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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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hast deinen Tee gar nicht getrunken, Osborne.« Er setzte sich wieder. »Ich wollte dann sagen: warum gerade Betty Hesketh und nicht einer der anderen Pächter?«
    »Keine Ahnung.« Er zog an seinem Kragen. »Ich weiß es nicht mehr.« Wieder fragte er: »Was wollte sie hier? Was wollte diese Romy Cole?«
    Evelyn hatte starkes Herzklopfen, aber sie wußte, daß sie trotzdem ruhig wirkte, beinahe desinteressiert. Sie sagte langsam: »Sie hat mir aufgetragen, dich zu fragen, ob du manchmal an die Familie Cole denkst. Und sie hat mir erzählt –« sie zwang sich, ihm ins Gesicht zu blicken – »sie hat mir erzählt, daß du mit Betty Hesketh ein Verhältnis hattest, Osborne.« Er saß ganz reglos, wachsam. »Ist das wahr?«
    Er stieß einen Laut entrüsteten Protests aus. »Natürlich nicht. Das ist absurd!«
    »Das dachte ich zuerst auch. Aber dann sagte sie – die junge Frau –, Betty Hesketh habe es selbst zugegeben.«
    »Betty –« Die entrüstete Attitüde fiel in sich zusammen. Er wirkte erschrocken.
    »Das hat Miss Cole mir gesagt.«
    »Ich verstehe nicht, wieso du ihr glauben –«
    »Und ich weiß nicht, warum sie lügen sollte. Ja, ich glaube ihr, Osborne. Sie war leider recht überzeugend.« Mit gerunzelter Stirn sah sie wieder in ihre Tasse hinunter. »Es stimmt, nicht wahr?«
    Er schwieg.
    »Sag mir die Wahrheit, Osborne. Du mußt es mir sagen.«
    Die unwirkliche Ruhe hatte sie verlassen. Ihre Stimme drohte zu versagen.
    Am Ende sagte er: »Es ist ewig her. Und es war nur ein- oder zweimal.«
    Sie fühlte sich wie betäubt, als hätte er ihr einen körperlichen Schlag versetzt. Bei Osborne hingegen meinte sie Erleichterung zu spüren, die Erleichterung nach der Beichte vielleicht, als wäre er endlich etwas los, was ihn jahrelang belastet hatte.
    »Es war völlig bedeutungslos«, sagte er.
    Ihre Wut erwachte wieder. »Wie konntest du?« zischte sie. »Mit dieser Person – diesem Flittchen –«
    Langsam schien er seine Selbstsicherheit wiederzugewinnen. »Ich habe dir doch gesagt, es ist ewig her. Fünfundzwanzig Jahre. Ich hatte die Geschichte beinahe schon vergessen.«
    Das verwirrte sie. »Fünfundzwanzig Jahre?« wiederholte sie.
    »Ja.« Gereizt fügte er hinzu: »Die Frau ist ein Flittchen. Das hast du doch eben selbst gesagt, Evelyn. Du kennst ihren Ruf.«
    Beinahe hätte sie lachen müssen. »Willst du mir weismachen, Betty Hesketh hätte dich verführt, Osborne?«
    Er zog wieder an seinem Hemdkragen. »Sie war immer da . Und du warst so krank – es war nach der ersten Fehlgeburt –«
    »Du meinst, ich war nicht verfügbar, aber Betty war es? Soll das eine Rechtfertigung sein?«
    »Nein! Ich will damit nur sagen –« Er stand auf und umfaßte mit beiden Händen die Stuhllehne. »Sie gab mir klar zu verstehen, daß sie nicht abgeneigt war. Jedesmal, wenn ich ihr begegnet bin. Das macht einen mit der Zeit mürbe … Man will eigentlich gar nicht, aber dann –« Sein Blick war gequält. »Sie war attraktiv. Nein, es war mehr als das. Man fühlte sich angezogen wie von einem Magneten … Man wollte widerstehen, aber es ging nicht.«
    »Und da bist du eben mit ihr ins Bett gegangen? Oder vielleicht hat es ja auch nicht im Bett stattgefunden.« Häßlich sprangen ihr die Worte von den Lippen, unkontrolliert. »Wo habt ihr es denn getrieben, du und Betty, Osborne? Auf der grünen Wiese? Oder im Heuschober? Oder vielleicht im Auto auf dem Rücksitz?«
    Sie mußte sich abwenden, die Hand auf den Mund drücken, und hörte ihn sagen: »Sie hat mir nichts bedeutet. Ich habe sie nicht einmal – nicht einmal besonders gemocht. Sie war gewöhnlich. Ordinär. Aufdringlich. Ohne jedes Schamgefühl.«
    Ein Teil seiner Selbstsicherheit war zurückgekehrt. »Herrgott noch mal – wie lange soll man sich wegen – wegen eines Ausrutschers – eigentlich schuldig fühlen? Die Sache hat doch heute überhaupt keine Bedeutung mehr. Sie ist – sie ist –«
    »Vorbei?« sagte sie. Sie schob ihre Tasse weg. Sie hätte keinen Tropfen mehr trinken können, sie wäre daran erstickt. »Gibt es für solche Dinge eine Verjährung, Osborne? Ist Untreue nur von Bedeutung, wenn sie erst kürzlich begangen wurde? Und wann genau zählt sie nicht mehr? Nach einem Jahr? Nach fünf? Oder vielleicht nach zehn?«
    Warum sagte er nicht, es täte ihm leid? Warum gab er nicht zu, daß er etwas Unrechtes getan hatte? Wenn er das täte, würde ihr Zorn, der so heftig war, daß ihr beinahe schwindelte, sich vielleicht

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