Das erste Gesetz der Magie - 1
Zeit, bis sie sie eingeholt haben würden. Könnten sie nach rechts schwenken und sich von der Grenze entfernen, hätten sie eine Chance, die Hunde abzuhängen. Doch der Wald war dicht, undurchdringlich. Selbst wenn sie einen Durchgang fänden, würden sie nur langsam vorankommen. Allein der Versuch bedeutete den sicheren Tod. Sie hatten nur eine Chance. Sie mußten auf dem Weg bleiben und den Sumpf erreichen, bevor sie eingeholt wurden. Richard hatte keine Ahnung, wie weit es war, noch was zu tun war, wenn sie ihn erst erreicht hatten – er wußte nur, daß sie dorthin mußten.
Mit Einbruch der Dämmerung verwuschen die Farben des Tages zu einem tristen Grau. Der Regen prasselte in feinen, kalten Tröpfchen auf sein Gesicht, erhitzte und vermischte sich mit Schweiß und rann seinen Hals hinunter. Richard beobachtete, wie die Körper seiner beiden Freunde auf den Pferden hüpften und hoffte, daß sie fest genug gezurrt und nicht zu schwer verletzt waren und bald wieder aufwachen würden. Der Ritt konnte ihnen nicht gut tun. Kahlan drehte sich nicht um, sah nicht nach hinten. Sie war ganz in ihre Aufgabe versunken und hatte ihren Körper weit nach vorn über das galoppierende Pferd gebeugt.
Die Straße wand sich in Schlangenlinien und fädelte sich zwischen beeindruckenden, mißgestalteten Eichen und blanken Felsen hindurch. Abgestorbene Bäume wurden seltener. Das Blattwerk der Eichen, Eschen und Ahornbäume verbarg die letzten Spuren des Himmels vor den Reitern und verdunkelte den Weg zusätzlich. Die Hunde rückten näher, als die Straße in einen triefnassen Zedernwald hinunterführte. Ein gutes Zeichen, dachte Richard. Zedern wuchsen häufig auf feuchtem Boden.
Kahlans Pferd verschwand hinter einer Kuppe. Richard erreichte den Rand des steilen Abhanges und sah sie in einer Bodenvertiefung verschwinden. Die verzweigten Baumkronen erstreckten sich in die Ferne, zumindest, soweit er es in dem Nebel und dem trüben Licht erkennen konnte. Der Skowsumpf, endlich. Der Geruch nach Feuchtigkeit und Verwesung schlug ihm entgegen, als er ihr hinterher ritt, hinunter durch Nebelschwaden, die sie im Vorüberreiten aufwirbelten. Aus der dichten Vegetation schallten ihm scharfe Rufe und Pfiffe entgegen. Von hinten ertönte das Geheul der Herzhunde, näher jetzt. Verholzte Schlingpflanzen hingen von glatten, verdrehten Stämmen herab, die im Wasser auf den Zehenspitzen ihrer Wurzeln zu stehen schienen, und kleinere, blättrige Kletterpflanzen überzogen spiralförmig alles, was kräftig genug war, sie zu halten. Alles schien übereinander zu wachsen und sich so einen Vorteil verschaffen zu wollen. Stehendes Wasser bedeckte schwarz und träge weite Flächen, schlich sich unter dichtes Gebüsch, kreiste kleine Wälder dickbäuchiger Stämme ein. Entengrütze trieb in dichten Matten auf der Oberfläche und sah aus wie gepflegter Rasen. Der üppige Bewuchs schien das Geräusch ihrer Hufe zu schlucken, und nur die Rufe der Sumpfbewohner hallten über das Wasser.
Die Straße verengte sich zu einem Pfad, der sich im schwarzen Wasser nur mühsam behauptete. Aus Angst, sie könnten sich zwischen den Wurzeln ein Bein brechen, mußten sie die Pferde langsamer laufen lassen. Als Kahlans Pferd passierte, sah Richard, wie sich die Wasseroberfläche durch die Bewegungen der darunter lebenden Wesen träge kräuselte. Jetzt hörte er die Hunde am oberen Rand des Kessels. Kahlan drehte sich um, als sie das Geheul vernahm. Wenn sie auf der Straße blieben, hätten die Hunde sie in wenigen Minuten eingeholt. Richard drehte sich um und zog das Schwert. Das unverwechselbare Klirren hallte über das trübe Wasser. Kahlan blieb stehen und drehte sich um.
»Da.« Er zeigte mit dem Schwert über das Wasser nach rechts. »Die Insel. Sie sieht hoch genug aus, um trocken zu sein. Vielleicht können die Herzhunde nicht schwimmen.«
Er hielt es für eine vage Hoffnung, doch etwas Besseres fiel ihm nicht ein. Chase hatte geglaubt, im Sumpf wären sie vor den Hunden sicher. Aber warum, das hatte er ihnen nicht verraten. Etwas anderes fiel ihm nicht ein. Kahlan zögerte keinen Augenblick. Sie lenkte ihr Pferd schnurstracks hinein, Zedds hinter sich herziehend. Richard folgte dichtauf mit Chase und behielt den Pfad nach oben im Blick. In den Lücken zwischen den Bäumen entdeckte er eine Bewegung. Das Wasser schien nicht tiefer als drei oder vier Fuß zu sein, der Untergrund schlammig, Unkraut riß aus seiner Verankerung und trieb an die Oberfläche, als
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