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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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interessant es für ihn in den ersten Tagen auch gewesen war, eine Stadt wie Berendall zu erkunden, hatte es doch nicht lange gedauert, bis er ihrer überdrüssig geworden war. Die engen Gassen, der Gestank, die Vielzahl von Menschen, all das war Argor schon jetzt zu viel.
    Das nennt man wohl Heimweh, dachte er und schluckte. Er blieb vor dem Brett stehen und betrachtete die beiden Steckbriefe, die ihn und Knorre zeigten. Wer auch immer der Zeichner gewesen war, er hatte Argor nicht besonders gut getroffen. Ein junger, breitschultriger Mann in Kettenrüstung, mehr war nicht zu erkennen. Das konnte jeder sein. Vorausgesetzt natürlich, er war deutlich kleiner und gedrungener als die meisten Menschen hier.
    Dennoch hatte Argor nicht viel Sorge, dass man ihn erkennen würde, denn er war nicht mehr in die Kettenrüstung gewandet, sondern trug nun Samt und Seide, ganz wie ein vornehmer Herr. Hinzu kam noch der große Weidenkorb in seiner Hand, der sorgfältig mit einem weißen Leinentuch bedeckt war. Sogar sein Bart, der langsam Form annahm, war sauber gestutzt, und Sina hatte ihm das Haar ausgebürstet, schwarz gefärbt und in Wellen gelegt. Selbst sein Vater hätte ihn so nicht wieder erkannt! Und wenn, dachte Argor leicht erheitert, hätte er ihn auf der Stelle enterbt!
    Natürlich hatte er protestiert, aber irgendwie hatte ihn Sina überredet. Es war die Regel, dass ein jeder im Haus mindestens zweimal am Tag badete.
    Nicht, dass er sich vorher nicht auch sauber gehalten hätte, allerdings nur mittels eines Eimers kalten Wassers und einer Bürste, und nicht mit Seife in einer Wanne sitzend, die mit heißem und nach Rosen duftendem Wasser gefüllt war. Wenn er ehrlich war, gefiel es ihm sogar, so sauber zu sein und so gut zu riechen. Wenigstens, solange das Wasser nicht mehr als eine Hand breit in der Wanne stand!
    Zu Hause hätte ihn wohl vor allem Garret gnadenlos deswegen aufgezogen, und Tarlon hätte wahrscheinlich irgendwann eine Bemerkung darüber gemacht, dass Rosen immerhin noch besser riechen würden als öliges Metall und schweißnasse Wolle.
    Argor seufzte, polierte den Apfel am Ärmel seines neuen Gewandes und biss herzhaft hinein, während er den Steckbrief von Knorre musterte, der ihm weit mehr Sorge bereitete als sein eigener.
    Offenbar war Meister Knorre in Berendall nicht ganz unbekannt, denn der Steckbrief nannte nicht nur seinen Namen, sondern zeigte ihn auch überdeutlich, sogar die kleine Warze am linken Nasenflügel der Arteficiers war trefflich wiedergegeben worden. Auf zehn Kroner belief sich die Belohnung, eine fürstliche Summe, wie ihm Sina erklärt hatte. Für eine solche Menge Goldes würde ein Galan von ihr sogar vier ganze Nächte bekommen!
    Zudem stand dort noch zu lesen, dass Meister Knorre ein stadtbekannter Schwindler und Taugenichts war und wegen Mordes an einem Priester des Darkoth gesucht wurde.
    Wider Willen musste Argor lächeln, denn die letzte Zeile würde wohl kaum die erwünschte Wirkung zeitigen. Eher das Gegenteil. Mehr als einmal hatte er schon die Leute darüber tuscheln hören, dass ihnen Meister Knorre einen großen Dienst erwiesen hatte, indem er die Anzahl der Priester Darkoths in der Stadt verringert hatte.
    Das änderte jedoch nichts daran, dass die Stadtwachen an den Toren genau diesen Steckbrief vor Augen hatten. Und an jedem der Tore waren stets vier königstreue Soldaten stationiert, die jeden Passanten mit Argusaugen musterten und sogar die Wagen der Händler durchsuchten. Kein Wunder, dachte Argor, wurde doch jede Woche einer aus ihren Reihen dem dunklen Gott geopfert, und jeder noch so kleine Fehler, der einem Soldat unterlief, konnte dazu führen, dass er selbst der Nächste war, der Darkoth gegenübertreten durfte.
    Außerdem konnten und wollten Knorre und Argor nicht länger hier verweilen. Mit einem Pferd waren es nur vier Tagesreisen bis nach Lytara. Erst gestern hatte Knorre wieder gesagt, dass es noch einiges in Alt Lytar für ihn zu erledigen gäbe, was das allerdings genau war, darüber hatte er sich ausgeschwiegen. Argor wiederum hatte einen anderen, nicht weniger wichtigen Grund. So lange, bis er nicht zurückgekehrt war, musste ihn sein Vater für tot halten.
    Knorre hatte ihm deshalb bereits vorgeschlagen, sich alleine auf den Weg zu machen, da nicht davon auszugehen war, dass ihn einer der Stadtwachen oder von Beliors Soldaten erkennen würde. Schon gar nicht in diesen Kleidern, die vielleicht ein wenig … bunt geraten waren.
    »Jemand, der

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