Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
dafür gedacht. Eines noch: In allen Legenden wird erzählt, dass es nur einen einzigen Ort gibt, an dem sich sechs Linien treffen, dort steht Askannons Zitadelle, der Grundstein seiner Macht.«
»Solche Orte sind selten?«
»Extrem selten.«
»Hier unter dem Turm sollten solche Kraftlinien künstlich zusammengeführt, von einem Ort in der Nähe hierher verlagert werden?«
Sie nickte.
»Das erklärt zumindest, warum in dieser Einöde eine Garnison errichtet wurde.«
»Ja«, sagte sie. »Zumal hier irgendwo acht dieser Linien zusammenlaufen.«
Ich schwieg einen Moment, versuchte zu verstehen, was sie mir soeben gesagt hatte. »Ein Magier muss sich fühlen, als würde er auf einem unermesslichen Schatz sitzen.«
Sie lachte. »Ja und nein. Die meisten wird es fürchterlich frustrieren. Würde ich versuchen, diese Energie zu verwenden, ich würde als ein Häuflein Asche niederregnen. Es bedarf besonderer Fähigkeiten, mit solchen Dingen umzugehen. Ich zum Beispiel bin nicht stark genug, eine solche Kraftlinie zu berühren, ohne dabei zu vergehen. Ich würde hineingesogen werden in diese Energie …«
»Was ist ein solcher Ort dann wert?«
»Nun, es fällt seiner Umgebung leichter, Magie zu wirken. Das ist das eine. Das andere ist, dass Askannon nicht irgendein Magier war oder ist, sondern jemand, der diese Linien beherrschen konnte. Daher auch seine unermessliche Macht.« Sie hob das Buch hoch. »Der Ort, in dessen Nähe wir hier gerade sitzen, ist der Grund, weshalb Askir unsere Vorfahren hierher sandte, warum diese Länder besiedelt wurden. Der Grund, weshalb seine Legionen die Barbaren vertrieben und hier eine Festung errichteten. Er wollte verhindern, dass dieser Ort anderen in die Hände fiel, anderen, die so vielleicht mächtiger werden konnten, als er selbst es war.«
Ich blinzelte. Dann sah ich sie an; sie schien zu warten, bis ich verstand. »Thalak. Thalak will hierher?«
»Ja. Dieser verlassene, unscheinbare Ort ist das Zentrum unseres Schicksals, und das schon seit Jahrhunderten.« Ihr Gesicht verdüsterte sich. »Die Machtgelüste eines einzelnen Mannes formten uns, brachten uns hierher … warfen uns in diesen Krieg … alles wegen eines einzigen Mannes, Askannon, des ewigen Herrschers.«
»Ich fange an, ihn nicht zu mögen«, sagte ich und goss mir Wein nach. »Was ist hier geschehen?«, fragte ich dann und blickte auf das Buch in ihren Händen.
28. Die verlorene Legion
»Es scheint, als gäbe es eine Möglichkeit, durch magische Tore zu reisen. Es gab wohl Maestros im alten Reich, die im Stande waren, solche Tore zu errichten – mit Hilfe von Torsteinen, die einen Kreis bildeten und einen Zugang öffneten. Zusammen mit einem Maestro, der dies beherrschte, wurde eine Truppe Soldaten hierher entsandt. Sie öffneten das Tor, Material und Menschen schlüpften hindurch, und so wurde diese Garnison errichtet. Du hast den Wirt nach einem Steinbruch gefragt …« Sie lachte trocken. »Dieser Steinbruch liegt wahrscheinlich Tausende von Meilen im Nordwesten, im alten Askir. Hier …«, sie ließ das Buch auf den Tisch fallen, »steht alles niedergeschrieben. Durch das Tor zum alten Reich wurde von hier aus die Festung gebaut und eine Armee versorgt, die dann aufbrach, um das Land von den Barbaren zu säubern. Es gab nur ein kleines Problem.«
»Und das wäre?«
»Für die Barbaren und ihre Schamanen war dies ebenfalls ein heiliger Ort. Für sie war es nicht Magie, sondern göttliches Wirken, das sich hier manifestierte.« Sie zeigte mit dem Finger nach unten. »Diese Linien liegen nicht an der Erdoberfläche, sie treffen sich irgendwo tief unter uns. Sonst hätte ich sie schon bei meiner Anreise wahrgenommen. Und irgendwo unter uns, am Kreuzungspunkt selbst, lag ehemals ein Tempel der Barbaren, geweiht einem Gott, den sie verehrten. Doch er war nicht von den Barbaren errichtet worden, sondern von einer älteren Rasse. Den Zwergen. Diese waren längst verschwunden und hatten lediglich ihre untoten Königswächter zurückgelassen. Aber die Schamanen der Barbaren kannten den Weg zu diesem heiligen Ort und zogen aus diesem Tempel ihre Macht. Doch all das wusste man nicht, als man hier die Garnison errichtete.«
»Was geschah?«
»Man war sich seiner selbst zu sicher. Eine Legion bestand aus zehn Lanzen von je tausend Mann. Hierher wurden zehn Lanzen, zehntausend Bullen, entsandt, um das Land von den Barbaren zu säubern.«
»Zehntausend?«, protestierte ich. »Das kann nicht sein, so viele
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