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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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seiner Gruppe aus dem Verkaufsraum für Edelsteine kommen. Er stöhnte. Seine Reise in die Vergangenheit sollte wohl hiermit beendet sein, denn er bemerkte zwei Polizisten, die die Gruppe am Ausgang erwarteten; einem jeden zeigten sie ein Foto.
    Also gut. Andreas musste grinsen und erinnerte sich daran, dass sein Mietwagen ja ohnehin auf dem Parkplatz beim Erbeskopf stand.
    Sollen die Beamten mich doch heim nach Düsseldorf fahren. Langsam trottete Andreas in deren Richtung. Schade, dachte er bedauernd, dass meine Reise schon vorbei ist.
    Trotzdem würde er Jacobs Weg weiter folgen. Denn dessen Reise hatte auch ihn nach Düsseldorf geführt. Und die dort befindliche Steinmetz-Villa konnte Andreas auch ohne Eintrittskarte besichtigen; dort durfte er sogar alles anfassen.
     
    Chronik der Familie Steinmetz, Teil IX
    Düsseldorf ,1689
     
    Wolfgang Lämlein, Goldschmied aus Düsseldorf, erwies sich als wahrer Freund und erfahrener Mentor. Begeistert von meinen Arbeiten erhoffte er sich mit mir als Partner an seiner Seite eine noch reichere Zukunft.
    Solch eine Stadt hatten meine Augen niemals zuvor erblickt. Düsseldorf. Wundervolle Gebäude und breite Straßen vermittelten mir eine nicht gekannte Weitläufigkeit; weltoffene Menschen und Reichtum, wohin man nur schaute.
    Ja, in dieser Stadt wollte ich leben und mich dazugehörig fühlen.
    Ich schuf geschliffene Kostbarkeiten jeglicher Art. Unzählige Facetten und damit geheimnisvolles Feuer und Glanz zierten bald jene Ringe, Ohrgehänge, Medaillons und Armreife, die Wolfgang in filigraner und zarter Weise gezaubert hatte.
    Wir ließen uns unbehandelte Steine aus aller Herren Länder kommen. Rohware von den Küsten Afrikas, aus dem fernen Orient, ja sogar aus der neuen Welt. Die wohlhabenden Bürger und Kaufleute rannten uns sprichwörtlich die Türen ein. Wir kamen kaum nach mit unseren Auftragsarbeiten und Bestellungen. Sogar der Adel gab sich bei uns die Klinke in die Hand, und so sollte es nicht lange dauern, bis Jan Wellem selbst uns zu sich rufen ließ: Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Kurfürst von der Pfalz, im Volksmund Jan Wellem genannt, lenkte die Geschicke und Geschäfte der Residenzstadt Düsseldorf. Und er persönlich hatte uns geladen, ihm eine Auswahl unserer besten Stücke zu unterbreiten.
    Das Düsseldorfer Schloss raubte mir buchstäblich den Atem. Die prunkvolle Hofhaltung ließ mich glauben, an einem pompösen Königshof zu weilen. Die Wände waren verschwenderisch verziert mit kunstvollen Malereien und riesigen Wandteppichen. Lebensechte Steinskulpturen schmückten die Flure und Hallen. Aus entfernten Räumen erklang die zarteste und virtuoseste Musik, die meine Ohren jemals vernommen hatten.
    Der Adel sowie Gebildete aus ganz Europa wandelten durch die Gänge. Ich vernahm französische, englische, italienische, selbst spanische Klänge.
    Düsseldorf war eine Stadt von internationalem Flair. Eine Stadt der Künste; Malerei, Musik und Bildhauerei; all dies war Ausdruck und Zeugnis ihres Wohlstandes.
    Und Johann Wilhelm war prächtig anzusehen. Sein langer Überrock, sein mit kostbarer Spitze verziertes Hemd waren ganz nach Art der französischen Mode. An seiner Hand trug er einen imposanten Siegelring. Lange und gründlich musterte er unsere Stücke. Zu guter Letzt entschied er sich für eine Kette mit dazu passendem Ohrgehänge und einen feinen Ring für seine zweite Ehegattin Maria Anna Louisa Medici, die Tochter Cosmas III., Herzog der Toskana.
    Von diesem Tag an waren wir zu Hoflieferanten ernannt worden.
    Aber kein Glück währet ewiglich. Eines Morgens sollte Wolfgang Lämlein nicht mehr erwachen. Des Nachts war er friedvoll neben seiner ahnungslosen Frau entschlafen. Das Herz, hatte der Arzt achselzuckend gemeint, sei zu schwach gewesen.
    Ich richtete ihm zu Ehren ein fürstliches Begräbnis aus. Wolfgang hatte mir seine Anteile am Geschäft vermacht, und ich hätte mich darüber mehr als glücklich fühlen müssen; dennoch verspürte ich in den ersten Monaten nach seinem überraschenden plötzlichen Tod nichts als Trauer und Verlust.
    Durch seine Hinterlassenschaft war ich nun so wohlhabend, wie ich es mir selbst niemals hätte erträumen können. Ich ließ mir ein großes Haus im besten Viertel der Stadt erbauen. Ich hatte Bedienstete und Angestellte in den Geschäften. Für meinen Sohn Johann nahm ich einen Lehrer in Dienst, der ihn nicht nur in allen alltäglichen Dingen unterrichtete, sondern auch in diversen Sprachen, in Kunst,

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