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Das Erbe in den Highlands

Titel: Das Erbe in den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Kurland
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zwischen ihren Fingern zu fühlen. Ach, könnte er es doch in Wirklichkeit.
    Er senkte die Hand.
    Und einen einzigen, alles erschütternden Moment lang glaubte er, Widerstand zu spüren.
    Dann ging seine Hand durch ihre hindurch und verschwand im Laken. Er riss sie heraus, als hätte er sich verbrannt, drehte sich auf die Seite und fluchte leise über das unangenehme Brennen hinter seinen Augen. Narr. Tölpel. Wie konntest du glauben, dass sich wunderbarerweise alles ändert!
    »Kendrick?«
    Er räusperte sich. »Ja?«
    »Ist dir kalt?«, murmelte sie. »Du siehst aus, als zittertest du.«
    »Wie um alles in der Welt sollte mir kalt sein, wenn ich keinen Körper habe, um Kälte zu fühlen?«, blaffte er sie an.
    Stille.
    Kendrick stöhnte und drehte sich zu ihr um.
    »Entschuldige, Liebste«, flüsterte er heiser. »Ich wollte dich nicht anbrüllen.«
    Sie schüttelte den Kopf, beugte sich zur Seite und blies die Kerze auf dem Nachttisch aus. Als sie sich ihm wieder zuwandte, sah er beim schwachen Schein des Feuers ihr erschöpftes Lächeln.
    »Wir hatten beide einen langen Tag, und wir sind müde.«
    »Aye«, stimmte er zu.
    »Morgen früh sieht alles besser aus.«
    »Aye.«
    Doch das bezweifelte er stark.

19
    Kendrick hielt sich im Schatten und sah dem Geschehen im Rittersaal zu. Die alten Weihnachtsbräuche wieder aufleben zu lassen, war Genevieves Idee gewesen. Kendrick war damit einverstanden, weil es ihn an zu Hause erinnerte und er dieses Jahr, zum ersten Mal in Jahrhunderten, Heimweh hatte.
    Seit fast zwei Wochen waren Leute aus dem Dorf am Abend auf die Burg gekommen, um etwas von den Wintervorräten ihres Herrn zu erhalten, wie es in alten Zeiten Brauch gewesen war. Kendricks Sessel blieb jeden Abend leer, und Genevieve setzte sich auf den Stuhl daneben, wo ihr Platz gewesen wäre, hätten die Dinge anders gelegen. Die meisten aus dem Ort hielten sie für übergeschnappt. Einige, wie Mistress Adelaide, fanden Genevieves Handlungsweise hoffnungslos romantisch. Kendrick hatte die gute Frau belauscht, als sie sich einen ganzen Abend lang darüber ausließ, wie rührend sie diese Geste fand. Die Dorfbewohner hatten keine Ahnung, dass Kendrick fast zwei Wochen lang hin und wieder auf dem Sessel saß und unsichtbar geblieben war.
    Genevieve hatte es sofort gemerkt, als er sich das erste Mal dort hingesetzt hatte. Seither hatte er die Abende damit verbracht, ihr ins Ohr zu flüstern. Sie war über seine eher anzüglichen Bemerkungen errötet und hatte über seine Liebesworte gelächelt. Er war damit zufrieden gewesen.
    Bis jetzt.
    Nun lagen die Dinge anders. Heute war Heiliger Abend. Kendrick sollte auf dem Sessel neben ihr sitzen. Stattdessen stand er im Schatten wie ein illegitimer Stallknecht, der sich
    seiner Herkunft zu sehr schämte, um sich zu zeigen. Frustriert knirschte er mit den Zähnen. Noch nie war er mit seinem Nichtleben so unzufrieden gewesen.
    Genug. Er konnte es nicht länger ertragen. Drei Wochen lang, seit der Nacht, als er seine Liebste hatte berühren wollen, schmorte, kochte und raste er. Seine Vernunft, seine Beherrschung waren dahin. Er würde seinen rechtmäßigen Platz an der Tafel einnehmen, und wenn die Gäste gegangen waren, würde er seine Lady nach oben führen und ihr das Geschenk überreichen, das er für sie erworben hatte, und ihr die entsprechende Frage stellen. Die Zeit zum Handeln war gekommen.
    Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, trat er aus dem Schatten, stieg auf das Podest und ging zum Tisch. Worthington zog in aller Eile den Stuhl zurück, und Kendrick setzte sich.
    Das Schweigen im Saal war ohrenbetäubend.
    Er spürte die Blicke jeder einzelnen Menschenseele im Raum auf sich gerichtet. Nun hätte er sich doch gerne verkrochen, aber für einen Rückzieher war es zu spät. Er setzte eine trotzige Miene auf und blickte seine Lady in Erwartung einer Rüge ob seines Betragens herausfordernd an.
    Genevieve lächelte nur.
    »Guten Abend, Lord Seakirk.«
    Er nickte hoheitsvoll.
    Ihr Lächeln wurde inniger. »Deine Gäste sind da, mein Liebster.«
    »Aye, das sehe ich.« Er nickte erneut und hätte am liebsten nur noch in ihre Augen geschaut. Bei allen Heiligen, war er vollkommen verblödet?
    »Vielleicht solltest du ein paar Worte sagen. Zur Begrüßung.«
    Der Stuhl war weit genug vom Tisch entfernt, dass er sich erheben konnte, ohne im Tisch zu stehen. Er stand auf und ließ den Blick über die Leute streifen.
    Die Hälfte der Anwesenden flüchtete.

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