Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
sah Sieglinde zu, wie sie sich kichernd aus den Armen eines der Banditen wand.
»Genau darauf scheint sie es nun abgesehen zu haben. Warum sollten wir nicht den Dingen ihren Lauf lassen? Findet Janos den Schatz, so wird er den Wirt und die anderen Gäste in Ruhe lassen. Was bringt ihm der Inhalt unserer Taschen, wenn er genügend Gold hat, dass er es kaum tragen kann? Sieglinde … sie wird es überleben. Und derjenige, der das Artefakt den toten Händen dort unten entriss, hat, was er wollte.«
»Und der Werwolf?« Leandras Stimme war leise und klang gedrückt.
»Wenn du Recht hast, dann wurde uns Matkor zum Fraß vorgeworfen, um uns auf eine falsche Spur zu lenken, also klebt an meiner Klinge unschuldiges Blut.« Ich schaute ratlos. »Ich bedauere es, aber was sollte ich tun?«
»Er mag unschuldig gewesen sein, aber er hat dich angefallen. Du hattest keine andere Wahl.«
»Ach ja? Wenn du Recht hast, dann kann man ihn selbst für den Angriff nicht verantwortlich machen. Vielleicht hätten wir ihn fangen sollen. Sagtest du nicht, dass du über einen Zauber verfügst, der ihn hätte zwingen können, seine Form zu wechseln? Aber was geschehen ist, ist geschehen. Die Zukunft macht mir Sorgen und nicht die Vergangenheit. Lassen wir Janos das Gold und sehen zu, wie wir Leben retten, denn nur sie sind nicht ersetzbar.«
»Also sagst du, wir sollten gar nichts tun?«, meinte sie dann leise und sah auf ihre Hände herab.
»Ja, das ist genau das, wonach mir der Sinn steht.« Ich erhob mich und reichte ihr meine Hand. Sie blickte zwar überrascht, ergriff sie aber und ließ sich von mir aus ihrem Stuhl ziehen.
»Tatsächlich werde ich einfach weitermachen, einen Schritt nach dem anderen gehen, denn ein jeder Schritt ergibt sich aus dem vorherigen.«
»Ist das alles?«, fragte sie.
»So löst ein Soldat seine Probleme. Eins nach dem anderen. Du wolltest mir etwas zeigen, das mit der Kette zusammenhängt.«
Sie nickte. »Dazu sollten wir in den Waschraum gehen.« Sie nahm das Buch und steckte es ein. »Es wird dich interessieren«, fügte sie hinzu und lächelte geheimnisvoll.
29. Das Geschenk der Wärme
Auf dem Weg zum Waschraum winkte Leandra Timothy herbei, der uns begleitete und den Raum für uns aufschloss.
»Hattet Ihr einen Grund, ihn abzuschließen?«, fragte ich.
»Die Sera hat es angeordnet.«
Ich blickte zu ihr hinüber, sie lächelte nur sanft. »Du wirst schon sehen.«
Der Waschraum war warm, feuchtwarm, dichte Dampfwolken ließen den Raum unwirklich erscheinen, und das Licht der einen Öllampe war gerade hell genug, um Schatten erkennen zu lassen.
»So erscheint mir der Ort unheimlich«, sagte ich.
»Ja. Das werde ich ändern.« Aus ihrer offenen Handfläche stieg eine leuchtende Kugel empor und erhellte den Raum besser, als zehn Lampen es vermocht hätten.
»Hat Zokora dir das gezeigt?«
Leandra war vorgegangen, nun blieb sie stehen und lächelte mich über ihre Schulter an. »Nein, das konnte ich schon so. Die Erschaffung eines solchen Lichts ist so etwa das Erste, was man in den Tempeln lernt, sobald man sich den Studien der arkanen Künste widmet. Folge mir.«
Ich folgte, Timothy ebenfalls. Ich sah fragend von ihm zu ihr.
»Was ist seine Aufgabe?«
»Havald, du bist zu neugierig. Er ist hier, um auf unsere Sachen aufzupassen und uns zu warnen, sollte etwas geschehen. Und natürlich, um das Wasser einlaufen zu lassen.« Wir waren bei der hinteren Tür angekommen, der Tür, die zum Bad führte.
»Du hast Eberhard wirklich dazu gebracht, dies für dich zu tun?«
»Für uns.« Sie wies auf eine hölzerne Bank, die vorhin noch nicht dort gestanden hatte. »Leg deine Sachen hier ab. Eberhard hat geschworen, dass Timothy vertrauenswürdig ist.«
Timothy nickte. »Ich würde nie …« Er verstummte, als er meine erhobene Hand sah.
»Ich glaube dir, Timothy.«
Ich sah zu Leandra hinüber, die zu meinem Erstaunen tatsächlich anfing, ihre Rüstung und Kleider auszuziehen.
»Du willst wirklich …«
»Ich weiß nicht, was du denkst, Havald«, sagte sie mit einem Lächeln, das mich in Verwirrung zu stürzen drohte, »und nach deinen Worten vorhin weiß ich nicht, ob du es verdienst, aber ja.«
Ich war schon dabei, mich meines Umhangs zu entledigen, als ich den Sinn ihres Satzes verstand.
»Was immer ich denke … ja?«
Sie ließ das schimmernde Metall ihrer Rüstung zu Boden gleiten und fing an, die Schnüre ihres Wamses zu lösen. »So schlecht, wie Zokora behauptet, hörst du ja
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