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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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sodass das transparente Plastik beschlug und undurchsichtig wurde. Ihre Knie knickten ein, doch Solange ergriff ihren Arm und stützte sie.
    »Du musst stark sein«, sagte er. »Für den Kleinen – das ist wichtig, ma chère.« Dann wandte er sich an die anderen. »Los«, sagte er. »Alle außer Susannah und Mr. Kim.«
    Einer nach dem anderen stülpten sich ihre Freunde die Plastikbeutel über den Kopf und banden sie am Hals zu. Entsetzt sah Susannah, wie die Beutel sich aufblähten und wieder zusammenzogen, wie sie um Wangen und Nasen klebten und sich dann erneut bauschten.
    Solange ging noch einmal zu der Holzkiste, griff ein zweites Mal hinein und kam mit zwei Boxhandschuhpaaren zurück. Er warf Susannah eins zu und bedeutete ihr, die Handschuhe anzuziehen. Er selbst streifte sich das andere Paar über.
    »Die Sache ist kompliziert«, erklärte Solange, während er seine Hände in die Handschuhe steckte. »Erde, sie ist die Mutter – heilig. So wie das Leben. Das ist unsere Religion. Das wissen wir. Aber wir wissen auch, dass wir dabei sind, sie zu töten – du und ich – wir töten sie, und wir töten ihre Kinder – die Millionen unterschiedlichen Spezies, die sie hervorbringt. (Du musst nicht extra einen Knoten machen, ma chère. Steck einfach nur die Hände rein.) Wir haben die Atmosphäre durchlöchert, das Grundwasser vergiftet, den Boden verdorben, die Wälder zerstört. Und wenn du jetzt diese Beutel siehst, kannst du dir vielleicht vorstellen, wie die Erde sich fühlt, wie es ist, unter Plastik begraben zu werden, an den eigenen Ausdünstungen zu ersticken. Wenn ich dir sage, dass Zivilisation Mord ist, wirst du dich vielleicht daran erinnern.« Solange klatschte in die Hände und fing an zu tänzeln.
    »Darf ich Stephen bitte rausholen?«, fragte Susannah. »Ich glaube, das ist nicht gut für ihn.«
    »Aber, ma chère, das ist doch gerade der Punkt. Ich glaube, er ist nicht gut für uns. Oder glaubst du das etwa? He – du weißt doch genauso gut wie ich, was das größte Problem ist. Die Überbevölkerung, nicht wahr? Es gibt zu viele von uns. Und trotzdem lieferst du uns einen weiteren Räuber, den es zu ernähren gilt. Was hast du dir bloß dabei gedacht? Womit hast du gedacht?«
    Susannah schüttelte den Kopf. Solange war jetzt zwischen ihr und Stephen, und sie konnte ihn nicht mehr sehen.
    »Wenn er von einer anderen wäre, ma chère, würde ich ihn wie ein Kätzchen ertränken. Als Exempel. Aber er ist von dir, und deshalb verrate ich dir jetzt, was wir machen werden: Wir werden um ihn boxen! Eine Runde. Drei Minuten. Und wenn du danach noch auf den Beinen bist, darfst du ihn retten, ma chère, okay? Aber wenn nicht, tja, dann wird er wohl bleiben, wo er ist.«
    »Aber – ich kann das nicht. Ich weiß gar nicht, wie!« Panik wallte in ihr auf.
    »Ich bringe es dir bei. Wichtig ist, dass wir endlich anfangen, verstehst du? Denn bis dahin ist alles reine Zeitverschwendung, hä?«
    Susannah nickte.
    »Okay, also es geht los. Ein kleiner Punch. Komm schon, ma chère, wie du schon gesagt hast: Ich glaube, es ist nicht gut für ihn.«
    Sie schlug nach ihm, und Solange machte einen graziösen Schritt zur Seite, schielte dabei auf seine Armbanduhr. »Okay, das war ein Anfang, aber kein besonders guter. Schlag durch mich hindurch, ma chère – nicht nach mir. Los!«
    Sie konnte kämpfen. Sie war mit drei Brüdern aufgewachsen, und einer von Ihnen war ein richtiger Raufbold gewesen. Aber sie konnte sich nicht auf Solange konzentrieren. Es kostete sie all ihre Kraft, nicht zu Belinda hinüberzurennen und –
    Sterne! Plötzlich sah sie Sterne. Mit einem linken Haken ließ Solange ihren Kopf nach hinten fliegen und verpasste ihr dann eine rechte Gerade, von der ihr ein Lichtblitz durch die Augen fuhr. Sie taumelte rückwärts, ungläubig. Niemals hatte ihr Bruder sie so geschlagen.
    »Halt die Fäuste oben, ma chère, und komm näher an mich ran. Meine Reichweite ist größer als deine. Komm schon! Denk doch mal nach! Komm in meine Arme.«
    Sie schmeckte Blut im Mund, und Tränen brannten ihr in den Augen. Was hatte er gesagt? Dass sie stehen musste? Auf den Beinen bleiben? Wegen Stephen?
    Solange landete einen linken Haken auf ihrer Schulter, dann schlug er mit rechts, aber sie wich aus, sprang zurück. »Gut so! Noch zwei Minuten!«
    Er hat gesagt, er würde ihn da lassen, wo er ist. Er hat gesagt, er würde ihn in dem Beutel lassen.
    »Nicht schlecht«, sagte Solange, »aber du musst in den

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