Das erste Gesetz der Magie - 1
Frieden in Rahls Gesicht ließen Richard erschaudern. »Meine Gespielin hat mir berichtet, daß du nichts als Ärger machst. Dem Anschein nach hat sie nicht gelogen. Das freut mich. Was mich nicht freut, ist, daß es der Wahrheit entspricht.« Er klatschte gelassen in die Hände. »Nun, wie auch immer. Schön, dich endlich kennenzulernen, Richard Cypher.«
Denna rammte ihm den Strafer mit einem heftigen Stoß in den Rücken, um ihn daran zu erinnern, was er zu sagen hatte. »Es ist mir eine Ehre, hier zu sein, Meister Rahl. Ich lebe nur, um zu dienen. Eure Gegenwart beschämt mich.«
Ein dünnes Lächeln umspielte Rahls Lippen. »Ja, davon bin ich überzeugt.« Einen unangenehmen Augenblick lang musterte er Richards Gesicht. »Ich habe einige Fragen. Du wirst sie mir beantworten.«
Richard spürte, wie er leicht zitterte. »Ja, Meister Rahl.«
»Knie dich hin«, sagte er leise.
Mit Hilfe des Strafers fiel Richard auf die Knie. Denna trat hinter ihn. Dann preßte sie ihm die Schenkel gegen die Schultern, um ihn zu stützen, um einen besseren Hebel zu haben, während sie sein Haar mit einer Faust packte. Sie zog seinen Kopf ein Stück nach hinten, so daß er gezwungen war, in die blauen Augen des Meisters zu blicken. Richard schluckte entsetzt.
Darken Rahl blickte ohne Regung auf ihn herab. »Hast du das Buch der Gezählten Schatten schon einmal gesehen?«
Irgendeine Macht in einem Winkel seines Verstandes riet Richard, nicht zu antworten. Als er schwieg, wurde Dennas Griff in seinem Haar fester, und sie bohrte ihm den Strafer in den Nacken.
In seinem Kopf explodierte ein überwältigender Schmerz. Dennas Griff in seinem Haar war alles, was ihn noch aufrecht hielt. Es war, als hätte sie den Schmerz eines ganzen Tages Ausbildung in diese eine Berührung gesteckt. Er war bewegungsunfähig, bekam keine Luft, konnte nicht einmal losbrüllen. Er befand sich jenseits allen Schmerzes. Der Schock raubte ihm sämtliches Sein und ließ an dessen Stelle nichts zurück außer alles verschlingenden Höllenqualen aus Feuer und Eis. Sie nahm den Strafer fort. Er wußte nicht, wo er war, wer er war, wer ihn hielt. Er wußte nur, daß er nie größeren Schmerz erfahren hatte und daß vor ihm ein Mann stand, der in einen weißen Umhang gehüllt war.
Blaue Augen blickten auf ihn herab. »Hast du das Buch der Gezählten Schatten schon einmal gesehen?«
»Ja«, hörte er sich sagen.
»Wo ist es jetzt?«
Richard zögerte, er wußte nicht, wie er antworten sollte. Er wußte nicht, was diese Stimme von ihm wollte. Wieder explodierte der Schmerz in seinem Kopf. Als er nachließ, liefen ihm die Tränen über die Wangen.
»Wo ist es jetzt?« wiederholte die Stimme.
»Bitte, tut mir nicht mehr weh«, jammerte er. »Ich verstehe die Frage nicht.«
»Was gibt es da nicht zu verstehen? Sag mir einfach, wo das Buch sich jetzt befindet.«
»Das Buch oder das Wissen aus dem Buch?« fragte Richard ängstlich nach.
Die blauen Augen verfinsterten sich fragend. »Das Buch.«
»Ich habe es den Flammen übergeben. Vor Jahren schon.«
Richard glaubte, die Augen würden ihn in Stücke reißen. »Und wo befindet sich das Wissen?«
Richard zögerte einen Augenblick zu lange. Als er wieder bei Bewußtsein war, riß Denna gerade seinen Kopf nach hinten, damit er wieder in die blauen Augen blickte. Richard hatte sich noch nie so allein gefühlt, so hilflos, so voller Angst.
»Wo befindet sich das Wissen, das in dem Buch stand?«
»In meinem Kopf. Bevor ich das Buch verbrannt habe, habe ich die Worte, das Wissen, auswendig gelernt.«
Der Mann stand da und starrte, regungslos. Richard wimmerte leise vor sich hin.
»Sag die Worte des Buches auf.«
Um nichts auf der Welt wollte Richard ein weiteres Mal den Strafer an seinem Hinterkopf spüren. Er zitterte vor Angst. »Die Wahrheit der Worte aus dem Buch der Gezählten Schatten, so sie von einem anderen gesprochen werden als dem, der über die Kästchen gebietet, kann nur bestätigt werden durch den Einsatz eines Konfessors…«
Konfessor.
Kahlan.
Der Name Kahlan schoß wie ein Blitz durch Richards Verstand. Die Kraft erwachte zum Leben mit Gebrüll, fegte den Nebel mit einem weißglühenden Aufflackern seiner Erinnerung fort. Alles stürzte auf ihn ein, zurückgeholt durch die in ihm aufsteigende Kraft. Richard wurde eins mit der Kraft, als er daran dachte, Darken Rahl könnte Kahlan besitzen. Oder ihr weh tun.
Darken Rahl wandte sich an die anderen Männer. Der mit dem schwarzen Streifen
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