Das Erbe des Greifen
Stadtwachen, selbst wenn er zudem noch die Miliz aushebt, kommen nicht mehr als noch einmal fünfhundert dazu. Und was will er mit siebenhundert Mann gegen Beliors Soldaten ausrichten?«
»Nicht allzu viel, vermute ich«, meinte Garret.
»Ich bin nicht der Einzige, der wünscht, es wäre anders, Ser Garret«, entgegnete der Wirt. »Glaubt mir, nichts wäre mir lieber.« Er verzog das Gesicht. »Nur bedürfte es dazu eines Heeres.«
»Ich frage mich gerade«, überlegte Garret und sah dabei nachdenklich die Bardin an, »ob es dazu wirklich eines Heeres bedarf.«
»Wie meint Ihr das?«, wunderte sich der Wirt.
»Keinem Land tut es gut, wenn es mit Krieg überzogen wird«, erklärte Garret. »Die, die in der Schlacht fallen, sind selten auch diejenigen, die in die Schlacht ziehen wollten. Es gibt nur einen, der diesen Krieg will und sucht. Und das ist Belior. Also muss man ihn dazu bringen, seine Hände nicht länger nach diesen Landen auszustrecken. Mehr braucht es nicht.«
»Darf ich fragen, wie Ihr das bewerkstelligen wollt?«, fragte Hiram höflich, aber mit zweifelndem Unterton.
»Darüber denke ich noch nach«, grinste Garret. »Aber Ihr werdet es erfahren, sobald ich es weiß!«
Die Bardin räusperte sich.
»Wir sind noch aus einem anderen Grund hier, mein alter Freund«, begann sie dann mit einem missbilligenden Blick auf Garret. »Wir brauchen Informationen, auch wenn Ihr uns schon das Meiste von dem, was wir wissen wollten, berichtet habt. Eine Gesandte des Greifen ist unterwegs, um bei den örtlichen Adligen der Vorlande um Unterstützung zu werben. Was meint Ihr, könnte ein solches Unterfangen Erfolg haben?«
»Nur, wenn es Euch gelingt, den alten Grafen zu überzeugen«, antwortete der Wirt. »Denn die anderen Barone werden ihm in seiner Entscheidung folgen.« Hiram runzelte die Stirn. »Bislang heißt es, dass der alte Mann keinen Krieg will. Aber entscheidet er sich für den Krieg auf der Seite des Greifen …« Er zuckte mit den Schultern. »Ich denke, wie gesagt, die meisten Barone würden ihm folgen.«
Garret legte seinen Kopf schräg.
»Warum muss nur immer alles so kompliziert sein?«
»Es ist der Lauf der Welt, dass die Dinge nicht einfach sind«, der Wirt. »Doch nun hätte ich noch eine Frage an euch.«
»Nur zu«, lächelte die Bardin.
»Nun, wenn Beliors Truppen euch überfallen haben, weshalb befindet ihr euch dann nicht auf der Flucht? Oder habt ihr euch seinem Willen unterworfen?«
Garret sah überrascht auf.
»Unterworfen? Nein, guter Mann, wir haben seine Truppen dem Erdboden gleichgemacht.«
»Ich denke, dass der Wirt unserem Freund wohl nicht so ganz geglaubt hat«, unterbrach der alte Mann seine Erzählung. »Jedenfalls schien er danach abgelenkt und hatte es ziemlich eilig, unsere Freunde wieder loszuwerden. Aber er gab ihnen zwei Zimmer und teilte ihnen mit, dass die Münze der Bardin in seinem Haus nicht erwünscht sei und sie seine persönlichen Gäste wären. Danach wünschte er ihnen den Segen der Götter und verabschiedete sich rasch. Tarlon sah ihm nachdenklich hinterher, doch die Bardin lachte nur und sagte, er wäre schon immer so gewesen. Also gingen sie auf ihre Zimmer. Die Frauen waren müde und wollten sich ausruhen, ein Wunsch, den Tarlon durchaus teilte, doch Garret bestand darauf, dass er und Tarlon sich zuvor noch etwas im Gastraum umhören sollten, um vielleicht das eine oder andere zu erfahren. Etwas widerwillig folgte Tarlon seinem Freund, der zu seiner Freude den Zeugmeister der Königlichen allein an einem Tisch in der Gaststube sitzend vorfand. Und während sich Garret, mit einem Würfelbecher bewaffnet, sozusagen selbst an den Tisch des Zeugmeisters einlud, bestellte Tarlon ein Bier und machte es sich danach neben ihm auf der Bank bequem. Von dort aus hatte er einen guten Blick auf den Tisch der beiden Soldaten, die bei ihrer Ankunft ein Auge auf die Bardin geworfen hatten …«
Freund und Feind
»Ihr habt heute wohl kein Glück, mein Freund«, grinste der Zeugmeister etwas später, nachdem er nun zum wiederholten Male an diesem Abend gewonnen hatte. Garret sah die Kupferstücke in die Börse des anderen wandern und lächelte schief.
»So geht es mir ständig«, jammerte er dann. »Auf der Farm meines Vaters bin ich auch immer derjenige, der in die Kuhfladen tritt … und das auf einer Weide, die schon lange keine Kühe mehr gesehen hat.«
Der Zeugmeister nickte und seufzte. »Ich kenne das Gefühl«, vertraute er Garret an.
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