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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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sondern eher fest gefügte, steinerne Bollwerke, die fast ebenso breit wie hoch waren, mit Verschanzungen und Plattformen für Katapulte oder Ballisten und mit massiven Wehrtürmen an ihren Spitzen.
    Als hätte es noch eines zusätzlichen Hinweises auf die Erbauer dieser Wälle bedurft, fiel Lindors Blick nun auf den Greifen, der über dem massiven Haupttor prangte. Das Wappenzeichen Lytars!
    Nestrok legte sich geschmeidig zu Seite, und Lindors Magen hob sich, aber er war es gewohnt und achtete kaum noch darauf. Wie mächtig mussten die Katapulte des alten Lytar gewesen sein, dass sie solche Bollwerke dafür geschaffen hatten? Still bei sich hoffte er, die Antwort darauf nie am eigenen Leib erfahren zu müssen.
    Doch so mächtig die Mauern aus der Ferne betrachtet auch wirkten, als sein Drache tiefer flog, wurden die Zeichen des Verfalls offensichtlich, auch bemerkte der Graf nur vereinzelt Soldaten auf den Zinnen. Und er wusste nur zu gut, dass es mehr als nur starker Mauern bedurfte, um eine Stadt zu halten. Dazu bedurfte es auch einer Armee, die die Mauern bemannte.
    Dennoch verhielt es sich noch immer so, wie er dem Kanzler schon vor Jahren berichtet hatte: Hielt man Berendall, so hielt man die Vorlande Lytars.
    Ein paar hundert Meter vor dem Osttor der Stadt hatte Beliors Vorhut ihr Lager aufgeschlagen, und etwas weiter davon entfernt auf einem Hügel, im Sattel seiner Reitechse sitzend, sah ein Kronok zu ihnen empor.
    Dort lauerte also bereits Gefahr für Berendall, unübersehbar und allgegenwärtig.
    Sie rief ihm ein anderes Bild in Erinnerung. Das Bild jener Nacht, in der ihn im Moment seiner Schande ein Pfeil getroffen hatte und er durch das Blätterdach des Waldes kurz in das Gesicht und die entschlossenen Augen eines jungen Bogenschützen hatte sehen können. Drei Jungen und ein Mädchen. Der Schock nach dem Einschlag des Pfeils, seine Scham über den Tod der Sera … es war kein gerechter Krieg mehr, wenn man gegen Kinder und Frauen zu Felde zog. Er hatte Nestrok zurückbeordert, ein Befehl, dem der Drache nur widerstrebend Folge geleistet hatte, war er vor Wut und Schmerz über den Pfeil, der ihn zuvor im Auge getroffen hatte, doch fast rasend gewesen.
    Graf Lindor seufzte, als er Nestrok das Signal gab, nahe dem Lager der Vorhut zu landen. Nein, an Mut und Entschlossenheit fehlte es den Menschen von Lytara wahrlich nicht, wäre ihre Lage nur nicht so aussichtslos gewesen!
    Nestrok legte seine Flügel an und fiel wie ein Stein vom Himmel. Wieder hob sich des Grafen Magen. Doch abgesehen davon, dass er dieses Manöver viel zu gut kannte, weilten seine Gedanken noch immer bei den beiden jungen Männern, dem Bogenschützen und dem jungen Mann mit der Axt. Schade, dachte er, dass sie nach all seinen Bemühungen, sie vor den Klauen des Kriegsmeisters in Sicherheit zu bringen, beim Bruch des Dammes ertrunken waren.
    Der Drache breitete seine Schwingen wieder aus, und Lindor wurde dadurch so hart in den Sattel gedrückt, dass ihm das Blut in die Beine sackte. Allein sein regelmäßiges, hart gepresstes Atmen half ihm, bei Sinnen zu bleiben.
    In einer Staubwolke landete der Drache punktgenau in dem abgesperrten Areal unter ihm, und der Graf bemerkte, wie hier und da einer der Soldaten Beliors angstvoll vor ihm zurückwich.
    Ein Leutnant hingegen trat tapfer vor, als Lindor gerade dabei war, die Reitschlingen an seinen Beine zu lösen.
    »Die Gnade der Götter mit Euch, Graf!«, begrüßte der Mann ihn heiser und schluckte, als Nestrok seinen mächtigen Kopf hob und zur Seite schwenkte, um ihn näher zu betrachten.
    Richtig, dachte der Graf, mit einem Blick auf die Stadt, bitter, als er seine schweren Handschuhe auszog und geschickt von Nestroks gepanzertem Rücken glitt, es gab wohl eine Menge Menschen, welche die Gnade der Götter gut gebrauchen konnten. Allerdings schien ihm diese in letzter Zeit rar gesät zu sein.
    »Und mit Euch«, antwortete der Graf knapp. »Lasst zwei Kühe heranschaffen, damit er etwas zu fressen hat, und führt mich zur Kommandantur!«
    Der Mann salutierte, gab die Anweisung zur Fütterung des Drachen weiter und führte den Grafen dann sogleich quer durch das Lager zu einem Holzgebäude, das sich auf einem niedrigen Hügel in der Mitte des Lager befand. Schon auf dem Weg dorthin stachen dem Grafen mehrere Dinge ins Auge, die zu beanstanden waren, gleichzeitig ärgerte es ihn jedoch, dass er sich darüber überhaupt noch aufregte.
    Vor der Kommandantur wurde Lindor steif von Oberst

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