Das Erbe in den Highlands
Aufgabe. Du kannst Seakirk verlassen, um ihn unter Kontrolle zu halten. Ich kann es nicht.«
»Der taucht schon wieder auf, Kendrick, früher oder später. Hat er noch immer getan.«
Kendrick ließ sich nicht so leicht beruhigen. Nazir gehörte zu den schwer in Schach zu haltenden Untoten, und Kendrick erschauderte bei dem Gedanken an all den Unfug, den der Sarazenenkrieger anstellen konnte. Wäre er doch nur nicht an Seakirk gefesselt ...
»So toll ist das nun auch wieder nicht«, erklärte Royce
»Was ist nicht so toll?«, fragte Kendrick unnötigerweise. Royce konnte seine Gedanken genauso gut lesen wie umgekehrt. Schon erstaunlich, was ein Verstand fertigbrachte, der nicht an eine sterbliche Hülle gebunden war.
»Herumzustreifen. Du hast wenigstens ein Zuhause. Ich kann mich nicht länger als eine Nacht am selben Ort aufhalten.«
»Du kannst zumindest reisen, so viel du willst«, grummelte Kendrick.
»Reisen und reisen und wieder reisen. Das wird nach ein paar hundert Jahren langweilig, mein Freund. Sei dankbar für deinen schönen Adelssitz und die Frau, mit der du ihn teilst. Du könntest weitaus unglücklicher dran sein.«
Darauf wusste Kendrick keine Antwort. Welches Schicksal schlimmer war, ließ sich schwer sagen, doch seines wahrscheinlich nicht. Er lächelte seinen Freund traurig an.
»Tut mir leid. Meine Schuld, dass du nicht ...«
»Merde«, sagte Royce lächelnd. »Ich konnte wählen, wie du weißt. War doch nett von Matilda, mir überhaupt die Wahl zu lassen, nicht wahr?«
»Glaubst du, sie war eine Hexe?«
Royce erhob sich lachend. »Meine Antwort bekommst du, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Gehab dich wohl, Kendrick. Gib deinem süßen Frauenzimmer einen Kuss von mir, oder auch zwei.«
»Vorher müsste erst die Hölle zufrieren«, brummte Kendrick, denn so lange würde es dauern, bis er wieder einen Körper hätte, um küssen zu können.
Nachdem Royce fort war, ging Kendrick hinauf zum Wehrgang, in der Hoffnung, das ans Ufer donnernde Meer würde ihn beruhigen. Er war keineswegs überrascht, als das nicht geschah.
Möglicherweise war es der Besuch von Royce, der ihn so aufgewühlt hatte. Ein wehmütiges Lächeln umspielte seine Lippen. Wie köstlich waren jene Tage gewesen, als es in Artane vor Familienmitgliedern nur so wimmelte, vor Großeltern, Tanten, Onkeln, Vettern und Geschwistern. Irgendwo war immer ein Kind, das Unfug trieb oder einen Spaß ausheckte. Nay, einsam war er in jenen Tagen nie gewesen. Royce und er waren sich so nahe gewesen, wie zwei Freunde es sich nur wünschen konnten, näher sogar, als sich Kendrick seinen Brüdern fühlte. Nur über Matilda waren sie sich uneins gewesen. Royce hatte sie gehasst. Kendrick hatte ihn einen Dummkopf genannt.
Nein, der Dummkopf war er gewesen. Matilda war eine Hexe. Er glaubte zwar nicht an Hexen, doch das seltsame Gefühl, das ihn überkam, als Matilda sie beide verfluchte, ließ sich nicht leugnen. Sie hatte Royce dazu verdammt, ewig zu wandern, nie Frieden zu finden. Kendrick hatte sie bloß angeraten, es sei höchste Zeit, dass er sesshaft würde. Das prophetische Luder.
Nur Nazir war derartigen Auflagen entkommen. Vielleicht hatte ihn sein Unglaube davor bewahrt. Kendrick wusste bloß, dass sein sarazenischer Diener die Neigung hatte, Unheil zu stiften, und dies umso mehr genoss, da ihn Kendrick nicht verfolgen konnte. Er zog ein finsteres Gesicht. Der verdammte Schlingel würde es eines Tages noch bereuen.
Allerdings hätte er Nazir jederzeit rufen können, und sein treuer Sklave wäre gezwungen, ihm zu gehorchen. Aber irgendwie brachte er es nicht übers Herz, oder ihm fehlte der Wille, ihn an die Leine zu nehmen. Nazirs Streiche waren die einzige Belustigung, die ihm geblieben war. Den Erzählungen des Sarazenen über dessen Heldentaten zu lauschen, war die Sorgen wert, die Kendrick sich machte, weil er ein so ungebärdiges Mitglied der Untoten auf die Welt losgelassen hatte.
»Kendrick?«
Genevieves Stimme erschreckte ihn so sehr, dass er beinahe vom Wehrgang gestürzt wäre. Bei einem Blick über die Schulter sah er sie knapp zehn Schritte hinter sich stehen.
»Was ist?«, fragte er unwirsch. Er war einsam. Und sie war gekommen, um nach ihm zu sehen. Er unterdrückte die plötzlich aufkeimende Freude über diese Erkenntnis. Verdammt wollte er sein, wenn er sich herabließ, die Gesellschaft einer Buchanan zu suchen.
Genevieve näherte sich zögernd und legte den Kopf zurück, um zu ihm hochzusehen.
»Es tut
Weitere Kostenlose Bücher