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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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in der Hand, sagte sie laut: »Entschuldigen Sie!« Der Mann, der vor ihr stand und eine schmuddelige dunkelblaue Seemannsjacke trug, drehte sich um und sagte: »Jake gibt gerade einen aus, Schätzchen.
    Keine Angst, Sie kommen auch dran.« Dann brüllte er zu Romys Entsetzen: »Jake, hier ist noch eine. Und sie hat eine Uniform an.«
    Romy hatte das Gefühl, daß alle im Raum sie in ihrem schwarzen Kleid mit den weißen Manschetten anstarrten. Pfiffe und Beifallsgeschrei umgaben sie.
    »Was nehmen Sie?« rief jemand laut.
    Der Mann in der Seemannsjacke sagte: »Jake will wissen, was Sie trinken wollen?«
    Romy schüttelte den Kopf. »Nichts, danke.«
    »Einen Pernod«, schlug er vor. »Oder einen Gin Tonic.«
    »Ich möchte nichts –«
    »Wir können nicht immer haben, was wir wollen, Schätzchen. Jake lädt alle ein, weil er ein Bild verkauft hat, stimmt’s, Jake? Also, müssen Sie was trinken.«
    Von der Bar schallte es: »Schick sie rüber, Matty! Mal sehen, was sie zu meinem Bild sagt.«
    Die Menge teilte sich wie das Rote Meer und öffnete Romy den Weg zu dem Mann, der am Tresen stand. Jake war klein und rundlich, und das beinahe schulterlange eisengraue Haar flatterte ihm lockig ums rote Gesicht. Er trug eine Hose, die voller Farbspritzer war, und eine Kordjacke mit Flicken auf den Ellbogen.
    »Ich suche Mr. Fitzgerald«, erklärte Romy.
    »Johnnie? Den hab ich nicht gesehen.« Sich den anderen zuwendend rief er laut: »Hat einer von euch Johnnie gesehen?«
    Jemand sagte: »Ich dachte, er wäre in Frankreich –«, und ein anderer rief: »Ich dachte, er wäre im Knast.«
    Jake wandte sich wieder Romy zu. »Schauen Sie sich lieber mein Bild an. Das ist sehenswerter als Johnnie Fitzgerald.«
    Das Gemälde stand aufrecht an den Tresen gelehnt, riesig, bestimmt einen Meter hoch und beinahe ebenso breit, violettrote und türkisblaue Strahlen, in denen rosarote und weiße Dreiecke sowie Quadrate schwammen.
    »Gefällt es Ihnen?« fragte er.
    Romy sah es aufmerksam an. »Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was es sein soll.«
    »Ist das denn wichtig?«
    »Ein Bild soll doch was darstellen.«
    »Meinen Sie?«
    »Wozu ist es sonst da?«
    »Ha!« lachte einer der Umstehenden. »Da hast du’s, Jake.«
    Jake schien nicht im geringsten gekränkt. »Es ist ein Seestück«, erklärte er.
    Romy dachte an das stahlgraue Meer hinter den Docks von Southampton und an die blaue See bei Bournemouth. »Das Meer ist doch nicht violett«, sagte sie.
    Die Gäste rundherum lachten schallend.
    »Kommen Sie her«, sagte Jake. »Los, aus dem Weg, ihr Gesindel.« Er nahm sie beim Ellbogen und führte sie auf die andere Seite des Raums. »So, jetzt sehen Sie es sich noch einmal an.«
    Wieder betrachtete sie das Gemälde. »Tja, hm, man könnte es vielleicht als Meer sehen«, sagte sie zweifelnd. Sie kniff die Augen zusammen. »Die weißen Dinger könnten Boote sein. Und die rosaroten Vierecke vielleicht Häuser.«
    »Es heißt ›Abend in Funchal‹. Funchal ist auf Madeira. Waren Sie schon mal auf Madeira?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sie sollten mal hinfahren«, sagte er. »Die Farben … die Bougainvillea, die Bleiwurz …«
    Sie wußte nicht, wovon er sprach, und sagte höflich: »Das Bild ist sicher sehr schön …«
    »Lassen Sie nur. Den Geschmack für meine Bilder muß man sich erst erwerben. Der Kritiker vom Tatler hat bei meiner letzten Ausstellung geschrieben, wenn man einen Raum voll Gemälden von Jake Malephant beträte, bekäme man erst mal einen Schock. Das hier ist eine meiner sanfteren Schöpfungen, darum konnte ich sie auch an den Mann bringen.« Er bot ihr die Hand. »So, jetzt wissen Sie, wer ich bin. Und wer sind Sie?«
    »Romy Cole«, antwortete sie.
    »Und warum tragen Sie diese zwar zugegebenermaßen sehr gefällige, aber doch etwas ungewöhnliche Kostümierung?«
    »Ich arbeite im Trelawney-Hotel«, erklärte sie.
    Er lächelte. »Natürlich. Sie sind eines von Mirabels Sklavenmädchen.«
    Sie fand es dreist von ihm, die beeindruckende Mrs. Plummer einfach Mirabel zu nennen, und sagte daher frostig: »Ich muß diesen Brief abgeben. Ich muß weiter.«
    »Erlauben Sie mir, Sie zu malen. Mit oder ohne ihr Kostüm, ganz wie Sie wollen. Sie haben ein interessantes Gesicht. Sie werden eines Tages eine Schönheit werden.«
    Sie wußte, daß sie rot geworden war. Ohne auf seine Worte einzugehen, wiederholte sie: »Ich muß weiter. Ich muß Mr. Fitzgerald den Brief bringen.«
    »Ich habe Mirabel schon oft gesagt, sie

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