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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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rannte.
     
    »Die Magie hat einfach nicht funktioniert! Ich konnte sie spüren, aber sie wollte nicht aus mir heraus!«
    »Vielleicht hast du dich zu sehr bemüht«, sagte Granny. »Mit der Magie ist es so wie beim Angeln. Wenn man ungeduldig herumläuft und ärgerlich Steine ins Wasser wirft, beißt kein Fisch an. Man muß still und geduldig sein, der Natur ihren Lauf lassen.«
    »Und dann haben mich alle ausgelacht! Irgend jemand gab mir sogar ein Bonbon!«
    »Dann hat sich’s wenigstens gelohnt«, murmelte Oma Wetterwachs. »Granny!«, erwiderte Esk vorwurfsvoll.
    »Nun, was hast du denn erwartet?«, fragte die alte Hexe. »Freu dich, daß sie nur gelacht haben. Gelächter tut nicht weh. Du bist an den obersten Zauberer herangetreten, hast angegeben und dich aufgespielt. Und daraufhin wurdest du nur ausgelacht? Du kannst von Glück sagen, Esk. Übrigens: Was ist mit dem Bonbon?«
    Esk schnitt eine finstere Miene. »Was soll schon damit sein? Schmeckte nicht schlecht.«
    »Was war’s für eins?«
    »Eine Sahnekaramelle.«
    »Ich kann Sahnekaramellen nicht ausstehen.«
    »Grr«, machte Eskarina leise. »Beim nächstenmal soll ich wohl um ein Pfefferminz bitten, wie?«
    »Werd nicht frech, kleiner Naseweiß! Pfefferminz ist gesund. Gib mir die Schlüssel!«
    Einer der Vorteile des Stadtlebens, so mußte Granny zugeben, bestand in einem großen Angebot an Glaswaren. Die Herstellung einiger spezieller Heiltränke und Elixiere erforderte Gerätschaften, die entweder zu Wucherpreisen von Zwergen gekauft oder beim nächsten Glasbläser bestellt werden mußten – und in den meisten Fällen in Form scharfkantiger Splitter geliefert wurden. Sie hatte selbst versucht, Glas zu blasen, doch durch die Anstrengung dabei bekam sie häufig Hustenanfälle, die zu seltsamen Resultaten führten. In Ankh-Morpork blühte die Alchimie, und das bedeutete, daß es viele Geschäfte gab, die alle nur erdenklichen gläsernen Artikel anboten. Außerdem bekam eine Hexe fast immer großzügigen Rabatt.
    Aufmerksam beobachtete sie gelben Dampf, der durch ein Labyrinth aus verschlungenen Röhren wogte und schließlich zu einem dicken Tropfen kondensierte. Granny fing ihn mit einem Glaslöffel auf und ließ ihn behutsam in eine Ampulle rinnen.
    Esk sah ihr durch einen Tränenschleier zu. »Was ist das?«, fragte sie.
    »Ein Nichtsweiterwichtig«, antwortete Granny, stopfte einen Korken in den winzigen Flaschenhals und versiegelte den winzigen Behälter mit Wachs.
    »Eine Medizin?«
    »In gewisser Weise.«
    Granny nahm Zettel und Stift zur Hand. Die Zungenspitze ragte ihr aus dem Mundwinkel, als sie mit großer Sorgfalt und lautem Kratzen einige Worte schrieb. Mehrmals hielt sie inne und versuchte, die breiten Lücken in ihren orthographischen Kenntnissen auszufüllen.
    »Für wen ist sie?«
    »Für Frau Herapath, die Gattin des Glasbläsers.«
    Esk putzte sich die Nase. »Du meinst denjenigen, der nicht sehr viel bläst, oder?«
    Oma Wetterwachs hob den Kopf und musterte sie mißtrauisch. »Wie meinst du das?«
    »Als sie gestern mit dir sprach, nannte sie ihn Opa-Einmal-In-Zwei-Wochen.«
    »Mmpf«, erwiderte Granny und schrieb den begonnenen Satz zu Ende: »Löß der Troffen in ain Glaß Wasser auf und gieb ain Troffen in sain Tee achte darauff dass du laichte Klaidung trehkst und kaine Bessucher ervartet wärden.«
    Eines Tages muß ich jenes Gespräch mit ihr führen, dachte sie.
    Eskarina schien in dieser Hinsicht bemerkenswert dumm zu sein. Sie hatte bei mehreren Geburten zugesehen und die Ziegen des öfteren zum Bock von Mütterchen Großapfel gebracht, ohne die offensichtlichen Schlüsse daraus zu ziehen. Granny wußte nicht genau, wie sie vorgehen sollte; aus irgendeinem Grund schien nie der geeignete Zeitpunkt zu kommen, dieses Thema zur Sprache zu bringen. Sie fragte sich, ob sie aus Scham die Augen vor dem verschloß, was eigentlich ihre Pflicht war – und nahm sich vor, peinliche Verlegenheit und ähnliche gefühlsduselige Schutzmaßnahmen bei der nächsten Gelegenheit wenigstens vorübergehend zu vergessen. Eskarina hatte ein Recht darauf zu erfahren, wie sich Bienen vermehrten. Und vielleicht auch Schmetterlinge. Und möglicherweise …
    Granny errötete.
    Sie klebte das Etikett auf die Ampulle und hüllte das winzige Fläschchen in einfaches Papier.
    Und nun …
    »Es gibt noch einen anderen Weg in die Universität«, sagte sie und warf Esk einen unauffälligen Blick zu. Das Mädchen ließ ihren Zorn gerade an einigen Kräutern

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