Das erste Gesetz der Magie - 1
an Kahlan.
»Sag mir, Kind, kennst du das Geheimnis, das er vor dir verbirgt?« Kahlan erwiderte nichts. Adie sah wieder zu Richard. »Kennt der Zauberer das Geheimnis, das ihr vor ihm verbergt? Nein. Drei Blinde. Hm? Wie es aussieht, sehe ich besser als du.«
Richard fragte sich, welches Geheimnis Zedd vor ihm verbarg. Er zog eine Braue hoch. »Und welches dieser Geheimnisse kennst du, Adie?«
Sie zeigte mit dem Finger auf Kahlan. »Ihres. Nur das eine.«
Richard war erleichtert, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Er wäre fast in Panik geraten. »Jeder hat seine Geheimnisse, meine Gute, und das Recht, sie wenn nötig zu verschweigen.«
Ihr Lächeln wurde breiter. »Das stimmt, Richard Cypher.«
»Was ist nun mit den beiden hier?«
»Weißt du, wie man sie heilt?« fragte sie.
»Nein. Wenn, dann hätte ich es doch wohl schon getan.«
»Deine Ungeduld sei dir verziehen. Es ist nur recht, wenn du um das Leben deiner Freunde bangst. Doch sei unbesorgt, sie erhalten bereits Hilfe, seit ihr sie hereingebracht habt.«
Richard sah sie verwirrt an. »Wirklich?«
Sie nickte. »Sie sind von Monstern aus der Unterwelt niedergeschlagen worden. Sie werden Zeit brauchen, um wieder aufzuwachen, Tage vielleicht. Wie viele, vermag ich nicht zu sagen. Aber sie werden ausgetrocknet sein. Wassermangel wird ihr Tod sein, deswegen muß man sie wecken, damit sie trinken, oder sie werden sterben. Der Zauberer atmet langsam, aber nicht, weil es ihm schlechter ginge, sondern weil Zauberer auf diese Weise in schwierigen Zeiten Kraft sparen. Sie fallen in einen tiefen Schlaf. Ich muß sie beide wecken, damit sie trinken. Hab keine Angst. Geh in die Ecke und hol den Wassereimer.«
Richard holte Wasser, dann half er Adie, sich mit untergeschlagenen Beinen neben die Köpfe von Zedd und Chase zu setzen. Sie bat Richard, ihr das Knochenwerkzeug vom Regal zu bringen.
Teils sah es aus wie ein menschlicher Hüftknochen. Der Gegenstand war ganz mit dunkelbrauner Patina überzogen und sah uralt aus. Längs des Schafts waren Symbole eingeritzt, die Richard nicht kannte. An einem Ende waren zwei Schädeldecken befestigt worden. Sie waren zu glatten Halbkugeln geschnitten und mit Häuten bespannt. In beiden Häuten befand sich ein Knoten, der wie ein Nabel aussah. Die Häute waren über den Schädelrand gespannt und wurden in gleichmäßigen Abständen von derben, schwarzen Haarsträngen gehalten, die mit perlenbesetzten Schnüren zusammengebunden waren – diese glichen jenen, die Adie um den Hals trug. Die Schädeldecken sahen aus, als könnten sie von einem Menschen stammen. Im Innern rasselte etwas.
Richard reichte ihn Adie. »Woher kommt das Rasseln?«
Ohne aufzusehen, sagte sie: »Getrocknete Augen.«
Adie schwenkte die Knochenrassel sachte über die Köpfe von Chase und Zedd hinweg und murmelte dabei einen Gesang in jener fremden Sprache, in der sie auch zu Kahlan gesprochen hatte. Die Rassel gab einen hohlen, hölzernen Ton von sich. Kahlan setzte sich mit untergeschlagenen Beinen neben sie, und da man Richard nicht hinzugebeten hatte, blieb er im Hintergrund und sah zu.
Nach zehn oder fünfzehn Minuten winkte ihn Adie zu sich. Zedd setzte sich plötzlich auf und öffnete die Augen. Richard sollte ihm Wasser geben. Sie fuhr mit ihrem Singsang fort, während er die Kelle eintauchte und sie Zedd an den Mund hielt. Er trank gierig. Richard war sichtlich erleichtert, als er sah, wie der alte Mann die Augen aufschlug, auch wenn er weder sprechen konnte noch wußte, wo er war. Zedd trank einen halben Eimer Wasser. Als er fertig war, legte er sich wieder hin und schloß die Augen. Als nächstes kam Chase an die Reihe und trank die andere Hälfte des Wassers.
Adie reichte Richard die Knochenrassel und bat ihn, sie ins Regal zurückzustellen. Nun mußte er den Knochenhaufen herbeitragen und ihn zur Hälfte über Zedd, zur Hälfte über Chase verteilen. Für jeden Knochen gab sie ihm genaue Positionsanweisungen. Zum Schluß mußte er Rippenknochen in einem Wagenradmuster mit der Nabe genau über der Brust eines jeden Mannes zusammenlegen. Als er fertig war, gratulierte sie ihm zu dem gelungenen Werk. Er war allerdings nicht gerade stolz, da sie ihn bei jedem Handgriff angeleitet hatte. Adie schaute mit ihren weißen Augen hoch.
»Kannst du kochen?«
Richard mußte daran denken, wie Kahlan gemeint hatte, seine Gewürzsuppe sei genau wie ihre, und daß ihre beiden Länder sich so ähnlich seien. Adie war aus den Midlands,
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