Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
dem Pferd herunter, oder wirft mich vielmehr wie ein Wäschepaket auf den Boden. Ein paar Minuten vergehen, dann höre ich nur ganz vage, denn ich bin halbtot, Ausrufe, die sich überschneiden.
»She is dead!« (Sie ist tot.)
»No. Ell’è solamente svenita.« (Nein, sie ist nur ohnmächtig.)
»Bindet sie los«, befiehlt auf Französisch eine Stimme, die ich Leutnant Lacour zuschreibe, »und ebenso den Arzt.«
Diese Femininform … Ist Miss Buxton etwa in Gefahr?
Ich fühle, daß man mich von dem Sack und dem Knebel befreit, die mich am Sehen und Atmen hinderten. Sollten sich meine Henker etwa vorstellen, sie würden unter diesen wenig empfehlenswerten Toilettenartikeln Dr. Châtonnay finden? Ja, offenbar ist das der Grund, weshalb man sich mit meiner bescheidenen Person beschäftigt, denn gleich darauf wird der Irrtum offenbar.
»Das ist er nicht. Nehmt euch einen anderen vor«, sagt der Chef, der tatsächlich Leutnant Lacour ist, wie ich vermutete.
Ich sehe ihn an und belege mich selber mit den beleidigendsten Beschimpfungen. Wenn ich denke, daß ich diese Kreatur für einen französischen Leutnant habe halten können! … Gewiß kann ich zu meiner Ehre sagen, daß mir gleich etwas von Irreführung geschwant hat, aber doch eben nur geschwant. Ich habe doch nicht ernstlich diesen Banditen unter der angemaßten Uniform demaskiert, und er hat sich, wie man so sagt, eins ins Fäustchen gelacht, worüber ich noch jetzt in Wut gerate. Oh, diese Kanaille! … Wenn ich den Kerl einmal zu fassen bekäme! …
In diesem Augenblick tritt ein Mann zu ihm und redet ihn mit seinem richtigen Namen an: Hauptmann Rufus. Meinetwegen Hauptmann. Auch wenn er sich General nennen könnte, wäre es deswegen nicht mehr wert.
Während man mit ihm spricht, gibt Hauptmann Rufus nicht weiter auf mich acht. Ich nutze das aus, um tief einzuatmen. Noch etwas länger, und ich wäre erstickt. Man sieht das sicher, ich bin vermutlich violett im Gesicht, denn nachdem der Hauptmann einen Blick in meine Richtung geworfen hat, gibt er einen Befehl, den ich nicht verstehe. Auf der Stelle werde ich durchsucht. Man nimmt mir meine Waffen und mein Geld ab, läßt mir aber mein Tagebuch. Diese Rohlinge sind sich über den Wert eines Textes, der von Amédée Florence stammt, nicht klar. Mit was für unwissenden Spitzbuben, lieber Himmel, habe ich es da zu tun!
Diese elenden Kreaturen binden mir jedoch immerhin Arme und Beine los, und ich kann mich bewegen. Ich mache sofort davon Gebrauch und schaue mir vor allem meine Umgebung an.
Was mir als erstes in die Augen fällt, sind zehn … ja, was? … zehn … Maschinen, zehn … hm! Gegenstände … Apparate … zehn Objekte … Der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, zu was sie zu gebrauchen sind, denn sie gleichen keiner Sache, die ich zuvor jemals gesehen habe. Man stelle sich eine ziemlich breite Plattform vor, die auf am äußersten Ende umgebogenen Füßen steht. Auf der Plattform erhebt sich ein Mast aus metallenem Gitterwerk, der vier bis fünf Meter hoch ist, in der Mitte einen großen zweiarmigen Propeller trägt und an seiner Spitze zwei … (Hallo! Jetzt fängt es wieder an; es ist mir einfach unmöglich, die richtige Bezeichnung zu finden) zwei … Arme, zwei … Flächen … nein, das Wort schwebt mir auf der Zunge, denn das fragliche Objekt ist einem kolossalen Reiher sehr ähnlich, der auf einem Bein steht, zwei Flügel, das stimmt schon eher, zwei Flügel aus glänzendem Metall mit einem Gesamtdurchmesser von ungefähr sechs Metern. Nach genauer Feststellung gibt es hier zehn dieser Beschreibung entsprechende Apparate, die militärisch nebeneinander aufgereiht sind. Wozu mögen sie dienen?
Nachdem ich mich an diesem unbegreiflichen Schauspiel sattgesehen habe, bemerke ich, daß ich von einer ziemlich zahlreichen Gesellschaft umgeben bin.
Da ist zunächst einmal der neuerdings zum Range eines Hauptmanns Rufus beförderte Exleutnant Lacour, die beiden ehemaligen Sergeanten unserer zweiten Begleitmannschaft, deren wirklichen militärischen Rang ich nicht kenne, ihre zwanzig schwarzen Schützen, von denen ich die meisten wiedererkenne, und schließlich zehn Weiße, die ich nie gesehen habe, alles Galgengesichter. Wenn die Gesellschaft zahlreich ist, scheint sie mir andererseits nicht besonders erlesen.
Inmitten dieser Leute erkenne ich meine Reisegefährten. Ich überfliege mit den Augen ihre Zahl. Sie sind alle da. Miss Buxton hat sich auf dem Boden ausgestreckt. Sie ist
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