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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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soll sich lieber in mich verlieben und diesem Gauner den Laufpaß geben. Wissen Sie was – ich helfe Ihnen suchen.« Er kippte den Rest seines Getränks hinunter und drängte sich schon durch das Gewühl zur Tür.
    »Das ist wirklich nicht nötig, Mr. Malephant.«
    »Sagen Sie Jake. Sie haben meine Kunst beleidigt, und jetzt sind wir Freunde.« Er schaute sich nach ihr um. »Soho ist ein Irrgarten, mein Fräulein, und ich möchte nicht gern, daß Sie verlorengehen. Außerdem würde man Sie in manchen von den Lokalen, die Johnnie Fitzgerald frequentiert, nicht zur Tür reinlassen.«
    Sie fanden Mr. Fitzgerald in einem Pub in der Old Compton Street. »Sternhagelvoll«, kommentierte Jake Malephant, als er Romy den Mann zeigte, der in einer Ecke des Raums saß.
    Der dunkle Kopf ruhte auf der Rückenlehne der Wandbank, der Mann schien zu schlafen. Der Tisch vor ihm war voll schmutziger Gläser und zusammengedrückter Zigarettenpackungen. Zwischen den Fingern seiner herabhängenden Hand hielt er eine brennende Zigarette. Als sie ihn ansprach, öffnete er die Augen. Sie waren dunkel und tief. Sie sah Schönheit und Grausamkeit, als sie zum erstenmal in das verwüstete Gesicht Johnnie Fitzgeralds blickte, und dachte, wie merkwürdig es war, daß so starke, praktische Frauen wie ihre Mutter und Mrs. Plummer sich an so gefährliche Männer banden.
    Caleb suchte Mr. Wicksteed auf. Der blieb über seinen Schreibtisch gebeugt, ohne auch nur einen Moment seinen Füllfederhalter aus der Hand zu legen, während Caleb die Sache mit Loman und den Bruchschäden erklärte.
    Als er schwieg, trat ein kurzes Schweigen ein. Dann sagte Mr. Wicksteed: »Mr. Loman arbeitet nicht mehr bei uns. Es hat da eine ganze Reihe von Verstößen gegeben. Diese Abteilung ist seit Jahren schlecht geführt worden.«
    »Und Pickering?« fragte Caleb.
    »Mr. Pickering war für die Verbuchung der Bruchschäden verantwortlich. Daran ändert das, was Sie mir soeben berichtet haben, nichts.«
    Caleb starrte ihn ungläubig an. »Sie entlassen ihn trotzdem?«
    »Selbstverständlich.«
    Es verschlug ihm die Sprache. Mr. Wicksteed blickte auf. »Wenn das alles ist, können Sie jetzt gehen, Mr. Hesketh.«
    Ungläubigkeit wich Empörung. »Nein, das ist nicht alles. Nach allem, was ich Ihnen erzählt habe … So etwas Lächerliches und Ungerechtes habe ich mein Lebtag nicht gehört!«
    Die Temperatur im Zimmer fiel um mehrere Grad. Mr. Wicksteed legte endlich den Füller aus der Hand und richtete seinen kalten blauen Blick auf Caleb. »Ich kann mich nicht erinnern, Sie um Ihren Kommentar gebeten zu haben, Mr. Hesketh.«
    »Herrgott noch mal –«
    »Ich sagte, Sie können gehen.«
    Caleb kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Den ganzen Tag sprach keiner seiner Arbeitskollegen ein Wort mit ihm, ja sie nahmen ihn nicht einmal zur Kenntnis. Er war aus dem Rudel ausgestoßen und wurde sowohl während der Teepause als auch während der Mittagspause wie ein Aussätziger behandelt. Sie boykottieren mich, dachte er wütend, und weswegen? Wegen nichts.
    Von Mrs. Pritchard, der Postangestellten in Swanton St. Michael, hatte er erfahren, daß die Familie Cole jetzt in Stratton lebte, einem kleinen Ort in der Nähe von Romsey. Mrs. Pritchard und Mrs. Cole tauschten jedes Jahr Weihnachtskarten aus, nur hieß Romys Mutter jetzt nicht mehr Cole, erklärte Mrs. Pritchard, sondern Parry. Sie hatte einige Jahre nach dem Tod ihres Mannes wieder geheiratet.
    Am Samstag morgen machte Caleb sich auf den Weg zu Romy Cole. Unterwegs dachte er über die Situation im Büro nach und fand, er hätte sich ungeschickt und naiv verhalten. Er fragte sich, ob diese Reise auch so ein Produkt seiner Naivität war. Er hielt es für durchaus wahrscheinlich, daß Romy Cole, wenn er sie tatsächlich finden sollte, ihm die Tür vor der Nase zuschlagen würde. Trotzdem blieb er bei seinem Vorhaben und ließ sich auf seiner Fahrt nach Süden auch nicht davon abschrecken, daß er mehrmals umsteigen und sich auf Bummelzüge und Busse verlassen mußte, die nur alle paar Stunden verkehrten.
    Er kam mittags in Stratton an, einem kleinen Dorf, das selbst an diesem freundlichen Sommertag öde und verwahrlost schien. Sogar der Friedhof war verwildert, Mauer und Grabsteine von Moos überwachsen. Am Hill View stand ein halbes Dutzend Häuser; das der Familie Parry, die Nummer fünf, sah am verkommensten aus. Die Gartenpforte hing schief in den Angeln, und das Stück Rasen vor der Haus bestand nur noch

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