Das Erbe des Loewen
dass sein Stuhl gegen die Wand krachte. „Der alte Betrüger. Wahrscheinlich liegt er nicht einmal im Sterben.“ Lauthals fluchend stürmte er davon.
„Oh, hat er aber ein Temperament“, flüsterte Nesta in die Stille hinein, die auf Kierans wilden Abgang folgte.
„Ja. Er hat es von seinem Großvater geerbt. Obgleich dieser bereits ein alter Mann war, als ich geboren wurde, waren die Wutausbrüche von Laird Lionel gefürchtet.“
„Solltet Ihr ihm nicht folgen?“ fragte Nesta.
„Der Einzige, der sich dabei Schmerzen zufügt, ist Kieran selbst.“
„Wahrhaftig? Er sieht so Furcht erregend aus mit seinen wilden Haaren und den zornig blickenden Augen. Und er hat Euch gepeitscht“, erinnerte ihn Nesta.
„Zwei Hiebe, die kaum meine Haut berührten, da ich einen Befehl nicht befolgte. Um einen Trupp von Söldnern zusammenzuhalten, bedarf es eines harten Mannes.“
„Und ist Kieran ein harter Mann?“
Rhys lächelte. „Er möchte, dass die Menschen es glauben.“ Sein Lächeln schwand auf ihren fragenden Blick hin. „Kieran war nicht immer so. Als er fünfzehn war, erfuhr er, dass das Paar, von dem er dachte, es wären seine Eltern, in Wahrheit seine Tante und sein Onkel waren, Meg und Ross Carmichael. “ „Carmichael? Doch er selbst nennt sich Sutherland.“
„Er ist ein Bastard. Der Sohn von Megans Schwester Siusan Sutherland und Ross’ Bruder, Lion Carmichael. Er fühlte sich von seiner Familie betrogen. Verließ sein Zuhause und kehrte niemals zurück. “
„Betrogen worum?“ Nesta beugte sich vor.
„Er denkt, Ross hätte seinen Vater getötet, um selbst Laird des Carmichael Clans zu werden.“
„Ah.“ Nesta blickte auf ihre lärmenden Clansleute. „Ich habe von solchen Dingen gehört, doch wir sind alle so eng miteinander verwachsen, dass wir nur schwer verstehen können, was Bruder gegen Bruder aufbringt.“
„Üblicherweise steckt Gier dahinter.“
„Gier hat auch hier im letzten Jahr beinahe eine Tragödie ausgelöst. Laurels Gemahl hatte versucht, Collie und Vater zu töten, um über Edin herrschen zu können.“
„Laurel ist verheiratet? Verdammt, ich dachte ... hoffte ...“ „Sie ist Witwe. Glücklicherweise haben Laurel und ihr Hund Aulays Pläne vereitelt ... für immer.“ Sie lächelte. „Vater versucht sich als Ränkeschmied, um Kieran und Laurel zusammenzubringen. Und ich glaube, er könnte damit Erfolg haben, bedenkt man die Art und Weise, wie die beiden sich gegenseitig anblicken.“
„Wenn sie sich nicht gerade zanken.“ Rhys lachte stillvergnügt vor sich hin. „Zwischen den beiden sprühen mehr Funken als in einem Sommergewitter. Ich fürchte, das ist keine leichte Aufgabe.“
„Ja. Ihr Stolz und sein Temperament.“
„Er behauptet, er wolle niemals ein Weib freien.“
„Niemals?“ Nesta blinzelte. „Doch was ist mit Kindern? Die meisten Männer möchten Söhne, um ihnen zu vererben, was sie zu Lebzeiten angehäuft haben. “
„Ja, nun, vielleicht eines Tages.“
„Sie sind zwei verwundete Seelen“, sagte Nesta.
„Lady Laurel verwundet? Sie scheint so erfüllt mit Leben.“ „Sie ist nicht diejenige, die in ihren Sorgen schwelgt, obwohl sie genug davon hat. Der Tod der Eltern, Aulays Verrat. Doch sie ist in ihrem Herzen eine Heilerin und denkt an andere zuerst anstatt an sich selbst.“
„Kieran bedarf solch einer Heilung“, sagte Rhys langsam. „Vielleicht sollten wir Duncan zur Hand gehen bei seinem Versuch, eine Ehe zu stiften.“
Nesta lächelte und blickte Rhys unter herabgesenkten Lidern an. „Ich würde sehr gerne mit Euch Zusammenwirken bei solch einer wertvollen Sache.“
„Und ich mit Euch.“ Er hob ihre Finger an seine Lippen, küsste sie und gab sie nicht sofort wieder frei. „Wenn sie nur halb so bezaubernd ist wie ihre Tante, hat er keine Chance.“
„Es geht mir gut, Großvater“, beharrte Laurel. „Nur ein kleiner Kratzer in meinem Nacken.“ Und ein Schmerz in ihrem Innersten, der nicht weichen wollte. Wie sollte sie Kieran entgegentreten, nach allem, was zwischen ihnen in den Ställen vorgefallen war? Zu erregt, um ruhig zu sitzen, durchstöberte sie das Krankenzimmer. Die Fensterläden waren geöffnet und ließen frische Luft und den Gesang der Vögel aus dem darunter liegenden Obstgarten in den Raum. Doch diesmal verfehlten der gewohnte Klang und die Düfte ihre Wirkung.
„Ich hätte die Bäume fällen sollen“, sagte Duncan.
Laurel hielt in der anderen Ecke des Gemachs inne und betrachtete den Saum
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