Das erste Gesetz der Magie - 1
Wurzel, die mich rettete. Da war ich das einzige Mal dem Tod nahe. Und heute ist es schon dreimal geschehen. Was soll ich…«
Sie legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen.
»Du hast recht. Ich werde dir deine Fragen beantworten. Nur nicht über mich. Das kann ich jetzt noch nicht.«
Er setzte sich auf und sah sie an. Sie zitterte vor Kälte. Er ließ den Rucksack von den Schultern gleiten, zog eine Decke heraus und wickelte sie damit ein.
»Du hast mir ein Feuer versprochen«, sagte sie bibbernd. »Hast du vor, dein Versprechen zu halten?«
Er konnte nicht anders. Lachend erhob er sich. »Aber sicher. Dort drüben, auf der anderen Seite der Lichtung steht eine Launenfichte. Oder wenn du willst, ein Stück den Pfad hinauf stehen auch noch andere.«
Sie hob den Kopf und sah ihn mit einer Mischung aus Neugier und Zorn an.
»Also gut«, er lächelte, »suchen wir uns eine andere Launenfichte den Pfad hinauf.«
»Was ist eine Launenfichte?« fragte sie.
5. Kapitel
Richard bog die Äste zurück. »Das hier ist eine Launenfichte«, verkündete er. »Der Freund eines jeden Reisenden.«
Drinnen war es dunkel. Kahlan hielt die Äste zur Seite, damit er im Mondlicht genug sehen konnte, um mit Hilfe seines Feuersteins ein Feuer anzuzünden. Wolken schoben sich vor den Mond, und sie konnten in der kalten Luft ihren Atem erkennen. Richard hatte hier auf dem Weg von und zu Zedd schon früher haltgemacht und aus Steinen eine kleine Feuerstelle angelegt. Es war trockenes Holz da und ganz hinten ein Heuhaufen, den er als Lager benutzt hatte. Da er sein Messer nicht dabei hatte, war er froh, einen Vorrat an Zunder zurückgelassen zu haben. Das Feuer war schnell entfacht und füllte den Hohlraum unter dem Geäst mit flackerndem Licht.
Richard konnte unter den untersten Ästen nur knapp stehen. Die Äste hatten nur an den Enden Nadeln, waren an der Innenseite kahl und bildeten so einen Hohlraum. Die untersten Äste senkten sich bis auf den Boden. Wenn man aufpaßte, hielt der Baum dem Feuer stand. Der Rauch des kleinen Feuers schraubte sich in der Mitte, nahe am Stamm, in die Höhe. Die Nadeln wuchsen dort sehr dicht, und selbst bei starkem Regen blieb es im Innern trocken. Richard hatte so manchen Regen unter einer solchen Fichte abgewartet. Auf seinen Reisen durch Kernland hatte er den Aufenthalt in den kleinen, aber gemütlichen Unterständen immer genossen.
Jetzt war er über das verborgene Obdach besonders froh. Auch vor ihrer Begegnung mit dem langschwänzigen Gar hatte er großen Respekt vor einigen Pflanzen und Tieren im Wald gehabt, aber gefürchtet hatte er sich im Wald vor nichts.
Kahlan schlug die Beine übereinander und setzte sich vor das Feuer. Sie zitterte noch immer, hatte die Decke wie eine Kapuze über den Kopf gestülpt und zog sie sich dicht unters Kinn.
»Ich habe noch nie von Launenfichten gehört. Normalerweise bleibe ich auf Reisen nicht im Wald. Sie scheinen aber ein wunderbarer Ort zum Schlafen zu sein.« Sie wirkte noch müder als er.
»Wann hast du das letzte Mal geschlafen?«
»Vor zwei Tagen, glaube ich. Alles verschwimmt ein wenig.«
Richard war überrascht, daß sie die Augen noch offenhalten konnte. Auf ihrer Flucht vor dem Quadron hatte er kaum mit ihr mithalten können. Offenbar hatte die Angst sie weitergetrieben.
»Warum ist es solange her?«
»Es wäre sehr unklug«, erwiderte sie, »sich an der Grenze schlafen zu legen.« Kahlan sah ins Feuer, das sie mit seinem warmen Zauber einhüllte und dessen Licht über ihr Gesicht flackerte. Sie lockerte die Decke unter ihrem Kinn, nahm die Hände hervor und wärmte sie am Feuer.
Ein eisiger Schauder durchfuhr ihn, als er daran dachte, was es im Grenzgebiet gab, was geschehen konnte, wenn man sich dort schlafen legte.
»Hungrig?«
Sie nickte. Ja.
Richard grub in seinem Rucksack, förderte einen Topf zutage und ging hinaus, um ihn an dem Bach zu füllen, den sie ein kurzes Stück zuvor passiert hatten. Die Geräusche der Nacht füllten die klirrend kalte Luft. Er fluchte, weil er unter anderem auch seinen Umhang zu Hause gelassen hatte. Beim Gedanken an das, was zu Hause auf ihn gewartet hatte, fröstelte er noch mehr.
Bei jedem Insekt, das vorbeisirrte, zuckte er vor Angst zusammen, es könnte eine Blutmücke sein. Mehrere Male blieb er wie erstarrt stehen, um kurz darauf erleichtert aufzuatmen, als er sah, daß es nur eine Schneegrille, eine Motte oder ein Spitzenflügling war. Schatten verschmolzen
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