Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
in einem Ton, in dem keine Drohung mehr aufklingt.
»Ich Bedienter hier«, antwortet mit einem Blick von unten her Tchoumouki, der jetzt die Tür weit öffnet.
Draußen im Korridor stehen zwei weitere Neger mit allerlei Eßbarem, das Tchoumouki jetzt auf meinem Tisch abstellt. Bei diesem Anblick läuft mir das Wasser im Munde zusammen, ich merke, daß ich hungrig bin. Das ist nicht weiter erstaunlich; seit zwei Uhr nachmittags habe ich gefastet.
Unter Zurückstellung jeglicher anderen Sorgen tue ich der Mahlzeit alle gebührende Ehre an. Sie wird mir von Tchoumouki serviert, den ich ausfrage und der sich auch keineswegs lange bitten läßt, mir Rede zu stehen. Seiner Darstellung zufolge bin ich der – höchst unfreiwillige – Gast eines mächtigen Königs, Seiner Majestät Harry Killers – ein recht abscheulicher Name, unter uns gesagt –, und zwar hat man mich in eine ganz außergewöhnliche Stadt gebracht, wo ›sein viele große Häuser‹ und ›viel Sachen toubab‹, was bedeutet, daß es dort eine Menge europäischer Erfindungen gibt. Das fällt mir nicht schwer zu glauben, nachdem ich die fabelhaften fliegenden Maschinen erlebt habe, von deren Existenz ich noch vollkommen überwältigt bin.
Ich setze meine Ermittlungen fort. Demnach hätte also der besagte Herrscher ihn, Tchoumouki, auf die Fährte von Mademoiselle Mornas gesetzt, damit diese ihn als Führer anheuerte, so wie man, ob man will oder nicht, die Karte wählt, von der ein Zauberkünstler wünscht, daß man sich für sie entscheidet. Er steht sogar auf dem Standpunkt, sein Engagement sei keineswegs aufgehoben, vielmehr betrachte er sich als für die ganze Zeit, die seine Herrschaft noch in Afrika verbringen werde, als in den Diensten von Mademoiselle Mornas und Monsieur de Saint-Bérain stehend. Sollte Tchoumouki sich über mich lustig machen? Ich sehe ihn mir an. Nein, er redet völlig im Ernst, was im übrigen ja nur um so komischer ist.
Er behauptet, er habe sich durch Moriliré verleiten lassen, der seinerseits allerdings im Solde des Monarchen stehe, der uns gefangen hält. Moriliré hatte ihm demnach, so scheint es, in dithyrambischen Tönen Macht und Freigebigkeit dieses Harry Killer geschildert, den Tchoumouki übrigens nie gesehen hat; er habe ihm ein großzügiges, bequemes Leben verheißen. Aus diesem Grunde habe Tchoumouki, so sagte er, den Frontwechsel vollzogen.
Als ich ihn frage, ob er weiß, was aus seinem ehemaligen Kameraden Tongané geworden ist, tritt ein wilder Ausdruck in sein Gesicht, er legt die Hand um seinen Hals und macht ein Geräusch, als werde er ihm umgedreht.
Meine Vermutungen waren also richtig. Der arme Tongané ist tatsächlich tot.
Tchoumouki hört mit seinen vertraulichen Mitteilungen nicht eher auf, als bis ich alles weiß. Das Brummen, das ich am Tage seines Verschwindens gehört habe, rührte von einer Flugmaschine her, mit der Leutnant Lacour alias Hauptmann Rufus angekommen war, dessen Leute uns unter Anführung durch zwei Unteroffiziere auf dem Landweg entgegengezogen waren und unterwegs aus purem Beschäftigungsbedürfnis die Dörfer, auf die sie stießen, verwüstet hatten. Was die Fahrspuren im Busch betrifft, die ich am folgenden Tage bei meinem Spazierritt mit Tongané bemerkt hatte, so hatte das Landegestell dieser Flugmaschine sie in den Boden eingegraben. So erklären sich auch das vernachlässigte Aussehen der Truppe und die makellose Eleganz des Offiziers, so auch das Entsetzen des durch ein Explosivgeschoß verwundeten Negers, als er einen von denen wiedererkannte, die sein Dorf überfallen hatten, und sein indifferentes Verhalten dem Leutnant gegenüber, den er noch nie gesehen hatte. Tchoumouki selbst war von der gleichen Maschine entführt worden, die wieder Kurs auf ihren Heimathafen, nämlich hierher nahm …
Tchoumouki spricht einen Namen aus, den er grausam verstümmelt. Nach langem Aufmerken wird mir endlich klar, daß er beabsichtigt, ›Blackland‹ zu sagen, das heißt ein zusammengesetztes englisches Wort zu artikulieren, dessen wörtliche Übersetzung ›Schwarzes Land‹ lauten würde. Der Name ist einleuchtend. Wir würden demnach also in Blackland sein, einer wahren Wunderstadt nach dem, was Tchoumouki berichtet, wiewohl sogar den versiertesten Geographen vollkommen unbekannt.
Während der Neger mir diese Auskünfte erteilt, stelle ich Überlegungen an. Warum sollte er nicht, da er aus Selbstsucht zum Verräter geworden ist, aus der gleichen Selbstsucht heraus auch
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