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Das Erbe des Loewen

Titel: Das Erbe des Loewen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Barclay
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aufnehmen würde, dass du sie fortgeschleppt hast“, sagte Rhys und lächelte.
    Kierans Blick verdüsterte sich, als er zu Laurel sah, doch wenn sie die Worte gehört hatte, so gab sie kein Anzeichen dafür von sich. Ihre Aufmerksamkeit war auf das gerichtet, was auch immer vor ihnen liegen mochte. „Ich konnte nicht zulassen, dass mein Weib vor allen Blicken entblößt wird.“
    „Ah, dann ist sie also dein Weib?“
    „Ja. Trotz meiner schönen Worte scheine ich genauso schwach zu sein wie mein Vater.“
    „Liebe ist keine Schwäche“, beharrte Rhys.
    „Für mich schon.“
    „Ich verstehe“, sagte Rhys betrübt und wandte sich ab.
    Kieran seufzte, machte aber keinen Versuch, darüber zu reden. Nun war nicht der Augenblick, von unwichtigen Streitigkeiten abgelenkt zu werden. Sein Blick wanderte zu Laurel. Ihr zartes Gesicht und die behandschuhten Finger waren alles, was er von ihr sehen konnte. Ihr schlanker Körper war unter einem Umhang mit Kapuze verborgen. Darunter trug sie eine Helmkappe, das Kettenhemd und den Dolch, der einst ihrem Vater gehört hatte. Gott möge verhüten, dass sie ihn benutzen muss.
    Laurel schien sich seiner Gegenwart nicht bewusst zu sein und ritt durch das Gehölz zwischen Bäumen, Adlerfamen und gefährlichen Tiefen entlang. Sie folgte einem kaum wahrnehmbaren Pfad. Kein Wunder, dass es meinen Männern nicht gelungen ist, die Wegelagerer ausfindig zu machen, dachte Kieran, als sie höher den Hügel hinanstiegen. Unter ihnen zog dichter Nebel durchs Tal. Stille umgab sie, bloß unterbrochen von entferntem Donnergrollen.
    Sie waren über eine Stunde geritten, als Laurel am Rande einer tiefen Schlucht anhielt. Nebelschwaden zogen zwischen den riesigen Felsbrocken vorbei. Durch das Raunen des Windes in den Baumwipfeln drang das Rauschen von Wasser. „Das Lager ist auf der anderen Seite.“
    „Warum bist du so sicher?“ fragte Kieran.
    Sie wandte sich ihm zu, die Augen wie zwei glühende Punkte, die blassen Züge aufs Äußerste angespannt. „Ich weiß es.“
    O Laurel, du bedeutest mir so viel. Das Bedürfnis, sie an sich zu ziehen, schmerzte Kieran, er wollte sich entschuldigen, dass er ihre Familie benutzte und ihr letzte Nacht wehgetan hatte. Doch dafür war keine Zeit. Stattdessen richtete er seine Gedanken auf den bevorstehenden Angriff.
    Wo waren sie? Was war geschehen?
    Laurel saß auf einem Fels am Rande der Schlucht und sah auf den gegenüberliegenden Abhang. Sie versuchte, das Gehölz mit dem Blick zu durchdringen. Doch alles, was sie sah, waren Äste und Laubwerk. Warum war ihre Gabe so unbestimmbar?
    Verängstigt und enttäuscht stand sie auf und begann, auf dem Felsenvorsprung auf und ab zu gehen. Es schien eine Ewigkeit verstrichen zu sein, seit Kieran und die Männer die Schlucht hinabgeritten waren und in dem immer dichter werdenden Nebel darin verschwunden waren wie Gespenster. Warum dauerte es so lange? Hatten sie Schwierigkeiten, das Lager zu finden? Hätte Kieran sie doch nur mitgehen lassen, sie hätte sie geradewegs hingeführt.
    „Du bleibst hier“, hatte er befohlen. Sie hatte widersprochen und gedroht, dass sie nachkommen würde. „Nein. Das wirst du nicht tun, denn ich lasse Martin hier, der für deine Sicherheit sorgen wird.“
    Das wollte Laurel nicht zulassen. „Du brauchst jeden Mann, den du ... “
    „Ich muss dich in Sicherheit wissen.“ Er hatte sie an den Schultern ergriffen, und sie hatte die wilden Augen im Schatten seines Visiers erblickt. „Ich könnte mein Augenmerk nicht auf den Kampf richten, wenn ich dich in Gefahr wüsste.“
    „Warum?“ gelang es Laurel zu fragen.
    Er hatte die Augen kurz geschlossen. Als er sie wieder öffnete, waren sie dunkel vor Gefühl. „Dafür ist jetzt keine Zeit.“
    „O Kieran. Wenn du nur ...“
    „Ssch.“ Er hatte sie geküsst. Ein harter, rascher Kuss. Sie schmeckte Angst und Verzweiflung auf seinen Lippen, ehe er sich von ihr löste und zu den anderen ging.
    „Geh mit ihm“, wisperte sie Martin zu. „Geh mit ihm, und beschütze ihn für mich. Ich werde mich von diesem Ort nicht fortbewegen“, fügte sie hinzu, als der Krieger ihr zu widersprechen begann. „Folge ihnen. Und steh deinem Herrn nahe und schütze ihn gut, denn er wird dich brauchen.“
    Der Soldat war mit solch einer Eile bemüht zu gehorchen, dass sie lächeln musste. Ich hoffe, dass es dem alten Mann nicht die Peitsche einbringt, dafür, dass er den Befehl missachtete, dachte Laurel, als sie die Felswand entlangblickte.

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