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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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in die Schüssel fallen und eilte dann weiter, um sogleich wieder ein paar Schritte rückwärts zu machen, nachdem er an der nächsten Ecke beinahe in den dunklen Priester hineingerannt wäre!
    Dieser hatte sein Opfer nun ebenfalls gestellt … denn es gab keinen anderen Ausgang aus dem Hinterhof, in dem sie sich nun befanden, als die Gasse, die sie gerade gekommen waren. Bis auf eine windschiefe Tür zwischen zwei Häusern, die aber mit einem schweren Riegel und einem Schloss versperrt war.
    Die junge Frau, die der Priester verfolgt hatte, zog an der Tür, die aber um keinen Deut nachgab. Dann drehte sie sich um und blies sich eine rote Haarsträhne aus der Stirn, während sie mit ihren grün funkelnden Augen den Priester beobachtete, der nun einen Schritt näher an sie herantrat.
    »Das wird mir ein Lob unseres obersten Priesters einbringen, Sera«, sprach sie der Priester mit deutlich hörbarer Genugtuung in der Stimme an. »Ihr habt uns lange genug an der Nase herumgeführt, aber heute Nacht werden eure Schreie auf dem Altar die Ohren unseres Gottes liebkosen.«
    »So, meint Ihr?«, erwiderte die junge Frau und richtete sich zu voller Größe auf.
    Argor kam sie bekannt vor, und er war sich sicher, sie irgendwo schon einmal gesehen zu haben, auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte, wo und wann es genau gewesen war. Ein Umstand, der für sich schon seltsam genug war, denn Argor war zu recht stolz auf sein gutes Gedächtnis.
    Die Frau war sauber, wenn auch einfach und schlicht gekleidet. Bluse und Rock waren aus demselben blau eingefärbten Leinen, ein schmaler schwarzer Gürtel betonte ihre schlanke Hüfte. Ein Dolch hing an ihrem Gürtel, auf den sie nun ihre Hand legte und dabei herausfordernd ihr Kinn hob. Ihr Gesicht war klar gezeichnet, mit hohen Wangenknochen, gerader Nase und einem etwas zu großen Mund, ihre schneeweiße Haut mit Sommersprossen gesprenkelt. Argor hatte immer Schwierigkeiten, das Alter von Menschen einzuschätzen, aber das ihre vermochte er beim besten Willen nicht festzustellen. Vielleicht war sie so alt wie Vanessa, oder ein Dutzend Jahre älter … zog man die weiße Strähne in ihrem vollen roten Haar in Betracht.
    Viel wichtiger aber war das schwere Symbol der Mistral, das sie offen auf ihrer Brust trug.
    Eine Priesterin der Mistral hier in Berendall? Aber warum nicht? Schließlich hatten die Vorlande einst zum alten Reich gehört. Nur hatte Argor bislang immer gedacht, dass die Göttin auch den Greifenlanden ihre Gunst entzogen hatte. Nichtsdestotrotz war dies ohne Zweifel eine ihrer Dienerinnen, ebenso wenig Zweifel bestanden an den finsteren Absichten des dunklen Priesters!
    Warum auch immer die beiden Gottheiten miteinander im Zwist lagen, ihre beiden Priester standen sich in diesem Hinterhof nunmehr in tödlicher Feindschaft gegenüber. Und für Argor war ganz klar, dass nur einer von ihnen diesen Ort wieder als Sieger verlassen würde – und auf wessen Seite er selbst stand!
     
    Göttin, dachte er, über sich selbst erzürnt, wie hatte er nur so dumm sein und dem dunklen Priester mit nicht mehr als einem jämmerlichen Dolch bewaffnet folgen können!
    »Ihr solltet die Sera in Ruhe lassen«, teilte Argor dem Priester dennoch entschlossen mit.
    Dieser fuhr erschreckt herum, lachte aber, als er sah, wer zu ihm gesprochen hatte.
    »Kleiner Mann, was wollt Ihr denn tun?«, spottete er. »Mich mit Gemüse bewerfen?«
    So schlecht war die Idee gar nicht, dachte Argor und schleuderte dem Priester mit aller Kraft den schweren Weidenkorb an den Kopf. All seine Wut über das Leid und Elend, das Belior über die Menschen gebracht und sich in ihm aufgestaut hatte, entlud sich nun in diesem Wurf.
    Ein dumpfer Aufprall, und der Priester taumelte zurück, während Kartoffeln, Karotten, zwei Salatköpfe und eine Hand voll Tomaten in alle Richtungen davonflogen. Doch schon im nächsten Moment hatte sich der Priester wieder gefangen.
    »Spüre die Macht meines Gottes und verzweifle!«, rief er mit einer Stimme, die Argor schaudern ließ, während er gleichzeitig bemerkte, wie sich dunkler Rauch an den Händen des Priesters bildete und ein dunkles Leuchten in dessen Augen aufflackerte.
    »Vergisst du da nicht irgendetwas?«, mischte sich in diesem Moment die Sera ein, hob nun ihrerseits die Hände und streckte sie dem dunklen Priester entgegen. Fasziniert beobachtete Argor, wie dabei ein Ärmel ihrer Robe nach hinten rutschte und den Blick auf ein filigran gewobenes Armband aus Gold und

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