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Das ermordete Haus

Das ermordete Haus

Titel: Das ermordete Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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ähnelte und fast völlig hinter wildem Wein verschwand. Vor ihm erhob sich Pontradieu, das sich, noch halbverdeckt von großen, lichten Espen, vor einem aquarellfarbenen Hintergrund abzeichnete. Lang und hoch zugleich lag es da, das herrschaftliche Landhaus, und machte mit seinen zahlreichen verblaßten grünen Jalousien einen freundlichen Eindruck. In der grellen Sonne erschien es ausgebleicht wie die Tinte eines alten Briefes. Hinter einer dieser Jalousien klimperte jemand auf dem Klavier und ließ eine kleine Melodie in die Mittagsluft entweichen.
    Séraphin dachte zunächst, es wäre Patrice. Dieser aber stand vor dem Haus und ließ seine Augen von der obersten Stufe einer überdachten Freitreppe aus unruhig in die Ferne schweifen.
    »Was machst du denn?« rief er schon von weitem. Schnell lief er die Treppe hinunter. Mit ausgebreiteten Armen rannte er auf Séraphin zu und tat so, als wolle er ihn umarmen, tapfer die Klinge seines schauderhaften Lächelns führend. »Was hast du bloß so lange gemacht?« fragte er wieder. »Ich dachte schon, du würdest mich versetzen!«
    Die ausgestandene Furcht ließ ihn noch jetzt erschaudern und seine Hände zittern. Zum ersten Mal in seinem Leben war Séraphin geneigt, eine ihm dargebotene Hand zu drücken, statt seine schlaffe Hand, die sich wie ein Scheuerlappen anfühlte, dem anderen reglos zu überlassen, wie er dies sonst zu tun pflegte. Aber nein … Patrice Dupin war der Sohn Gaspards … Daran konnte auch seine gueule cassée nichts ändern. Die Welt hatte nicht nur vier Jahre hindurch bestanden. Der Krieg war nur eine Begebenheit unter vielen, die Vergangenheit vermochte er nicht unter sich zu begraben. Im Gegenteil, schließlich war die Vergangenheit erst durch den Krieg ans Tageslicht gekommen. Nein. Séraphin war nicht hergekommen, um sich auf diese abwegige Freundschaft einzulassen. Und so erhielt Patrice als Antwort auf seine freudige Zuwendung nur diese leicht widerstrebende Hand, die kalt wie ein toter Vogel in der seinen lag.
    »Ich habe mir auf dem Weg hierher das Wasserbecken angesehen, das hat mich aufgehalten«, erklärte Séraphin. »Ah! Ist es nicht schön? Meines Vaters ganzer Stolz. Jeden Tag macht er einmal die Runde! Selbst wenn er abends spät nach Hause kommt, muß er unbedingt noch einmal um sein Becken herumgehen.«
    »Ein schönes Becken, wirklich …« sagte Séraphin träumerisch.
    »Jetzt komm schon! Hier wird Punkt zwölf Uhr gegessen! Meine Mutter sitzt schon am Tisch.«
    Er zog ihn mit sich in eine helle Eingangshalle, wo es nach Nußwein und Bienenwachs roch. Er schob ihn durch eine Glastür in Richtung eines Raumes, der im Halbschatten schwerer Stores lag. Möbel und Grünpflanzen schimmerten verhalten. Nur einige Glasfiguren, die auf einem großen, weiß gedeckten Tisch zur Schau gestellt waren, ließen auf einigen Wohlstand schließen. Auf der anderen Seite ging dieser Raum ohne Tür in einen langen Korridor über, an dessen Ende gerade die einem Klavier anvertrauten Geheimnisse verklangen.
    »Darf ich vorstellen? Meine Mutter!« sagte Patrice.
    Séraphin erblickte eine Frau, die an dem ihm gegenüberliegenden Ende des Tisches saß. Trotz der Milde des Spätsommertags trug sie fingerlose Handschuhe, wohl um besser den Rosenkranz abbeten zu können, den sie stets bei sich hatte. Sie erschien glatt und gepflegt, und es war schwierig, ihr Alter zu schätzen. Über den ungefähr fünfzig Jahren, die man ihr letztlich doch zugestehen mochte, schwebte ein Hauch verspäteter Jugend, von der das Leben abgeprallt war. Frisch und rosig wie ein Himbeerbonbon, mit einem durch sparsam aufgetragene Schminke unauffällig belebten Teint, bedachte sie alle mit einem Blick, aus dem ewige Glückseligkeit sprach.
    Hinter ihr, versteckt zwischen den länglichen Blättern der Tradeskantien, die in Wellen von den an der Zimmerdecke angebrachten Blumenkörben herunterfielen, hielt eine Art von Dragoner Wache, der wie ein knorriger Baumstamm aussah. Nur daraus, daß dieses Wesen ein Kleid trug, ließ sich schließen, daß es sich um eine Frau handeln mußte. Diese Person musterte Séraphin mit äußerst beweglichen Augen und preßte vor Mißtrauen und Mißbilligung die Lippen zusammen.
    Mit einer Handbewegung, die keinen Widerspruch duldete, hielt die Dame mit dem Rosenkranz Patrice eine Art Notizblock nebst Bleistift hin, und dieser kritzelte schnell etwas darauf.
    »Ah ja? So so! Sie sind Séraphin Monge? Also sind Sie derjenige, der …« Ihre dünne

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