Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
Vom Netzwerk:
konnten und darüber, wie mühsam und gefährlich die Arbeit in den Stollen gewesen sei. Wie sie überhaupt hier drin etwas sehen konnten, wunderte sich Andreas. Heute ist die ganze Höhle mit elektrischem Licht ausgeleuchtet. Aber damals, damals haben die Männer „Frösche“ benutzt. Kleine Lampen, mit Talg befüllt. Andreas sah Jacob vor seinem geistigen Auge in diesem niedrigen Tunnel kriechen, schmutzig und überall mit Steinstaub bedeckt. Er sah ihn die Hacke schwingen, den Meißel ansetzen und mit dem Hammer darauf schlagen.
    Heute würde er den Besuch der „historischen Weiherschleife“ nicht mehr schaffen. Sie schloss bereits um 17.00 Uhr. Zum Ende der Führung erstand Andreas noch schnell ein Erinnerungsfoto und ein kleines Buch über die Edelsteinstadt Idar-Oberstein. Dann bat er die freundliche Verkäuferin am Kiosk, ihm ein Taxi zu rufen. Diese Nacht würde er in einem Hotel irgendwo in der Stadt verbringen, um gleich am nächsten Morgen seine Erinnerungstour fortzusetzen. Noch einmal wollte er heute Abend Jacobs Schriften studieren; und Andreas fühlte sich gut.
    In der Nacht, als der Schlaf sich nicht einstellen wollte, konnte er es sich nicht verkneifen, sein Handy einzuschalten, um im Internet zu surfen.
    Er forschte nach allem, was er heute gehört hatte und vielleicht morgen noch zu sehen bekommen sollte.
     
    Chronik der Familie Steinmetz, Teil VIII
    Idar, 1687
     
    Gemeinsam mit meinen neuen Kameraden machte ich mich in aller Herrgottsfrühe auf zum Galgenberg. Fast eine Stunde kletterten wir den mühsamen Waldweg hinauf. Dann sah ich zum ersten Mal die Eingänge in die Stollen. Dunkle gähnende Löcher im Fels von nur geringer Höhe. Kein Mann konnte aufrecht dort hinein. Die anderen entzündeten mit Feuersteinen ihre Frösche, und ich tat es ihnen gleich. Die Ausrüstung hing schwer an meinem Gürtel. Wenigstens hatte ich das Gewicht meines Schatzes nicht mehr zu tragen; gewissenhaft versteckt ruhte er verborgen im Dielenboden unter dem Bett meiner Kammer.
    Nach all den anderen kroch ich als letzter in die Höhle. Der Frosch spendete weiches, mattes Licht. Ich versuchte, mich zu orientieren. Langsam kroch ich auf einen einsamen Stollen zu. Mit der Lampe leuchtete ich die Steinwände rings um mich aus. Und dann sah ich es: Es glitzerte, ja es funkelte überall! Der Anblick war schier unglaublich. Ich stellte den Frosch zu meiner Seite und begann, mit der Spitzhacke in den rohen Fels zu schlagen. Ein grauer „Mantel“ tat sich über mir auf, eine Druse, wie ich später lernen sollte, und in seinem Inneren glänzte es mir silbrig leuchtend entgegen. Ich setzte meinen Meißel an und schlug vorsichtig mit dem Hammer darauf. Glitzerndes Gestein fiel von oben herab, und ich grabschte nach allem funkelnden und stopfte es in meine Taschen.     
    Bald meldete sich mein Bein ob der ungewohnten Haltung, und auch mein Rücken schmerzte höllisch. Als mein Frosch langsam, aber stetig zu flackern begann, kroch ich zurück nach draußen an die frische Luft. Ich hatte keinen Talg mehr, um meine Lampe nachzufüllen. Aber für den ersten Tag war es genug. Ich leerte meine Taschen. Steine in allen möglichen Farben und Formen kullerten heraus. Noch war es ein eher matter Glanz, unbearbeitet, nichtsdestotrotz wunderschön. Noch vermochte ich nicht zu benennen, was ich da geschürft hatte. Ich würde nicht umhinkommen, die andern um Rat zu fragen. Auch würden sie mich lehren müssen, wie man die Steine schleifen sollte, um ihnen Gestalt und Feuer zu entlocken; heute Abend in der Rischenschleife.
    Plötzlich überkam mich ein Gefühl zutiefster Zufriedenheit; ich war glücklich. Ein Gefühl, welches ich in meinem bisherigen Leben nicht gekannt hatte.
    Ich überlegte, ob ich diesen einen, besonders klaren, wenn auch jetzt noch unscheinbaren Stein, für Katharina schleifen sollte.
    Nach kurzer Zeit konnte ich die Steine benennen, die ich schürfte. Ich fand rosafarbenen Rosenquarz, Achate in den zarten Farben Rot und Rosa sowie Braun und Blassblau. Wunderschön anzusehen war auch der gelbe Achat. Ich entdeckte den seltener vorkommenden roten Jaspis mit seinen punktförmigen Einfärbungen von Grün über Gelb und Blau und auch den weißen Jaspis mit schwarzen Punkten. Ich schürfte grau-silbrigen Amethyst und Bergkristall. Den Bergkristall aber erklärte ich zu meinem Lieblingsstein. Zunächst grau und unscheinbar konnte ich ihm in der Schleife den höchsten Glanz und eine Transparenz bis zur buchstäblichen

Weitere Kostenlose Bücher