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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Zauberer. Er trug einen mit astrologischen Symbolen geschmückten Mantel, hatte die richtigen buschigen Augenbrauen und einen würdevollen Bart, in dem sich nur hier und dort gelbe Nikotinflecken zeigten – Magier leben im Zölibat, aber trotzdem wissen sie eine gute Zigarre zu schätzen.
    »Es dürfte dir klar werden, wenn du größer bist«, sagte er. »Wie dem auch sei: Deine Frage ist recht interessant und führt zu bemerkenswerten Vorstellungen. Ein weiblicher Zauberer! Eine Zauberin! Ebensogut könnte man männliche Hexen erfinden!«
    »Hexenmeister«, sagte Eskarina. »Wie bitte?«
    »Oma Wetterwachs meint, Männer könnten keine Hexen werden«, erwiderte Esk. »Sie steht auf folgendem Standpunkt: Wenn Männer versuchen, Hexen zu sein, werden sie Zauberer.«
    »Offenbar ist deine Oma eine sehr kluge Frau«, bemerkte Treatle.
    »Sie sagt, Frauen sollten sich mit den Dingen begnügen, für die sie geeignet sind.«
    »Klingt ausgesprochen vernünftig.«
    »Sie sagt: Wenn Frauen so gut seien wie Männer, wären sie ein ganzes Stück besser.«
    Treatle lachte.
     
    »Mein liebes kleines Fräulein – soll ich jetzt etwa schockiert sein? Zufälligerweise habe ich großen Respekt vor Hexen.«
    Eskarina runzelte die Stirn. Sie hatte mit einer anderen Antwort gerechnet.
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Ich bin der Ansicht, die Hexerei stellt für Frauen ein vielversprechendes Betätigungsfeld dar. Ein sehr ehrenwerter Beruf, wenn du mich fragst.«
    »Im Ernst?«
    »O ja. Hexen sind sehr nützlich, insbesondere in bäuerlichen Regionen. Wenn es zum Beispiel darum geht, Kinder zur Welt zu bringen und so weiter. Doch man darf sie nicht mit Zauberern verwechseln. Mit Hilfe der Hexerei gestattet die Natur den Frauen Zugang zur Thaumaturgie im allgemeinen, aber dabei handelt es sich keineswegs um hohe Magie.«
    »Ich verstehe«, sagte Esk gepreßt. »Keine hohe Magie.«
    »O nein. Selbstverständlich ist Hexerei gut geeignet, um Menschen durchs Leben zu helfen, aber …«
    »Ich nehme an, Frauen haben einfach nicht genug Feingefühl, um Zauberer zu werden«, warf Esk ein. »Darauf willst du doch hinaus, oder?«
    »Nun, ich bringe Frauen höchste Achtung entgegen«, erwiderte Treatle und überhörte die neue Schärfe in Eskarinas Stimme. »Sie offenbaren eine wahrhaft erstaunliche Leistungsfähigkeit, wenn … wenn …«

»Wenn es darum geht, Kinder zur Welt zu bringen und so weiter?«
    »Stimmt haargenau«, bestätigte der Zauberer großzügig. »Aber ihr geistiges Gleichgewicht ist nicht – stabil genug. Frauen sind zu leicht reizbar. Weißt du, hohe Magie erfordert einen klaren Verstand, und frauliche Talente erstrecken sich leider nicht in diese Richtung. Weibliche Gehirne laufen ständig Gefahr, sich zu überhitzen.«
    Treatle suchte nach einem passenden Vergleich, aber da auf der Scheibenwelt Dinge wie Verbrennungsmotoren, Kolben und Einspritzpumpen als pseudomagischer Firlefanz galten, fiel ihm keiner ein. »Ich bedaure es sehr, dich enttäuschen zu müssen: Es gibt nur eine Tür zur Zauberei – das Haupttor der Unsichtbaren Universität. Und keine einzige Frau hat es jemals durchschritten.«
    »Was hat es mit der hohen Magie auf sich?«, fragte Esk. Treatle lächelte freundlich.
    »Hohe Magie, mein Kind«, sagte er in einem gönnerhaften Tonfall, »kann alle Wünsche erfüllen.«
    »Oh!«
    »Schlag dir also den Unsinn mit der Zauberei aus dem Kopf, in Ordnung?«, fuhr Treatle fort. Sein Lächeln wurde noch herzlicher. »Übrigens – wie heißt du, Mädchen?«
    »Eskarina.«
    »Und warum bist du nach Ankh-Morpork unterwegs, kleine Eskarina?«
    »Eigentlich wollte ich mein Glück versuchen«, murmelte Esk. »Aber so etwas scheint für Mädchen ebenfalls nicht in Frage zu kommen.«
    Sie hob den Kopf. »Bist du ganz sicher, daß Zauberer die Wünsche anderer Leute erfüllen?«
    »Natürlich. Dazu dient die hohe Magie.«
    »Ich verstehe.«
    Die Karawane war nur wenig schneller als ein Spaziergänger. Esk sprang vom Kutschbock und zog den Zauberstab aus seinem Versteck unter einigen Säcken und Eimern. Als sie an den Karren und Tieren vorbeilief, quollen ihr Tränen in die Augen, und durch diesen feuchten Schleier warf sie einen kurzen Blick auf Simon. Er hielt ein offenes Buch in der Hand, strich die rückwärtige Plane des Wagens beiseite, musterte das Mädchen überrascht und begann zu stottern. Eskarina achtete nicht auf ihn, eilte weiter und wandte sich von der Straße ab.
    Struppiger Stechginster strich ihr an den

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