Das Erbe des Loewen
Burschen haben ihn vor einer kurzen Weile in die Kapelle getragen. Er saß in einem schweren Stuhl, eingehüllt in viele Decken, so dass er uns beschuldigte, wir wollten ihn bei lebendigem Leibe braten.“
Laurel lachte vergnügt vor sich hin. „Dann sollten wir uns auf den Weg machen. Ich möchte nicht, dass er warten muss.“ Noch konnte sie es selbst erwarten. Eine sanfte Brise zerrte an einer losen Haarlocke, als sie Ina in Marsch setzte. Laurel hob das Gesicht gen Himmel und nahm die Wärme der Sonnenstrahlen auf. Der schrille Wirbel der Dudelsäcke hob ihre Lebensgeister noch mehr, denn er erinnerte sie daran, dass sie eine MacLellan war. Gleichgültig, was geschah, eine MacLellan stellte sich einer Herausforderung. Und sich mit Kieran zu vermählen war eine Herausforderung.
Dieser Gedanke bestärkte Laurels Entschlossenheit auf dem Ritt zur Kirche, einem kleinen Steingebäude, das sich schmal gegen den Berghang lehnte. Noch älter als Stratheas war sie vom ersten MacLellan erbaut worden, einem Kreuzritter, der verwundet nach Edin Valley gekommen war und von einer rothaarigen Hexe, die in den Hügeln lebte, gesund gepflegt wurde. Er hatte sie geheiratet und mit ihr den Clan begründet, der seither hier lebte.
„Das ist eine Kirche?“ sagte eine bekannte Stimme, als sie die Zügel vor dem Gebäude anzog. „Sieht heidnisch aus“, fügte Kieran hinzu.
„Das ist sie auch zum Teil. Meine Vorfahren haben sie erbaut“, sagte Laurel stolz. „Er war ein Ritter, sie eine Hexe. Er baute die Kirche aus Dankbarkeit, dass Gott ihn nach Edin und zu ihr geführt hatte, doch Guennas Familie glaubte an die alte Religion, und so wurde eine Übereinkunft für beide Seiten gefunden.“
„Halt.“ Nesta drängte sich zwischen sie. „Es bedeutet Unglück, vor der Vermählung zueinander zu sprechen.“
Kieran sagte: „Dann werde ich ihr das ohne weitere Rede geben.“ Er warf ihr ein kleines Päckchen in den Schoß und stieg ab. Plötzlich war sie sich bewusst geworden, dass er den Surkot nicht trug, den sie ihm genäht hatte.
„Kieran, wo ist der ...?“
„Laurel!“ Ihre Tante legte warnend die Hand auf ihren Arm, dann bat sie Geordie vorzutreten, um sie aus dem Sattel zu heben. Laurel konnte gerade noch das Geschenk Kierans davor bewahren, auf den Boden zu fallen. Sie warf einen raschen Blick darauf. Es hatte die Größe einer Walnuss und war ebenso hart, eingehüllt in ein Stück schwarzer Seide.
„Du kannst es dir später ansehen“, wisperte Nesta. „Die Kirche ist mit Menschen gefüllt, und es ist so heiß darin, dass ich fürchte, wir alle werden umkommen, wenn wir uns nicht beeilen.“
Laurel dachte an ihren Großvater und nickte. Sie steckte das geheimnisvolle Geschenk in ihren Beutel und sah zu, wie Kieran an die Kirchenpforte trat. Seinen langen Schritten und dem entschlossenen Ausdruck konnte man entnehmen, dass auch er die Zeremonie so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte.
Collie verwehrte ihm den Eintritt an der Schwelle. Er trug eine Tunika aus blauer Wolle und ein schwarzes Beinkleid, seine lockige Mähne war mit einem Lederriemen nach hinten gebunden. „Nachdem dir unsere Bräuche unbekannt sind, hat Tante Nesta mich gebeten, den Brautführer zu machen.“ Mit diesen Worten beugte er sich hinab und löste die Riemen von Kierans linkem Stiefel.
„Was, zum Teufel?“ Kieran fuhr zurück.
„Du musst die Riemen lösen, sonst werden die Hexen einen bösen Bann auf deine Vermählung mit meiner Schwester werfen“, sagte Collie mit ernster Mine.
Kieran fühlte, wie seine Lippen zu zucken begannen, und bemühte sich, dagegen anzukämpfen. Zur Hölle. Er wollte an seinem Unwillen festhalten, wollte sich abseits halten von der ganzen verdammten Angelegenheit. Doch der Sonnenschein, die wohl bekannten Töne der Dudelsäcke, die ihn verfolgten, die Jubelrufe dieser einfachen Menschen in ihren besten Kleidern, die ihm Wohlergehen wünschten, hatten sich gegen ihn verschworen. Und da war auch Laurel.
Die schöne Laurel, deren Haar wie Flammen leuchtete, wenn das Sonnenlicht darauf fiel, mit einem Lächeln, das ihren trefflichen Körper überstrahlte. Ihr Gewand betonte das Blau ihrer Augen und unterstrich die Formen ihrer Brüste und Hüften. Der Anblick raubte ihm den Atem. Es ist nur schiere Lust, sagte er sich selbst, doch er wusste, die Gefühle für sie lagen tiefer. Das Verlangen, das sie zuerst in ihm geweckt hatte, war nun begleitet von anderen Empfindungen ... Achtung vor ihrem
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