Das Erbe des Greifen
immer wieder aufeinander einstechend miteinander, bis sie schließlich das Gleichgewicht verloren und die Treppenstufen hinabfielen.
Sie landeten direkt neben den Freunden auf dem Boden, und einer der Männer sah noch verwundert zu den beiden Freunden hoch, danach ging ein Zittern durch seinen Körper, und er lag still.
Tarlon trat schweigend einen Schritt zurück, als sich Blut auf den dreckigen Steinplatten ausbreitete, und warf einen langen nachdenklichen Blick zum oberen Treppenabsatz hinauf, der völlig im Dunkeln lag. Dann zog er den verständnislos dreinschauenden Garret zurück zu ihrem Tisch, während in der Gaststube ein Tumult losbrach, weil jeder zweite Gast einen Blick auf die Toten zu erhaschen versuchte und lautstark darüber diskutiert wurde, was soeben geschehen war.
Garret griff nach seinem Humpen und nahm einen tiefen Schluck. »Was, bei der Göttin, war das gerade?«, fragte Garret ungläubig und warf einen Blick zur Treppe zurück. »Später«, meinte Tarlon leise. Im gleichen Moment sprang die Tür zur Gaststube auf, und ein Soldat der Stadtwache eilte herein.
Garret nahm einen weiteren tiefen Schluck, und beide sahen schweigend zu, wie der Soldat sich seinen Weg zu den beiden Toten bahnte.
Scheinbar hatte ein jeder hier im Raum gesehen, was geschehen war, nur ein jeder erinnerte sich anders. An allen Tischen wurde wild spekuliert, bis Hiram schließlich erschien und mit donnernder Stimme Ruhe befahl und die schaulustigen Gäste an ihre Tische zurückscheuchte.
»Ich verstehe noch immer nicht, was sich soeben ereignet hat! Willst du mich nicht endlich aufklären«, beschwerte sich Garret bei Tarlon.
»Du hast es doch gesehen. Der eine griff den anderen an, dieser wehrte sich, und sie haben sich gegenseitig umgebracht. Nicht ganz so elegant, wie die von mir vorgeschlagene Lösung, aber auch nicht schlecht.«
Garret musterte seinen großen Freund misstrauisch.
»Hast du etwas damit zu tun gehabt?«
»Nein«, teilte ihm Tarlon entschieden mit. »Das Einzige, was ich dir sagen kann, ist, dass die beiden Soldaten innerhalb eines Atemzugs eine derartige Wut und solch einen Zorn aufeinander empfunden haben, dass sie nichts anderes mehr wollten, als einander umzubringen. Es war wie … wie eine Flutwelle.« Er sah Garret bedeutsam an. »Eine Welle des Hasses und des Zorns, die nicht aus ihnen selbst heraus entstand.«
»Also …«, flüsterte Garret und versicherte sich nach links und rechts, ob ihnen auch niemand zuhören konnte. »Also war es Magie?«
»Eine Form davon«, nickte Tarlon bedächtig. »Ähnlich meinen Fähigkeiten.«
Garret sah ihn prüfend an, doch Tarlon schüttelte leicht den Kopf. »Ich sagte dir doch, dass ich nichts damit zu tun habe. Ich vermag ja gerade einmal mit Mühe, ein paar Emotionen zu erspüren! Und wer auch immer diesen Hass losgetreten hat, ist im Vergleich zu mir ein Meister seiner Kunst!«
Er warf erneut einen Blick zum oberen Treppenabsatz, als ob er jederzeit erwarteten würde, jemand von dort herunterkommen zu sehen. Tatsächlich kam auch jemand, doch es war nur der Zeugmeister, der sich noch im Gehen sein Schwert umschnallte. Es sah etwas zerzaust aus, als hätte er bereits im Bett gelegen und sich hastig wieder angekleidet. Er fragte die Leute etwas, erhielt Antwort, und sah dann mit zusammengezogenen Augenbrauen auf die beiden Toten herab. Die Freunde konnten nicht alles von dem, was er sagte, verstehen. Nur ein » … kann ich nur dazu sagen, dass es nicht schade ist, um diese …«, danach drehte sich der Zeugmeister wieder um und ging zurück auf sein Zimmer. Schweigend sahen Garret und Tarlon zu, wie der Soldat der Wache die anderen Gäste befragte und die beiden Leichen wenig später hinaustragen ließ.
Eines der Schankmädchen wischte mit angeekeltem Gesichtausdruck die Blutlache vom Boden auf, und kurz danach war wieder alles, als ob niemals etwas geschehen wäre, nur dass man an den meisten Tischen noch kopfschüttelnd und ungläubig über den Vorfall diskutierte.
»Du meinst also, jemand hat sie umgebracht. Mit … Gedanken?«, begann Garret von Neuem.
»Mag sein. Auf jeden Fall denke ich, dass jemand sehr viel Erfahrung darin besitzt, wie man mit solchen Problemen umgeht«, antwortete sein großer Freund bedächtig.
»Und wer?«
»Wen kennst du denn, der so viel Erfahrung im Umgang mit Menschen hat und kaum dazu bereit gewesen sein dürfte, den beiden als Opfer zu dienen?«
»Die Sera Bardin?«, fragte Garret ungläubig. »Aber wie?
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