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Das Erbe

Das Erbe

Titel: Das Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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erlauben. Bleib ruhig.
    In diesem Moment ging der Außenlautsprecher an. Das Rauschen verkündete, dass eine Durchsage folgen würde.
    »Hier spricht Superintendent Richard Harper.«
    Ein leises Knacken. Es war der Polizeibeamte, der damals den Fall von Muriel Anderson bearbeitet hatte. Aber ich hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn im nächsten Moment hörte ich, wie er rief: »David Freeman. David Freeman, wenn Sie sich in oder vor dem Gebäude befinden, melden Sie sich.«
    Ihre Strategie hatte sich geändert. Sie wollten mit mir verhandeln, in dem Glauben, ich sei der Amokläufer. Mir wurde schlecht und ich hielt inne. Meine Arme hoben sich. Ich verschränkte die Hände im Nacken, dann ging ich ruhig weiter.
    Robert tat es mir gleich, und bevor ich es noch richtig begriff, hatte er sich vor mich geschoben. Seltsam, ich hatte immer geglaubt, dass er kleiner als ich war, aber jetzt stellte ich fest, dass das Gegenteil der Fall war. Sein Körper verdeckte meinen.
    »Du bist nicht allein«, murmelte er. »Ich werde bezeugen, dass du nichts damit zu tun hast.«
    Ja, vermutlich war es in Roberts Augen so einfach. Er wusste nichts von Jacob.
    »Frost«, rief er. »Mein Name ist Robert Frost.«
    Nur zwei oder drei hatten ihn gehört. Ich hörte es klacken, als sie im Umdrehen ihre Waffen entsicherten.
    Robert rührte sich nicht. »Nein, nicht schießen. Mein Name ist Robert Frost. Hören Sie zu! Ich habe Ihnen etwas zu sagen. Ich weiß, nach wem sie suchen, aber …«
    Nur einer der Polizisten reagierte. »Herrgott, Junge, wo kommst du denn her? Hast du den Verstand verloren? Warum sitzt du nicht in einem der Busse?«
    »Meine Schwester ist noch im Gebäude. Julia. Julia Frost. Können Sie mir sagen, ob sie lebt?«
    Einige Beamte tauschten Blicke. Ich wusste sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Aber Robert war dieser Moment offenbar entgangen.
    »Ich bin nicht allein«, fuhr er fort. »Mein Freund ist bei mir. Sie suchen nach ihm. Sein Name ist David Freeman.«
    Ich trat hinter Robert hervor, noch immer die Hände erhoben. »Ich bin David Freeman.«
    Keine Reaktion. Ich versuchte, die Unsicherheit, die mich überkam, zu unterdrücken.
    »Das Bild im Internet, das bin ich. Aber ich glaube, die ganze Sache … Verstehen Sie – es geht um mich. Die Toten und Verletzten … Ich soll verantwortlich gemacht werden für das, was geschieht. Aber Sie müssen mir glauben, dass ich nichts damit zu tun habe.«
    Verblüffung zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab. Sie starrten mich an … wie einen Geist. Ich nahm die Arme herunter, öffnete die Jacke, stülpte die Taschen um. »Sehen Sie. Ich bin unbewaffnet.«
    Sie senkten die Waffen und kamen langsam auf uns zu. In ihren Mienen stand Erleichterung geschrieben. Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht damit.
    Eine Gestalt war schneller bei mir als die anderen.
    Ich erkannte sie erst, als sie vor mir stand. »Gott sei Dank, David«, sagte Miranda Garcia. »Noch nie war ich so froh, Sie zu sehen.«
    In diesem Moment meldete mein Handy eine neue Nachricht. Ich zog es aus der Tasche. Chris.
    Ich rief die Nachricht auf und starrte das Smiley auf dem Display an. Ein hämisches grünes Männchen, das vor Freude auf und ab sprang.
    Übelkeit überfiel mich.

12. Im Zeichen der Schlange
    Als Rose sah, wie Tom das Handy von Chris ans Ohr hielt, empfand sie für den Bruchteil einer Sekunde ein kurzes Aufflackern von Hoffnung. Jetzt würden sie erfahren, was Tom vorhatte. Und was sie tun konnten, um die Katastrophe zu verhindern.
    Der schwarze Kasten lag vorne auf dem Pult. Die Fernbedienung war nicht zu sehen, Tom hatte sie in die Tasche gesteckt. Aber die Bedrohung war allgegenwärtig.
    Tom nahm das Telefon vom Ohr, hielt es in die Luft, starrte es unschlüssig an. Sie konnten das Freizeichen hören. Einmal, zweimal, dreimal …
    Geh dran, wiederholte Rose im Innern, verflucht, nimm diesen Anruf entgegen.
    Tom hielt das Telefon wieder ans Ohr, dann ließ er es sinken und sein rechter Zeigefinger wischte über das Display.
    »Da lässt euch jemand offenbar im Stich«, sagte er. »Ein Freund wird zum Feind. Ihr denkt, ihr seid auserwählt. Ihr glaubt, ihn zu kennen. Ihr täuscht euch. Es gibt keinen größeren Lügner unter der Sonne. Er hat euch nichts erzählt, oder?«
    Tom erwartete keine Antwort. Fast schien es so, als spräche er mit sich selbst.
    »Wen muss ich anrufen, Julia? Oder sollte ich besser sagen, Laura de Vincenz?«
    Julia stieß einen leisen Schrei aus. Sie

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