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Das Erlkönig-Manöver

Das Erlkönig-Manöver

Titel: Das Erlkönig-Manöver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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keiner in der Welt: Können Sie sich vorstellen, wie dieser milzsüchti ge Hallodri mit rauchenden Pistolen durch Mainz galop piert? Das war noch schlimmer als Kleist, das wäre – Kleister. Er brächte uns alle in Gefahr.«
    »Wir sind alte Männer. Die Jahre machen uns bedenklich. Aber manche Wagestücke fordern nun einmal den kecken Mut der Jugend.« Schiller lächelte mild. »Viel Selbstgefühl und kühner Mut, bei Gott!, er erinnert mich an mich selbst, früher, in Stuttgarter Zeiten.«
    »Sieh an. Sie waren einst ein selbstsüchtiger, unbändiger und blutrünstiger Teutomane?«
    »Still, Sie Sophist. Bei Herrn von Kleist glimmt halt der Geist Hermanns noch in der Asche.«
    » Hermann ? Was will mir Hermann hier? Wir kämpfen nicht gegen Rom. Wir kämpfen nicht einmal gegen Frankreich, Teufel!, wir kämpfen für Frankreich, um es genau zu nehmen! Wir wollen den König zurück auf den Thron bringen!«
    »Aber das haben Sie den anderen nicht gesagt. Die sehen nur, dass wir etwas gegen den verhassten Napole on tun, und das genügt ihnen vollends.«
    Goethe seufzte. Vom Efeu, der um das geborstene Mauerwerk rankte, riss er ein trockenes Blatt ab und rieb es zwischen seinen Fingern zu Staub.
    »Nehmen wir Kleist auf«, sagte Schiller noch einmal. »Ich will sein Bürge sein, dass es nicht unser Schaden sein soll. – Notabene, wenn wir ihn nicht nehmen, wird er uns eh folgen. Da ist es doch klüger, ihn an unsrer Sei te zu wissen als in unserm Rücken.«
    »Aber seien Sie gewarnt«, sagte Goethe, als sie schon auf dem Rückweg zu den anderen waren, »ich sage, die ser Quälgeist wird unsre Gruppe noch entzweien.«
    Kleist, der sich vor lauter Schwäche an einen Baum gelehnt hatte und dem Bettine Trost zusprach, war überglücklich über die nachträgliche Aufnahme. Er bedankte sich ausgiebig bei den beiden, insbesondere aber bei Schiller, dessen guter Zurede er den Entschluss zu verdanken hatte, und versprach Goethe, künftig vorbildlich und ausschließlich dessen Anweisungen Folge zu leisten.
    Goethe und Schiller befragten nun die gefesselten Gardisten zu allen Details ihres Auftrags, memorierten und notierten ihre Namen, ihre Anlaufpunkte in Mainz und ihre Kontakte. Bei ihren Unterlagen fand sich eine Bescheinigung aus Paris, auf edles Papier gesetzt, mit Siegel versehen und von Fouchés Hand unterzeichnet, die Goldes Wert war, garantierte sie ihnen doch die Befreiung von sämtlichen Kontrollen durch Armee, Nationalgarde und Gendarmerie. Sie schloss mit dem Satz: Der Halter dieses Dokuments handelt auf Mandat und mit der Vollmacht Seiner Kaiserlichen Majestät Napole on I. und ist einzig und allein Ihr Rechenschaft schuldig.
    Dann sollten die Franzosen, einer nach dem anderen, ihre Uniformen ausziehen und statt ihrer die Wäsche aus ihren Tornistern anlegen. Die fünf Uniformen wurden vor der Hütte gesammelt.
    »Was ist das?«, fragte Arnim.
    »Das ist die Uniform der Freiheit«, antwortete Goethe. »Die Kostüme für unsern Einzug in Mainz. Wir werden nun die Nationalgarde, die Frau von Rambaud eskortiert.«
    »Nie!«, rief Arnim aus.
    »Das Blut unsrer Brüder und Verwandten klebt an ihren Röcken!«, versetzte Kleist.
    »Wo?«, fragte Goethe, die Jacke des angeschossenen Gardisten anhebend: »Hier klebt kein Blut als ihr eignes. Das ist ein schmuckes Kleid. Wenn wir in die Höhle der Löwen gehen, tun wir gut daran, uns in Löwenhäute zu kleiden.«
    »Löwen?«, sagte Kleist mit einem verächtlichen Lachen. »Hyänen!«
    Goethe nahm die Haut der obersten Hyäne auf und begann, sich umzukleiden. Die anderen folgten widerstrebend seinem Beispiel. Es gab ein kleines Gerangel um die unversehrten Uniformen, denn niemand wollte die mit dem blutigen Einschussloch in der Brust. Kleist sollte sie nehmen, denn immerhin hatte er sie auch demoliert, aber die Jacke war zu groß für ihn, und so fiel das Los schließlich auf den ungleich kräftigeren Arnim. Angenehm war es nicht, in diese Kleider zu schlüpfen, die durchnässt waren vom Regen außen und innen vom Schweiß der Franzosen, aber das Ergebnis war frappant: Die weißen Hosen und Gamaschen, die blauen Jacken mit den roten Aufschlägen, die Lederkoppeln mit dem Kavalleriesäbel darüber und die Zweispitze mit roten Federn obenauf – all das kleidete die Gefährten ungemein.
    »Was das alles für Wirkung tut!«, meinte Schiller. »Der ganze Unterschied ist in den Röcken.«
    Bettine klatschte vor lauter Entzücken über ihre hübsche Garde in die Hände und

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