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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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sich verstecken will, würde niemals solche Kleidung anziehen«, hatte Sina ihm grinsend versichert. »In ihnen fällst du auf wie ein bunter Hund, bleibst aber unbehelligt!« Und damit hatte sie Recht behalten, auch jetzt musterte ihn gerade wieder ein älterer Herr mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Einen schönen guten Tag, Ser«, strahlte Argor ihn an. »Wollt Ihr Euren Tag nicht noch schöner gestalten, indem Ihr das Haus der Freuden am Schiefertor besucht?«, fügte er laut vernehmlich hinzu.
    Wie Sina ihm schmunzelnd versichert hatte, reichte diese Frage meist aus, um die Sers entsetzt zurückweichen zu lassen. Bis Sina ihm erklärt hatte, was sie und Leonora taten, hatte Argor nicht einmal gewusst, dass es solche Häuser gab. Dass sie und Leonora sich Männern für Gold hingaben, war und blieb für ihn befremdlich, nur verstand er die Gründe der beiden mittlerweile ein wenig besser.
    »Es ist besser, als zu hungern«, hatte Sina ihm lächelnd erklärt. »Und da wir uns unsere Gäste sorgsam aussuchen, ist es auch nicht ganz so schlimm, wie du vielleicht denkst. Wer zu uns kommt, kommt als Freund, nicht als Kunde.«
    »Aber stört dich das denn nicht?«, hatte er gefragt.
    »Irgendwann werde ich mir einen Mann suchen, dem ich ein treues Weib sein werde. Zu seinem Schaden wird es wohl nicht sein«, meinte sie dann schelmisch. »Denn er wird sich nie mehr nach einer anderen umdrehen müssen.« Sie lachte, als sie seinen Blick bemerkte, und fuhr ihm mit der Hand durch die Haare, eine Geste, die Argor ganz und gar nicht leiden konnte und bei der er sich ständig fragte, wieso er sie Sina erlaubte.
    »Weißt du, Argor«, hatte sie noch verschwörerisch hinzugefügt. »Es ist nicht immer alles so, wie es scheint! Manchmal … manchmal ist es einfach leichter, wenn man jemandem nicht alles von sich zeigt, so dass er einen zu kennen glaubt! Es ist ein wenig so wie mit deinen neuen Gewändern! Die dir übrigens ausgezeichnet stehen, wie ich neidlos zugeben muss!«
    Ihr Gespräch hatte ihn etwas ratlos und verwirrt zurückgelassen, aber vielleicht war es ja auch so, wie sein Vater immer sagte, dass man Frauen einfach niemals ganz verstehen konnte!
    Weiter vorne auf der Straße gab es einen Menschenauflauf. Offensichtlich gab es dort etwas zu sehen, das die Leute anlockte, und so warf Argor seinen Apfelbutzen beiseite und folgte seiner eigenen Neugier. Er überlegte noch, wie er es nur anstellen sollte, durch die Menge, die ihm den Weg versperrte, zu kommen, als sich diese auch schon vor einer Gruppe Reiter teilte, die langsam den Weg entlanggeritten kam. Es dauerte einen Moment, bis er verstand, wer soeben an ihm vorbeiritt. Es waren Graf Lindor und einer der Priester Darkoths, begleitet von vier schwer gepanzerten Kavalleristen, die auf dem Weg hoch zur Burg des Grafen von Berendall waren. Und so wie Graf Lindor blickte, handelte es sich dabei wohl kaum um einen Freundschaftsbesuch!
    Als Argor den Grafen zuletzt gesehen hatte, war es Nacht gewesen, und Lindors Brustharnisch hatte vom Blut seines letzten Opfers, Elyras Mutter, schwarz geglänzt. Jetzt, im hellen Licht des Tages, sah der Graf nicht weniger grimmig aus, tiefe Furchen zogen sich durch sein Gesicht, und seine Stirn war in Falten gelegt, als er sich zur Seite beugte, um zu hören, was der Priester Darkoths ihm zu sagen hatte. Zu gefallen schien es ihm nicht, dennoch nickte er knapp, auch wenn er gleichzeitig mit der Hand eine abwehrende Geste machte, als ob er nichts mehr hören wolle.
    Einen Moment lang ruhten die Augen des dunklen Priesters auf Argor, kalt, stechend und schwarz, und Argors Herz begann wie wild zu rasen. Fast rechnete er schon damit, dass der Priester im nächsten Moment seine Hand heben und auf ihn zeigen würde, doch dann wandte der Priester seinen Blick wieder zur Seite, und Argor atmete erleichtert auf, als er den kleinen Trupp gemächlich weiterreiten sah.
    Die Pest soll diese Kerle holen, dachte Argor. Besser noch Darkoth selbst! Mühsam zwang er sich dazu, sich wieder zu entspannen. Schließlich hatte er heute noch so einiges vor.
     
    Der Weg hinunter zum Hafen und zum Markt führte ihn durch ein weiteres befestigtes Tor, dessen Fallgitter wohl schon so lange nicht mehr herabgelassen worden war, dass sich Sand- und Staubverwehungen vor den schweren Torflügeln gebildet hatten. Das Tor selbst war ebenfalls schon lange nicht mehr geschlossen worden. Auch war es nicht bewacht, was Argor erleichtert zur Kenntnis nahm, selbst wenn er

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