Das erste Gesetz der Magie - 1
hing an einer Goldkette um ihren Hals, baumelte zwischen ihren Brüsten. Die Hände lagen gefaltet in ihrem Schoß. Sie sah ihn aus großen, sehnsüchtigen Augen an.
»Bist du gekommen, mich zu töten, mein Geliebter?« flüsterte sie. Er nickte langsam, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Ja, Herrin.« Sie lächelte zaghaft. »Das ist das erste Mal, daß du mich einfach ›Herrin‹ genannt hast. In der Vergangenheit hast du mich immer Herrin Denna genannt. Hat das etwas zu bedeuten?«
»Ja. Es bedeutet alles. Es bedeutet, daß ich dir alles vergebe.« »Ich bin bereit.«
»Wieso bist du nackt?«
Der Schein der Lampe spiegelte sich in ihren feuchten Augen. »Weil
alles, was ich zum Anziehen habe, Mord-Sith ist. Ich habe nichts anderes. Ich möchte nicht in den Kleidern einer Mord-Sith sterben. Ich möchte so sterben, wie ich geboren wurde. Als Denna. Nicht mehr.«
»Ich verstehe«, hauchte er. »Woher wußtest du, daß ich kommen und dich töten würde?«
»Als Meister Rahl mich auswählte, dich zu verfolgen, meinte er, er würde es mir nicht befehlen, ich müßte freiwillig gehen. Er meinte, die Prophezeiungen hätten einen Sucher vorhergesagt, der als erster in der Lage wäre, die Magie des Schwertes zu meistern. Die Weiße Magie. Er wäre in der Lage, die Klinge des Schwertes zur Weißglut zu bringen. Er meinte, solltest du dich als der herausstellen, von dem in den Prophezeiungen die Rede war, dann würde ich durch deine Hand sterben, vorausgesetzt, dies wäre deine Entscheidung. Ich bat darum, entsandt zu werden, deine MordSith zu sein. Manches, was ich dir angetan habe, habe ich keinem anderen angetan, denn ich hatte gehofft, du seist es, und du würdest mich dafür töten. Zum ersten Mal habe ich Verdacht geschöpft, als du Prinzessin Violet geschlagen hast. Bescheid wußte ich, nachdem du die beiden Posten getötet hattest. Das hättest du nicht können dürfen. Denn ich hatte dich in diesem Augenblick über die Magie des Schwertes in meiner Gewalt.«
Rings um die mädchenhafte Schönheit ihres Gesichtes wurde alles weiß. »Es tut mir leid, Denna«, hauchte er.
»Wirst du an mich denken?«
»Ich werde für den Rest meines Lebens Alpträume haben.«
Ihr Lächeln wurde breiter. »Das freut mich.« Sie schien aufrichtig stolz zu sein. »Du liebst diese Kahlan, stimmt’s?«
Er runzelte leicht die Stirn. »Woher weißt du das?«
»Manchmal, wenn ich Männern genug weh tue und sie nicht wissen, was sie reden, dann schreien sie nach ihren Müttern oder ihren Frauen. Du hast nach jemandem namens Kahlan geschrien. Wirst du sie zur Gemahlin nehmen?«
»Das kann ich nicht«, brachte er trotz des Kloßes in seinem Hals hervor. »Sie ist Konfessor. Ihre Macht würde mich zerstören.«
»Das tut mir leid. Tut es dir weh?«
Er nickte langsam. »Mehr als alles, was du mir angetan hast.«
»Gut.« Denna lächelte traurig. »Ich bin froh, daß die Frau, die du liebst, dir mehr weh tun kann als ich.«
Auf ihre verquere Art wollte Denna ihn damit trösten. Für sie war es ein Geschenk der Liebe, wenn sie darüber glücklich war, daß er mehr Schmerzen von einer anderen zugefügt bekam. Er wußte, manchmal hatte Denna ihm mittels Schmerzen ihre Zuneigung zeigen wollen. Zumindest in ihren Augen war es ein Beweis für ihre Liebe, wenn diese andere Frau ihm größere Qualen bereiten konnte.
Eine Träne lief ihm übers Gesicht. Was hatten sie diesem armen Kind bloß angetan.
»Es ist ein anderer Schmerz. In dem, was du mir angetan hast, bist du unerreichbar.«
Eine Träne des Stolzes lief ihr über die Wange. »Danke, mein Geliebter«, hauchte sie. Sie nahm den Strafer von ihrem Hals und hielt ihn erwartungsvoll in die Höhe. »Würdest du ihn tragen, als Andenken an mich? Um den Hals oder an der Kette wird er dir nicht weh tun, nur wenn du ihn selbst in die Hand nimmst.«
Richard beließ ihr Gesicht im weißen Glanz. »Es wäre mir eine Ehre, meine Gemahlin.« Er beugte sich vor und ließ ihn sich von ihr umhängen, ließ sich von ihr auf die Wange küssen.
»Wie willst du es tun?« fragte sie.
Er wußte, was sie meinte. Er schluckte den Kloß in seinem Hals herunter. Geschmeidig glitt seine Hand zum Heft des Schwertes.
Langsam zog er das Schwert der Wahrheit. Es klirrte nicht wie sonst.
Es sirrte. Ein weißglühendes Sirren.
Richard sah nicht hin, aber er wußte es. Er wußte, daß die Klinge sich weiß verfärbt hatte. Er blickte in ihre feuchten Augen. Die Kraft durchströmte ihn. Er hatte seinen
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