuch neben ihn zu setzen, dachte Rashid. Das Bild, das er dabei in Gedanken vor sich sah, amüsierte ihn, trotz der prekären Situation: wie Chirurg und O P-Schwester hätte das ausgesehen.
    Rashid öffnete den kleinen Beutel und gab mit einem Teelöffel Uranpulver hinein. Auf dem Tisch lagen mehrere schwere Beutel mit Pulver, die er bereits portioniert und verschlossen hatte.
    Nachdem er die Arbeit beendet hatte, schraubte er den Deckel des Bleibehälters zu. Er hatte das Gefäß nicht ganz leer bekommen, man würde ihn noch mit Wasser ausspülen müssen. Anschließend müsste man das Wasser verdampfen lassen, um auch der letzten Uranpartikel habhaft werden zu können.
    Zum Schluss legte Rashid die Beutel in einen größeren Bleibehälter, zog die Schutzkleidung aus und stopfe sie in den inneren von drei ineinander gestülpten Müllsäcken.
    Saiid und Utabar sahen ihn neugierig an, als er zu ihnen in den Nebenraum kam. Die Vorhänge waren zugezogen, obwohl es zehn Uhr am Vormittag war.
    »Die Dosierung ist erledigt«, sagte Rashid.
    Malek kam herein. »Hier sind die Platzreservierungen«, sagte er und reichte seinen Komplizen Computerausdrucke, auf denen das Logo der Eurostar Group zu sehen war, deren Hochgeschwindigkeitszüge durch den Eurotunnel fuhren.
    Der dritte Ausdruck war die Reservierungsbestätigung für Maleks Flug nach London.

|254| 38
    Seit Katja gegangen war, war Ingrid unruhig und bedrückt. Sie hatte sich angezogen, Lena nach Hause geschickt und eine Tasse starken Tee aus den Blättern von schwarzen Johannisbeeren getrunken.
    Schließlich hatte sie ihren Entschluss gefasst. Mit einem leeren Müllsack in der Hand ging sie in ihr Schlafzimmer zu dem Versteck, das sie ihren »Tresor« nannte, und steckte einige dünne, verstaubte Schnellhefter in den Sack, ohne sich die Mühe zu machen, einen davon aufzuschlagen. Sie waren im Chaosjahr 1945 nicht zerstört worden, und sie durften auch jetzt nicht in Gefahr geraten. Außerdem landete eine externe Festplatte, auf der erst eine Woche altes Material gespeichert war, in dem Sack.
    Ingrid verschloss den Sack mit Klebeband, schlüpfte in ihre Gummistiefel und ging zum kleinen Schuppen am Ende des Gartens. Im Gurkenbeet schien die Erde locker genug zu sein, sodass auch sie mit ihren geringen Kräften tief genug graben konnte.
    Seit dem Einbruch waren ihre Gedanken um ein und dieselbe Frage gekreist: Warum hat der Einbrecher nur alte Unterlagen mitgenommen, warum nicht den Computer, den Schmuck oder Kunstwerke? Und vor allem: Was glaubte der Dieb mit den Unterlagen anfangen zu können?
    Ingrid dankte ihrem Schöpfer, dass sie das Material auf mehrere Verstecke verteilt hatte. Wenn die gestohlenen Unterlagen an die Öffentlichkeit kämen, wäre das peinlich, aber keine Katastrophe.
    Ruhig und zäh grub sie in der Erde. In gewisser Weise kam ihr die ganze Versteckaktion ebenso

Weitere Kostenlose Bücher