Das erste Gesetz der Magie - 1
zur Hand, sah ihn angewidert an und stellte ihn wieder ab. »Ich fürchte, wir stecken in gewaltigen Schwierigkeiten«, sagte er leise.
Richard hatte eine sarkastische Bemerkung auf den Lippen, verkniff sie sich aber. Statt dessen fragte er: »Wieso? Was ist passiert? Was ist mit deinem Plan?«
»Mein Plan.« Zedd lächelte säuerlich, zog die Knie an und zerrte seinen Umhang über die Beine, so daß ein kleines Zelt entstand. »Mein Plan war es, Rahl aufzuhalten, ohne mich mit ihm einlassen zu müssen und ohne daß ihr in Gefahr geratet. Ihr beide solltet allem Ärger aus dem Weg gehen, während ich die Sache in die Hand nehmen wollte. Wie es aussieht, bleibt jetzt wohl nur noch euer Plan. Ich habe euch nicht alles erzählt, was man über die Kästchen der Ordnung wissen muß, denn dieses Wissen ist nicht für euch bestimmt. Es ging euch nichts an, es war nur mir vorbehalten.« Er sah die beiden nacheinander an, und kurz blitzte Wut in seinen Augen auf, die jedoch sofort wieder erlosch. »Ich denke, jetzt spielt es keine Rolle mehr.«
»Was durften wir nicht wissen?« fragte Kahlan stirnrunzelnd. Auch sie schien für einen kurzen Augenblick wütend zu werden. Der Gedanke, in Gefahr geraten zu sein, ohne alles zu wissen, behagte ihr offenbar ebensowenig wie Richard.
»Nun, seht ihr«, meinte Zedd, »die drei Kästchen funktionieren genau, wie ich gesagt habe. Jedes hat seinen ganz eigenen Zweck, man muß nur wissen, welches man öffnet. Das ist alles, was ich weiß. Es steht alles in einem Buch, dem Buch der Gezählten Schatten. Das Buch der Gezählten Schatten ist eine Art Gebrauchsanweisung für die Kästchen. Und ich bin sein Hüter.«
Richard erstarrte. Der Zahn schien ihm von der Brust springen zu wollen. Er konnte keinen Muskel rühren, bekam kaum noch Luft.
»Du weißt, welches Kästchen welches ist?« wollte Kahlan wissen. »Du weißt, welches er öffnen muß?«
»Nein. Ich bin der Hüter des Buches. Das steht alles nur im Buch. Aber ich habe es nie gelesen. Ich weiß nicht, welches Kästchen welches ist oder wie man es herausfindet. Mit dem Offnen des Buches hätte ich die Verbreitung des Wissens riskiert. Es darf nicht geöffnet werden, das könnte sehr gefährlich werden. Deswegen habe ich es nie getan. Ich bin der Hüter vieler Bücher, dies ist nur eines von ihnen, aber ein sehr wichtiges.«
Richard hatte die Augen aufgerissen und versuchte, sie durch mehrmaliges Zwinkern wieder zu entspannen. Sein Leben lang hatte er sich darauf gefreut, den Hüter des Buches kennenzulernen, und es war die ganze Zeit Zedd gewesen. Der Schock saß tief.
»Wo war es?« fragte Kahlan. »Was ist passiert?«
»Es befand sich in meiner Obhut. Der Zaubererobhut in Aydindril.«
»Du warst in Aydindril?« fragte Kahlan. Ihre Stimme klang besorgt. »Ist das Buch dort sicher?«
Zedd wandte den Blick ab. »Aydindril ist gefallen.«
Kahlan schlug sich die Hand vor den Mund, ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Nein.«
Zedd nickte. »Ich fürchte, doch.« Er zupfte verlegen an seinem Umhang. »Wenigstens habe ich den Besatzern einen Denkzettel verpaßt«, fügte er kaum hörbar hinzu.
»Und Hauptmann Riffkin? Leutnant Delis und Leutnant Miller? Die Palastwache?«
Zedd hielt den Blick gesenkt und schüttelte jedesmal den Kopf, wenn sie einen Namen nannte. Kahlan schlug sich die Hände vor die Brust, atmete schwer und biß sich auf die Unterlippe. Wer immer diese Männer waren, Kahlan war erschüttert über die Neuigkeiten.
Richard glaubte, seinen Schock hinter einer Bemerkung verbergen zu müssen. »Was ist diese Zaubererobhut?«
»Ein Zufluchtsort, ein Ort, an dem Zauberer wichtige Gegenstände der Magie aufbewahren, wie zum Beispiel die Bücher der Prophezeiungen, aber auch weit wichtigere Bücher – Bücher der Magie und voller Anleitungen, wie zum Beispiel das Buch der Gezählten Schatten. Einige werden für die Ausbildung neuer Zauberer verwendet, andere als Nachschlagwerke, wieder andere als Waffen. Auch andere Gegenstände der Magie werden dort aufbewahrt, wie zum Beispiel das Schwert der Wahrheit, wenn es nicht gerade ein Sucher benutzt. Die Obhut ist durch Magie versiegelt, und nur ein Zauberer kann dort hinein. So zumindest sollte es sein. Trotzdem ist jemand eingedrungen. Wie er es geschafft hat, ohne getötet zu werden, geht über mein Verständnis. Es muß Darken Rahl gewesen sein. Bestimmt hat er das Buch.«
»Vielleicht war es nicht Darken Rahl«, brachte Richard hervor. Sein Rücken war steif wie
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