Das erste Gesetz der Magie - 1
weiß. Aber wer war es dann? Und warum?« Ihr Gesicht entspannte sich.
Er starrte sie verzweifelt an. »Gibt es nichts, was wir für sie tun können?«
»Es ist nicht unsere Aufgabe, ein paar Menschen oder die Toten zu beschützen. Wir müssen alle Lebenden beschützen, indem wir Darken Rahl aufhalten. Wir müssen nach Tamarang. Was immer uns auch erwartet, wir halten uns besser von den Straßen fern.«
»Du hast recht«, gab er widerwillig zu. »Aber es gefällt mir nicht.«
»Mir auch nicht.« Ihre Züge entspannten sich. »Richard, ich glaube, sie sind in Sicherheit. Welche Armee das auch immer getan hat, sie wird nicht wegen ein paar Frauen und Kindern zurückkommen. Sie ist auf größere Beute aus.«
Ein schöner Trost, daß die Mörder es vorzogen, mehr Menschen zu quälen, und das im Namen seiner Heimat. Richard haßte das alles. Er mußte daran denken, daß zu Hause in Kernland seine größte Sorge sein Bruder gewesen war, der ihm ständig vorschrieb, was er zu tun hatte.
»Ein Trupp von dieser Größe wird durch einen solch dichten Wald nicht auf Pfaden marschieren, sondern sich auf den Straßen halten. Trotzdem halte ich es für das beste, wenn wir nachts nach Launenfichten Ausschau halten. Man kann nie wissen, wer uns beobachtet.«
Sie nickte. »Richard, viele Menschen aus meiner Heimat haben sich Rahl angeschlossen und unaussprechliche Verbrechen begangen. Denkst du deswegen schlecht über mich?«
»Natürlich nicht.« Er legte die Stirn in Falten.
»Ich würde auch nicht schlechter von dir denken, wenn es Soldaten aus Westland wären. Es ist nicht deine Schuld, wenn Landsleute von dir Verbrechen begehen, die du abscheulich findest. Wir befinden uns im Krieg. Wir versuchen dasselbe zu tun wie unsere Vorfahren, sowohl die Sucher als auch die Konfessoren. Wir wollen einen Herrscher vom Thron stoßen. Dabei können wir nur auf zwei Menschen zählen. Auf dich und auf mich.« Sie sah ihm auf eine Art in die Augen, die ihn schlucken ließ. Ihr Blick hatte etwas Zeitloses. Er merkte, daß er das Heft des Schwertes fest umklammert hielt. »Vielleicht kommt eine Zeit, wenn du dich nur noch auf dich selbst verlassen kannst. Wir tun alle unsere Pflicht.« Das war nicht Kahlan, die da gesprochen hatte, es war die Mutter Konfessor.
Es war ein harter, unbehaglicher Moment, bevor sie den Blickkontakt abbrach, sich endlich umdrehte und ging. Er raffte seinen Umhang fest um sich. Ihm war kalt, von innen wie von außen.
»Das waren keine Westländer«, murmelte er kaum hörbar, als er ihr folgte.
»Brenne für mich«, sagte Rachel. Das kleine Häuflein aus Zweigen mit dem Ring aus Steinen drum herum entzündete sich und tauchte das Innere der Launenfichte in ein strahlend rotes Licht. Sie steckte den Feuerstab zurück in ihre Tasche und wärmte sich fröstelnd die Hände am Feuer, während sie Sara betrachtete, die auf ihrem Schoß lag.
»Heute nacht sind wir hier sicher«, sagte sie zu ihrer Puppe. Sara antwortete nicht. Seit der Nacht, in der sie vom Schloß fortgelaufen waren, hatte sie nicht gesprochen, also tat Rachel einfach so, als redete die Puppe und erzählte ihr, wie lieb sie sie hatte. Als Antwort auf Saras Schweigen drückte sie sie an sich.
Sie holte einige Beeren aus ihrer Tasche und aß sie einzeln. Nach jeder wärmte sie sich die Hände. Sara wollte keine Beeren. Rachel knabberte von einem Stück Hartkäse, all die anderen Lebensmittel, die sie aus dem Schloß mitgebracht hatte, waren aufgegessen. Bis auf das Brot natürlich. Aber das konnte sie nicht essen, denn darin war ja das Kästchen versteckt. Rachel vermißte Giller sehr. Trotzdem mußte sie tun, was er gesagt hatte, sie mußte weiter fortlaufen und sich jede Nacht eine neue Launenfichte suchen. Sie wußte nicht, wie weit sie vom Schloß entfernt war. Solange es Tag war, lief sie einfach weiter, morgens die Sonne im Rücken, abends im Gesicht. Das hatte sie von Brophy gelernt. Mit der Sonne reisen, hatte er es genannt. Vermutlich tat sie genau das. Reisen.
Ein Fichtenast bewegte sich wie von alleine und ließ sie auffahren. Dann sah sie eine große Hand, die ihn zurückhielt. Dann die blinkende Klinge eines langen Schwertes. Sie starrte mit aufgerissenen Augen, unfähig, sich zu bewegen.
Ein Mann steckte seinen Kopf herein. »Na, wen haben wir denn hier«, grinste er.
Rachel hörte ein jämmerliches Geräusch und mußte feststellen, daß es aus ihrer eigenen Kehle stammte. Noch immer war sie unfähig, sich zu rühren. Eine Frau
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