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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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hatte? Den Daubenys? Oder Caleb? Oder sich selbst?
    Carol erzählte ihr von ihrem Freund und ihrer trostlosen Arbeit in einem Eisenwarengeschäft in Romsey. »Darren macht manchmal ein bißchen Quatsch, aber eigentlich ist er ganz in Ordnung. Und meine Arbeit ist so langweilig, wenigstens hab ich mit ihm ein bißchen Spaß. Er hat ein Motorrad, Romy. Er will sich mit mir verloben, aber Mam erlaubt’s mir nicht.«
    Ein Weilchen ließ Romy sich von ihren quälenden Gedanken ablenken. Ihr war, als hörte sie sich selbst in diesen zornigen Klagen einer Achtzehnjährigen über die Ereignislosigkeit des Lebens.
    »Liebst du Darren denn?«
    Carol überlegte einen Moment, das Geschirrtuch in der Hand. »Ich weiß nicht. Aber es ist so stinklangweilig hier, Romy. Wenn ich ihn heiraten würde, hätte ich vielleicht wenigstens meine eigene Wohnung.«
    Carol brachte Gareth ins Bett; Ronnie ging zum Spielen hinaus. Martha war auf dem Sofa eingenickt. Romy trat vors Haus. Sie war gerade dabei, die Spielsachen im Garten einzusammeln, als sie den blauen Lieferwagen um die Ecke kommen sah. Ihr Herz klopfte aufgeregt. Er durfte nichts davon erfahren. Er durfte nie erfahren, was sie getan hatte. Er brauchte es nicht zu wissen, und es gab keinen Grund, warum er es je herausfinden sollte.
    Der Lieferwagen hielt vor dem Gartentor an. Die Bälle und die Schläger und die Cowboyhüte fielen ihr aus den Händen. Sie rannte ihm entgegen.
    »Caleb«, sagte sie und begann zu weinen. »Jem –«
    »Ich weiß. Jake hat es mir gesagt.«
    »Jake?«
    »Ja, ich habe ihn angerufen. Er hatte es schon gehört. Du weißt doch, Jake hat seine Ohren überall. Er hat dich gesucht, aber du warst weder in deiner Wohnung noch im Hotel. Ich dachte mir, daß du vielleicht hierhergefahren bist, um bei deiner Mutter zu sein.« Er schüttelte den Kopf. »Der arme Jem. Es tut mir so leid, Romy.«
    Swanton Lacy und Evelyn Daubeny waren endlich vergessen, verdrängt vom Bild Jems, wie sie ihn zuletzt in seiner Zelle gesehen hatte – ein Lächeln im Gesicht und Hoffnungslosigkeit im Blick.
    »Es war meine Schuld«, sagte sie. »Wenn ich ihn nicht gedrängt hätte, zur Polizei zu gehen …«
    Er ergriff ihre Hand. »Gibt’s hier irgendwo ein Plätzchen, wo wir allein sein können?«
    Sie schaute sich um. Nachbarn standen in ihren Vorgärten und warfen immer wieder einmal interessierte Blicke zu ihnen hinüber. Romy dachte an das schäbige Wohnzimmer: Martha volltrunken auf dem Sofa und Dennis, der jeden Moment aus dem Pub heimkommen mußte.
    »Ja, ich weiß was«, sagte sie.
    Unterwegs den Hang hinunter berichtete sie ihm vom Prozeß; von der Polizei, den Zeugen, dem verzerrten Bild, das sie alle wiedergegeben hatten. »Jem hatte überhaupt keine Chance, Caleb«, rief sie erregt. »Sie haben ihm keine Möglichkeit gegeben, etwas zu erklären. Ray Babbs hat gelogen – das weiß ich genau.«
    Sie erreichten den kleinen Wald, wo vor Jahren Liam Pike sie zu einer Autofahrt abgeholt hatte. Der runde Teich war in der Sommerhitze geschrumpft, dunkel spiegelten sich die Bäume im Wasser. Dichtes Gebüsch aus Weißdorn und Brombeersträuchern schirmte sie von der Straße ab. Dohlen stiegen krächzend aus den Baumwipfeln auf.
    »Es war meine Schuld«, wiederholte sie. »Ich hätte wissen müssen, was passieren würde – ich hätte wissen müssen, was alle glauben würden. Ich muß dauernd an ihn denken, Caleb. Jem haßt es, eingesperrt zu sein. Er hält es nicht einmal aus, in einem Büro zu arbeiten. Wie konnte ich nur so dumm sein –«
    »Stopp«, unterbrach er sie energisch. Er nahm sie bei den Oberarmen. »Hör auf damit, Romy. Es war nicht deine Schuld. Du hast getan, was du konntest. Du hast nichts falsch gemacht.«
    »Doch, ich –«
    »Du hast nichts falsch gemacht«, sagte er noch einmal.
    Sie dachte an Evelyn Daubeny und wandte sich ab. Er küßte ihren Hals, und sie schloß die Augen, ließ alles andere versinken. »Jem steht das schon durch«, sagte er. »Ganz bestimmt, Romy.« Er streichelte ihren Rücken, seine Lippen liebkosten ihren Nacken. »Denk jetzt nicht mehr daran. Im Moment kannst du sowieso nichts tun.«
    Er zog sie an sich, sein Körper schien mit ihrem verschmelzen zu wollen. Sie fühlte die Hitze seiner Haut unter ihren Händen und die straffen Konturen der Muskeln und Sehnen. Etwas in ihr entzündete sich und fing Feuer, brannte so wild und heftig, daß alle Erinnerung an die Ereignisse des Tages in Flammen aufging.
    Knöpfe sprangen auf,

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