Das erste Gesetz der Magie - 1
nicht sagen, wo.« Sie aß ein Stück Apfel. »Weißt du etwas über Southhaven?«
»Ich habe gehört, wie andere Führer im Kernland darüber sprachen. Nach ihren Worten handelt es sich um ein Kaff voller Diebe und Schurken.«
»Klingt nicht, als gäbe es dort einen Heiler.« Richard antwortete nicht. »Was sollen wir tun?«
»Ich weiß es nicht. Aber sie werden sich erholen, sie kommen schon wieder in Ordnung.«
»Und wenn nicht?« hakte sie nach.
Er legte den Apfel weg und sah sie an. »Kahlan, was willst du damit sagen?«
»Ich will damit sagen, wir müssen uns mit dem Gedanken abfinden, sie hier zu lassen. Und weiterzuziehen.«
»Ausgeschlossen«, sagte er fest. »Wir brauchen sie beide. Weißt du noch, als Zedd mir das Schwert gegeben hat? Er sagte, er möchte, daß ich uns über die Grenze führe. Er sagte, er hätte einen Plan. Er hat mir nicht verraten, wie dieser Plan lautet.« Er blickte über das Wasser zu den Hunden hinüber. »Wir brauchen sie«, wiederholte er.
Sie knabberte an der Schale ihres Apfelstücks. »Und wenn sie heute nacht sterben? Was bliebe uns dann übrig? Wir müßten weiterziehen.«
Richard wußte, sie sah ihn an, aber er wich ihrem Blick aus. Er wußte, wieviel ihr daran lag, Rahl zu besiegen. Er verspürte den gleichen Drang und würde sich durch nichts aufhalten lassen, auch wenn sie dabei ihre Freunde verlassen müßten. Doch soweit war es noch nicht. Sie wollte sich nur davon überzeugen, daß er noch über den nötigen Willen verfügte, die nötige Entschlossenheit. Sie hatte für ihren Auftrag viel aufgegeben, viel an Rahl verloren, genau wie er. Sie wollte wissen, ob er über die Fähigkeit verfügte, um jeden Preis weiterzumachen, zu führen.
Die Kerzen tauchten ihr Gesicht in weiches Licht, ein winziger Schimmer in der Dunkelheit. Die Flammen spiegelten sich tanzend in ihren Augen. Sie fragte ihn dies bestimmt nicht gern.
»Kahlan, ich bin der Sucher, ich weiß, wie schwer diese Verantwortung wiegt. Ich werde alles Nötige tun, um Darken Rahl zu besiegen. Alles. Du kannst deinen Glauben darauf verwetten. Doch das Leben meiner Freunde werde ich nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Im Augenblick haben wir schon genug Sorgen.«
Regen tropfte von den Bäumen ins Wasser. Das hohle Echo hallte durch die Dunkelheit. Sie legte ihm die Hand auf den Arm, so als wollte sie sagen, es täte ihr leid. Doch ihr brauchte nichts leid zu tun. Sie versuchte lediglich, der Wirklichkeit ins Auge zu sehen, einer möglichen Wirklichkeit zumindest. Er wollte sie beruhigen.
»Wenn es ihnen nicht bald besser geht«, sagte er und blickte ihr in die Augen, »und es einen sicheren Ort gibt, wo wir sie lassen können, bei jemandem, dem wir vertrauen, dann werden wir das tun und weiterziehen.« Sie nickte. »Genau das habe ich gemeint.«
»Ich weiß.« Er aß den Apfel zu Ende. »Warum schläfst du nicht ein bißchen? Ich halte Wache.«
»Ich kann unmöglich schlafen«, sagte sie und deutete mit dem Kopf auf die Herzhunde, »nicht solange sie auf uns lauern. Und mit all den Schlangen in der Nähe.«
Richard lächelte. »Also gut. Wie wär’s, wenn du mir hilfst, die Tragen für die Pferde zu bauen? Dann können wir morgen früh aufbrechen, sobald die Hunde verschwunden sind.«
Sie stand auf. Richard besorgte sich von Chase eine gefährlich aussehende Axt und stellte fest, daß sie bei Holz ebensogut funktionierte wie bei Fleisch und Knochen. Chase wäre bestimmt entsetzt, wenn er eine seiner geschätzten Waffen auf diese Weise zweckentfremdet sähe, eigentlich war sich Richard dessen sogar sicher. Er sah den mißbilligenden Gesichtsausdruck seines großen Freundes geradezu vor sich. Natürlich würde Chase die Geschichte mit jedem Mal, wenn er sie erzählte, weiter ausschmücken. Eine Geschichte ohne Ausschmückung war für Chase wie Fleisch ohne Soße; schlicht und einfach zu trocken.
Es dauerte mehrere Stunden, bis sie fertig waren. Kahlan blieb ganz in seiner Nähe. Sie hatte Angst vor den Schlangen, außerdem beobachteten die Herzhunde sie die ganze Zeit. Richard hatte eine Zeitlang mit dem Gedanken gespielt, ein paar von ihnen mit Chase’ Armbrust zu erledigen, entschied sich schließlich aber dagegen. Chase würde sich über die sinnlose Vergeudung von Bolzen nur ärgern. Die Hunde kamen nicht an sie heran und würden bei Tagesanbruch verschwunden sein.
Als sie fertig waren, sahen sie nach den beiden anderen, dann setzten sie sich zusammen neben die Kerzen. Kahlan war mit
Weitere Kostenlose Bücher